Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Kindergeld. Weiterleitung an das im Haushalt lebende Kind, das seinen Lebensunterhalt durch Vermögen sichern kann

 

Orientierungssatz

1. Die Zuordnung des Kindergeldes ergibt sich aus dem EStG sowie aus § 11 Abs 1 S 5 SGB 2 und § 1 Abs 1 Nr 8 AlgIIV 2008. Hieraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber die rechtliche Zuordnung des Kindergeldes beim Kindergeldberechtigten belassen wollte, wenn das Kind zwar nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft aber Mitglied der Haushaltsgemeinschaft ist (vgl BSG vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 54/06 R = FamRZ 2008, 886 = juris RdNr 12 und vom 13.11.2008 - B 14/7b AS 4/07 R = juris RdNr 20).

2. Diese gesetzlich normierte Zuordnung von Einkommen kann nicht durch die einfache Änderung des Auszahlungsweges umgangen werden.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Über die im Rahmen des Teilanerkenntnisses hinaus übernommenen Kosten für das Widerspruchsverfahren sind keine außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens vom Beklagten zu tragen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die abschließende Festsetzung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum von März 2019 bis August 2019 streitig.

Die 1996 geborene Klägerin wohnt in einem Einfamilienhaus ohne abgetrennte Wohnbereiche mit ihrer 1963 geborenen Mutter A1, ihrem 1960 geborenen Vater A2, ihrem 1994 geborenen Bruder A3 und ihrer Großmutter. Die Grundmiete betrug 630,00 Euro, die Nebenkostenvorauszahlungen monatlich 100,00 Euro. Das Haus wird mit einer Ölheizung beheizt.

Die Klägerin ging geringfügigen Beschäftigungen bei P B als Springerin sowie beim Gestüt von B nach. Von P B erhielt sie im März 2019 143,36 Euro und im April 2019 32,92 Euro, von B monatlich von März 2019 bis Juli 2019 300,00 Euro. Im August 2019 betrug der Bruttolohn von der Arbeit im Gestüt 460,00 Euro bzw. der Nettolohn 411,74 Euro. Den Lohn erhielt sie im laufenden Monat. Sie verfügte über ein Depot bei D, das am 31. Dezember 2018 einen Wert von 12,90 Euro aufwies und über das Girokonto .. im Wert von 443,85 Euro.

Ihr Bruder ist seit 1. Oktober 2014 als Student immatrikuliert. Er verfügte ebenfalls über ein Depot bei D. Dieses wies am 31. Dezember 2018 einen Stand von 0,33 Euro auf. Auf seinem S-Konto 1 waren am 26. März 2019 671,49 Euro, auf seinem S-Konto 2 waren am 18. März 2019 1.250,00 Euro, auf seinem S-Konto 3 waren am 28. Dezember 2018 13.026,20 Euro und auf seinem S-Konto 4 waren am 29. März 2019 764,78 Euro.

Der Vater der Klägerin ging einer Beschäftigung bei einem Küchenzentrum im H Ring in K nach. Von März 2019 bis August 2019 verdiente er laufend 1.900,00 Euro brutto, inklusive 100,00 Euro Fahrgeld, und 1.543,15 Euro netto. Der Arbeitgeber zahlte zusätzlich in eine arbeitgeberfinanzierte Direktversicherung 65,00 Euro ein. Im Juli 2019 erhielt er Urlaubsgeld in Höhe von 582,76 Euro brutto bzw. 467,23 Euro netto. Der Beitrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung für das von ihm benutzte Fahrzeug betrug für den Zeitraum von Januar 2019 bis September 2019 146,04 Euro.

Die Bewilligung des Kindergeldes für die Klägerin hob die Familienkasse R mit Bescheid vom 9. Januar 2019 ab Februar 2019 auf. Das Kindergeld für A3 wurde von der Familienkasse auf dessen Konto 4 jedenfalls ab März 2019 monatlich überwiesen.

Auf den Antrag der Klägerin vom 27. März 2019 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 21. August 2019 vorläufig nach § 41a SGB II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Klägerin für den Zeitraum von März 2019 bis August 2019 in Höhe von 10,69 Euro monatlich. Die Eltern der Klägerin wurden im Bescheid aus programmtechnischen Gründen angegeben. Der Beklagte ging von deren Verzicht auf Leistungen nach dem SGB II aus. Deren in den Berechnungsbögen ausgewiesener Anspruch wurde nicht ausbezahlt. In der Anlage zum Einkommen des Vaters der Klägerin vom 27. März 2019 gab dieser die Länge von 25 km als kürzeste Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an und Kindergeld für A3 und A4 als Einkommen zu erzielen.

Gegen den Bescheid vom 21. August 2019 legte die Klägerin Widerspruch ein. Bei ihrer Mutter sei aufgrund eines Ösophagus-Karzinoms ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu gewähren. Ihr Hausarzt B1 bestätigte den Abfall des BMI auf unter 18,5. Ein Verzicht auf Leistungen nach dem SGB II sei durch ihre Eltern nicht erfolgt.

Mit abschließendem Bewilligungsbescheid vom 5. November 2019 setzte der Beklagte den Leistungsanspruch der Klägerin und ihrer Eltern für den Zeitraum von März 2019 bis August 2019 endgültig fest und forderte die Überzahlung von 51,36 Euro mit Erstattungsbescheid vom 5. November 2019 von der Klägerin zurück. Im März 2019, Juli 2019 und August 2019 stellte der Beklagte keinen Leistungsanspruch fest. Von April 2019 bis Juni 2019 erhielt die Bedarfsgemeinschaft insgesamt 56,07 Euro an Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Anteil der Klägerin hieran betrug insgesamt 1...

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