Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Regelbedarf. gemischte Bedarfsgemeinschaft. volljähriges Kind im Haushalt der Asylbewerberleistungen beziehenden Eltern. keine Übertragbarkeit der Rechtsprechung zur Bildung eines Mischregelsatzes bei Partnern. Bestimmung der Höhe nach § 20 Abs 2 S 2 Nr 2 SGB 2
Leitsatz (amtlich)
Für ein nach dem SGB 2 leistungsberechtigtes volljähriges, aber unter 25-jähriges Kind im Haushalt seiner Eltern, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (juris: AsylbLG) beziehen, gilt uneingeschränkt der verminderte Regelbedarf gemäß § 20 Abs 2 S 2 Nr 2 SGB 2. Die Gewährung des vollen Regelbedarfs wie ein Alleinstehender kommt weder in direkter noch analoger Anwendung des § 20 Abs 2 S 1 SGB 2 in Betracht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob dem Kläger als unter 25-jährigem, der leistungsberechtigt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ist und mit seinen Eltern, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beziehen, in Bedarfsgemeinschaft lebt, der volle Regelbedarf als Alleinstehender oder nur der geminderte Regelbedarf gemäß § 22 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB II zu gewähren ist.
Der Kläger, geboren im November 1991 und serbischer Staatsangehöriger, ist seit dem 15. August 2011 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und damit leistungsberechtigt nach dem SGB II. Bis August 2011 bezog der Kläger Leistungen nach dem AsylbLG. Mit Bescheid vom 16. September 2011 bewilligte die für den Beklagten handelnde Gemeinde C. dem Kläger für den Zeitraum 01. September 2011 bis zum 28. Februar 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II iHv 463,90 EUR, darin enthalten 172,90 EUR anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung sowie 291,00 EUR als Regelleistung. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Die Eltern des Klägers beziehen laufend Grundleist-ungen nach § 3 AsylbLG.
Zum 01. November 2011 zog der Kläger mit seiner Familie, insgesamt fünf Personen, in eine andere Mietwohnung in C.. Mit Bescheid vom 01. Dezember 2012 hob die Gemeinde C. den Bewilligungsbescheid vom 16. September 2011 daraufhin auf Grundlage von § 48 SGB X mit Wirkung ab 01. November 2011 auf und bewilligte dem Kläger für den Zeitraum 01. November 2011 bis 29. Februar 2012 Leistungen iHv 420,00 EUR, wiederum unter Ansatz einer Regelleistung iHv 291,00 EUR im November und Dezember 2011 und iHv 301,00 EUR ab Januar 2012 sowie anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 20. Dezember 2011 legte der Kläger am 22. Dezember 2011 Widerspruch gegen den Bescheid vom 01. Dezember 2012 ein. Diesen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2012, abgesandt am selben Tage, als unbegründet zurück. Am 20. April 2012 hat der Kläger Klage erhoben.
Der Kläger trägt zur Begründung vor, die Festsetzung der Leistungshöhe sei verfassungswidrig. Außerdem sei die Festlegung der Regelbedarfsstufe 3 auf 80 % des Regelbedarfs im Vergleich zur Regelbedarfsstufe 2 nicht nachvollziehbar, weil doch bei sonstigen erwachsenen Haushaltsmitgliedern doch eher von weniger Ersparnis auszugehen sei als bei Paaren und nicht von höherer Ersparnis. Das Gesetz sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass eine Reduzierung des Regelbedarfs nur möglich sei, wenn sämtliche Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft Leistungen in Höhe des SGB II bzw SGB XII beziehen. Bei einer Bedarfsgemeinschaft aus einem Leistungsbezieher nach § 3 AsylbLG und nach § 2 AsylbLG sei ein Mischregelsatz nicht zulässig, weil es seitens des Beziehers nach § 3 AsylbLG nichts einzuberechnen gebe. Eine Schlechterstellung gegenüber alleinstehenden Personen sei nur unter dem Gesichtspunkt von Synergieeffekten aufgrund gemeinsamer Haushaltsführung zu rechtfertigen. Dies setze aber voraus, dass es in der Bedarfsgemeinschaft jemanden gebe, der in der Lage sei, eine entsprechende höhere Belastung bei der Haushaltsführung zu tragen. Da die Eltern des Klägers Leistungen nach § 3 AsylbLG beziehen und nur der Kläger SGB-II-Leistungen, seien Synergieeffekte nicht möglich. Die Erwägungen des BSG im Urteil vom 06. Oktober 2011 - B 14 AS 171/10 R - seien auf den vorliegenden Fall zu übertragen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 01. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. März 2012 zu verpflichten, dem Kläger Arbeitslosengeld II gemäß §§ 19 ff SGB II unter Zugrundelegung eines Regelbedarfs in Höhe eines Regelbedarfs in verfassungsgemäßer Höhe für eine alleinstehende volljährige Person für den Zeitraum vom 01. Dezember 2011 bis zum 31. März 2012 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, das Urteil des BSG vom 06. Oktober 2011 zur gemischten Bedarfsgemeinschaft bei Partnern gemäß § 20 Abs 4 SGB II sei auf den Fall des Klägers nicht anwendbar, weil er nicht Partner in einer gemischten Bedarfsgemeinschaft sei. Es werde...