Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Übernahme der Bestattungskosten. Ehegatte als mittelloser Erbe. Erbschaftsausschlagung durch die unterhaltspflichtigen Kinder. Erbenhaftung
Leitsatz (amtlich)
Dem Anspruch einer mittellosen Erbin gemäß § 74 SGB XII auf Übernahme der Bestattungskosten für ihren verstorbenen Ehemann steht nicht entgegen, dass Kinder des Verstorbenen vorhanden sind, die im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht gegenüber dem Verstorbenen für die Bestattungskosten aufzukommen haben. Denn Erben haben gegenüber unterhaltspflichtigen Abkömmlingen des Verstorbenen, die die Erbschaft ausgeschlagen haben, vorrangig die Bestattungskosten zu tragen.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 6. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2007 verurteilt, 2.481,32 EUR für die Bestattung des Ehemannes der Klägerin zu übernehmen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Bestattungskosten nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (Sozialhilfe) - SGB XII -.
Die Klägerin ist die Witwe des am 9. Juni 2006 verstorbenen A. P., der mit ihr in zweiter Ehe verheiratet war. Für die Bestattung ihres Ehemannes, die sie in Auftrag gegeben hatte, stellte ihr das Bestattungsinstitut B. unter dem 14. Juni 2006 einen Betrag in Höhe von insgesamt 2.494,32 EUR in Rechnung. Der Verstorbene hatte aus erster Ehe zwei Abkömmlinge, S. H. und E. P., die beide das Erbe ihres Vaters ausschlugen. Demgegenüber verzichtete die Klägerin auf eine Erbausschlagung.
Am 12. Juni 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der ihr in Rechnung gestellten Bestattungskosten. Sie verfügte damals über ein monatliches Einkommen in Höhe von 209,16 EUR (Lohn: 129,77 EUR; Witwenrente: 79,39 EUR).
Unter dem 13. Juni 2006 schrieb die Beklagte sowohl S. H. als auch E. P. an und forderte beide auf, ihre Einkommens- und Vermögenssituation darzulegen und nachzuweisen. Während S. H. dieser Aufforderung nachkam, rief E. P. bei der Beklagten am 19. Juni 2006 an und teilte ihr mit, dass der Verstorbene nicht sein leiblicher Vater gewesen sei. Zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen machte er keine Angaben.
Mit Bescheid vom 6. September 2006 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus, dass auch der Sohn des Verstorbenen als Verpflichteter im Sinne des § 74 SGB XII anzusehen sei. Da er keinen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten gestellt habe, könne nicht abschließend beurteilt werden, ob einer der Verpflichteten in der Lage sei, die Bestattungskosten zu tragen.
Den hiergegen von der Klägerin erhobenen Widerspruch wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2007 zurück. Die Klägerin treffe die Kostenlast nicht von vornherein unausweichlich, weil für sie die Möglichkeit bestehe, die Erbschaft auszuschlagen, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken und die Dürftigkeitseinrede zu erheben. Bei fehlender Leistungsfähigkeit treffe die Kostenlast nicht den Erben, sondern den Unterhaltspflichtigen. Der Klägerin stehe ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch gegen den Sohn des Verstorbenen zu. Dass dieser nicht in der Lage wäre, die Bestattungskosten zu tragen, sei nicht dargelegt und nachgewiesen.
Am 19. Februar 2007 hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, weder erbrechtlich noch unterhaltsrechtlich in der Lage zu sein, die ihr in Rechnung gestellten Bestattungskosten zu begleichen. Die erste Ehefrau des Verstorbenen oder seine Tochter S. H. seien nicht zur Übernahme der Bestattungskosten verpflichtet. Ob dies auch für E. P. gelte, habe nicht abschließend geklärt werden können. Daher könne sie, die Klägerin, von ihm keinen Kostenersatz verlangen, weshalb eine Kostenübernahme durch die Beklagte auch nicht dem Subsidiaritätsprinzip widersprechen würde. Im Übrigen sei Verpflichteter im Sinne des § 74 SGB XII auch derjenige, der aufgrund eines Rechtsgeschäfts zur Zahlung von Bestattungskosten verpflichtet sei, wenn er dieses Rechtsgeschäft nicht aus freien Stücken eingegangen sei, sondern als verpflichteter Erbe, um eine öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht zu erfüllen. Ein Abwarten, gegen wen die Ordnungsbehörde vorgehe, sei nicht zulässig, und ihr als Witwe im Übrigen auch nicht zumutbar. Schließlich seien die in Rechnung gestellten Bestattungskosten erforderlich gewesen.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheides vom 6. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2007 die Bestattungskosten für die Bestattung des Ehemannes A. P., geboren ...1938, verstorben 9. Juni 2006, gemäß Rechnung des Beerdigungsinstituts B., ... Straße ..., ..., vom 14. Juni 2006 in Höhe von 2.494,32 EUR zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen im streitgegenständlic...