Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Rechtsanwaltsgebühr in einem sozialgerichtlichen Durchschnittsverfahren
Orientierungssatz
1. Ausgangspunkt für die Bemessung der Rechtsanwaltsgebühr ist die Mittelgebühr. Erweist sich bei durchschnittlicher Bedeutung der Sache, durchschnittlicher Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und durchschnittlichen Einkommensverhältnissen des Klägers der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit als leicht unterdurchschnittlich, so ist die Verfahrensgebühr der Nr. 3103 VV RVG mit 200.- €. festzusetzen.
2. Bei einem angenommenen Anerkenntnis ist bei der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG auf den hypothetischen Aufwand abzustellen, der bei Durchführung eines Termins voraussichtlich entstanden wäre. Die Durchführung eines Termins bei bereits zuvor vorliegendem vollen Anerkenntnis ist als weit unterdurchschnittlich anzusehen. Demnach erscheint ein Betrag von 100.- €. als angemessen.
3. Allein die Annahme eines Anerkenntnisses stellt keine über die normale Prozessführung hinausgehende qualifizierte Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung dar. Endet der Rechtsstreit durch die bloße Annahme eines Anerkenntnisses, so ist die Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 i. V. m. Nr. 1002 VV RVG nicht angefallen, vgl. BSG, Urteil vom 01. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R.
Tenor
Die Erinnerung des Beklagten vom 21. Juli 2011 sowie die Anschlusserinnerung der Klägerin vom 29. August 2011 werden zurückgewiesen.
Gründe
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe der zu erstattenden Auslagen und Gebühren. Der Beklagte und Erinnerungsführer wendet sich gegen die Festsetzung einer Geschäftsgebühr nach Nr 2401 VV RVG iHv 150,00 EUR sowie gegen die Festsetzung einer Dokumentenpauschale nach Nr 7000 VV RVG iHv 34,45 EUR. Die Erinnerungsgegnerin und Klägerin macht mit ihrer Anschlusserinnerung eine höhere Verfahrensgebühr nach Nr 3103 VV RVG, eine höhere Terminsgebühr nach Nr 3106 VV RVG sowie eine Einigungsgebühr nach Nrn 1005, 1006 VV RVG geltend.
I. Die Erinnerung ist zulässig und teilweise begründet.
Unzutreffend hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle eine Geschäftsgebühr nach Nr 2401 VV RVG iHv 150,00 EUR festgesetzt. Zu Recht macht der Beklagte geltend, dass eine Geschäftsgebühr nach dieser Ziffer lediglich iHv 120,00 EUR geltend gemacht werden kann. Die Geschäftsgebühr in sozialgerichtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen, beträgt nach Nr 2401 VV RVG 40,00 bis 260,00 EUR. Die Mittelgebühr beträgt 150,00 EUR. Eine Gebühr von mehr als 120,00 EUR kann jedoch nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.
Vorliegend ist nicht erkennbar, dass von einer Überdurchschnittlichkeit hinsichtlich Aufwand oder Schwierigkeit ausgegangen werden kann. Insbesondere hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht dargelegt, aus welchen Gründen die Tätigkeit umfangreich bzw schwierig in diesem Sinne gewesen sein soll. Nach Aktenlage ist ersichtlich, dass im Wesentlichen zwei Schriftsätze am 19. Juli 2006 sowie am 4. September 2006 gefertigt worden sind. Beide Schriftsätze umfassen einen Text von jeweils zwei Seiten. Auch unter Würdigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass von einem ungewöhnlich hohen anwaltlichen Aufwand oder einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit der Rechtssache ausgegangen werden kann. Nach alledem kann eine Gebühr von mehr als 120,00 EUR nicht geltend gemacht werden, da die Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Dagegen hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zu Recht eine Dokumentenpauschale nach Nr 7000 VV RVG iHv 34,45 EUR festgesetzt. Insoweit kann auf die Ausführungen in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss verwiesen werden; an dieser Stelle ist ausdrücklich und nachvollziehbar dargelegt, welche Fotokopien als notwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Sinne des SGG anzusehen und damit erstattungsfähig sind. Dem hat der Beklagte nichts entgegengesetzt. Die bloße Behauptung, lediglich 45 Fotokopien wären erforderlich gewesen, ist nicht nachvollziehbar. Im Übrigen folgt die Kammer der zitierten Rechtsprechung des SG Hannover aus dem Jahr 2006 nicht.
II. Die Anschlusserinnerung der Klägerin ist zulässig und teilweisebegründet.
Die Klägerin hat entgegen ihrer eigenen Darstellung keine Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss eingelegt. Allerdings ist ihr Begehren als Anschlusserinnerung auszulegen und insoweit zulässig, aber unbegründet.
1. Zu Unrecht hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle lediglich eine Verfahrensgebühr nach Nr 3103 VV RVG iHv 170,00 EUR festgesetzt.
Nach §§ 3, 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Rahmengebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und der Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Das Haftungsrisiko ist zu berücksichtigen, § 14 Abs 1 Satz 3 RVG. Wenn die Gebühr von einem ...