Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Prüfung der Abrechnung von Krankenhausbehandlungen. Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB 5. keine Übermittlungs- und Offenbarungsbefugnis für die Herausgabe der Behandlungsunterlagen des Krankenhauses an MDK. Verzinsung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Prüfungen der Abrechnung von Krankenhausbehandlungen handelt es sich um einen gesetzlich bestimmten Fall im Sinne des § 275 Abs 1 SGB V, da § 17c Abs 1 Satz 2 KHG die Einschaltung des Medizinischen Dienstes nach § 275 Abs 1 SGB V durch die Krankenkassen vorsieht. Aus dem Verweis auf die in Satz 1 genannten Verpflichtungen ergibt sich, dass sich die gesetzlich vorgesehene Prüfung nicht nur auf die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der erfolgten Behandlung, sondern auch insgesamt auf die richtige Anwendung des nach § 17b KHG vorgesehenen Vergütungssystems auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) bezieht (so schon SG Speyer vom 22.4.2016 - S 19 KR 370/15 = NZS 2016, 583).
2. Die Regelung des § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V erfasst alle Abrechnungsprüfungen, in deren Rahmen die Krankenkasse eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst einleitet und dies dem Krankenhaus angezeigt wird (vgl § 275 Abs 1c Satz 2 SGB V). Gegenstand einer solchen Abrechnungsprüfung können sowohl Fragen der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der erfolgten Behandlung als auch der zutreffenden Kodierung sein (entgegen BSG vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R = BSGE 116, 165 = SozR 4-2500 § 301 Nr 4 RdNr 23; BSG vom 14.10.2014 - B 1 KR 25/13 R und B 1 KR 26/13 R = SozR 4-2500 § 301 Nr 3 RdNr 16 sowie B 1 KR 34/13 R = SozR 4-2500 § 301 Nr 5 RdNr 20 ff, BSG vom 10.3.2015 - B 1 KR 4/15 R = NZS 2015, 422 RdNr 16 und zuletzt BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 13/14 R = SozR 4-5560 § 17b Nr 6 RdNr 23 ff und - B 1 KR 20/14 R = SozR 4-2500 § 108 Nr 4 RdNr 24 ff).
3. Auch die Prüfung einer Krankenhausrechnung auf deren sachlich-rechnerische Richtigkeit wird daher von der Regelung des § 275 Abs 1 und Abs 1c SGB V erfasst (vgl auch SG Mainz vom 4.5.2015 - S 3 KR 428/14 = NZS 2015, 583; SG Dortmund vom 22.6.2015 - S 40 KR 867/13; SG Darmstadt vom 7.12.2015 - S 8 KR 434/14; SG Osnabrück vom 10.12.2015 - S 34 KR 238/15; SG Osnabrück vom 27.1.2016 - S 34 KR 98/15; SG Detmold vom 4.2.2016 - S 24 KR 380/15; SG Rostock vom 2.3.2016 - S 15 KR 406/13).
4. Für die Installation eines die Regelungen des § 275 SGB V außer Acht lassenden "Prüfregimes", in dessen Rahmen gleichwohl die Vorlage von Behandlungsunterlagen an den MDK erfolgen soll, fehlt jegliche schon aus Gründen des Patientendatenschutzes erforderliche gesetzliche Grundlage (vgl SG Mainz vom 4.5.2015 - S 3 KR 428/14 = KRS 2015, 207; SG Dortmund vom 22.6.2015 - S 40 KR 867/13; SG Speyer vom 28.7.2015 - S 19 KR 588/14 = NZS 2015, 790, RdNr 44).
5. § 301 SGB V beinhaltet im datenschutzrechtlichen Sinne keine Übermittlungs- und Offenbarungsbefugnis für die Herausgabe der Behandlungsunterlagen des Krankenhauses an den MDK (vgl SG Speyer vom 28.7.2015 - S 19 KR 588/14 - aaO).
Orientierungssatz
1. Ein Zinsanspruch bzgl der Aufwandspauschale ergibt sich dem Grunde nach aus § 69 Abs 1 S 3 SGB 5 iVm §§ 291, 288 Abs 1 S 2 BGB.
2. Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundessozialgerichts: Nachdem die Klage vor dem BSG zurückgenommen wurde, ist dieses Urteil wirkungslos.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 300 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.03.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Berufung sowie die Revision unter Umgehung der Berufungsinstanz werden zugelassen.
4. Der Streitwert wird auf 300 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Gegenstand der vorliegenden Klage ist - nach Abtrennung weiterer Klageansprüche - eine Aufwandspauschale, die die Klägerin von der Beklagten für die Abrechnungsprüfung des stationären Aufenthaltes der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten Patientin I. B. (im Folgenden Versicherte) begehrt.
Die Klägerin ist Trägerin eines nach § 108 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) zugelassenen Krankenhauses. Die Versicherte befand sich in der Zeit vom 26.08.2014 bis zum 06.09.2014 im Krankenhaus der Klägerin in stationärer Behandlung.
Die Klägerin stellte der Beklagten die Behandlungskosten am 15.09.2014 in Höhe von 6.278,95 Euro auf Grundlage der DRG F24B (P* Perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Diagnose und hochkomplexer Intervention oder mit perkutaner Angioplastie , Alter ) 15 Jahre, ohne äußerst schwere CC) in Rechnung.
Die Beklagte glich die Rechnung aus und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz (MDK) mit der Überprüfung des Behandlungsfalles.
Der MDK zeigte mit Schreiben vom 09.10.2014 „gemäß § 275 Abs. 1c SGB V“ die Prüfung bei der Klägerin an. Als Prüfgrund wurde in der Prüfanzeige die Kodierung zweier Prozeduren benannt. Mit Gutachten vom 25.11.2014 wurde diese Kodierung als korrekt bestätigt. Als Grundlage der Begutach...