Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Ausbildungsgeld gem § 105 Abs 1 Nr 2 SGB 3. keine zweckbestimmte Einnahme
Leitsatz (amtlich)
Bei dem Ausbildungsgeld, das ein Bezieher von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB 2 bei beruflicher Ausbildung bezieht, handelt es sich um Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB 2, das bedarfsmindernd bei der Leistungsberechnung zu berücksichtigen ist.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II durch den Beklagten ohne Anrechnung des von ihr bezogenen Ausbildungsgeldes gemäß § 105 Abs 1 Nr 2 SGB III als Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 SGB II.
Die Klägerin, geboren im August 1980, bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom Beklagten. Seit dem 1. September 2009 nimmt sie an einer Maßnahme zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben teil. In diesem Rahmen macht sie am G. in H. eine Berufsausbildung zur Maßschneiderhelferin und ist dort unter Woche internatsmäßig untergebracht. Sie bezieht dazu von der zuständigen Agentur für Arbeit Ausbildungsgeld in Höhe von 102,00 EUR monatlich.
Der Beklagte, bzw die für ihn handelnde Stadt I., hatte der Klägerin mit Bewilligungsbescheid vom 20. Mai 2009 für den Zeitraum Juni 2009 bis einschließlich November 2009 ursprünglich Leistungen in Höhe von 838,21 EUR bewilligt. Aufgrund des Beginns der Ausbildung des damit einhergehenden Bezugs des Ausbildungsgeldes nahm der Beklagte eine Neuberechnung der Leistungen vor und hob mit Bescheid vom 6. November 2009 den Bewilligungsbescheid vom 20. Mai 2009 auf. Sie erließ für den Zeitraum September 2009 bis einschließlich November 2009 eine Neubewilligung. Mit Bescheid vom 23. November 2009 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum Dezember 2009 bis einschließlich Mai 2010 die Leistungen weiter. Sowohl im Zeitraum ab 1. September 2009 als auch im Zeitraum ab Dezember 2009 rechnete der Beklagte das Ausbildungsgeld von 102,00 EUR nach Abzug der Versicherungspauschale in Höhe der verbleibenden 72,00 EUR bedarfsmindernd an. Der Klägerin wurden daher Leistungen in Höhe von 766,21 EUR monatlich gewährt.
Die Widersprüche der Klägerin gegen beide Bescheide wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 2010 als unbegründet zurück. Am 25. Februar 2010 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie trägt vor, bei dem Ausbildungsgeld handele es sich um eine zweckbestimmte Einnahme, die nicht zum Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 SGB II zähle. Sie habe Taschengeldcharakter und diene der Motivation zur Absolvierung der Maßnahme. Sie habe keine Unterhaltssicherungsfunktion. Es sei auf die Auffassung des Sozialgerichts Berlin im Urteil vom 5. Dezember 2008 - S 37 AS 23403/08 abzustellen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Bescheides der Stadt Osterholz-Scharmbeck vom 6. November 2009 und des Bescheides vom 23. November 2009 beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 11. Februar 2010, den Beklagten zu verurteilen, im Leistungszeitraum 1. September 2009 bis 31. Mai 2010 der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren ohne die Anrechnung eines Ausbildungsgeldes in Höhe von monatlich 102,00 Euro als Einkommen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, das Ausbildungsgeld sei nicht zweckbestimmt, sondern stehe zur Deckung des Lebensunterhalts zur Verfügung. Die Rechtsauffassung des sächsischen Landessozialgerichts im dortigen Urteil vom 1. November 2007 - L 3 AS 158/06 - sei überzeugend.
Zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen und zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die folgende Verwaltungsakte des Beklagten, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 29. Juli 2010 waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Die angegriffenen Bescheide über die Leistungsbewilligung im Zeitraum September 2009 bis Mai 2010 unter Anrechnung des Ausbildungsgeldes als Einkommen sind nicht zu beanstanden und beschweren die Klägerin daher nicht, § 54 Abs 2 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen ohne Berücksichtigung des Ausbildungsgeldes als Einkommen.
Gemäß § 11 Abs 1 S 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme bestimmter, näher bezeichneter Leistungen.
Gemäß § 11 Abs 3 Nr 1 a SGB II sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht zu günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären.
Das Ausbildungsgeld bei beruflicher Ausbildung, das die Klägerin auf Grundlage der § 97 SGB III iVm §§ 33, 44 SGB IX gemäß § 105 Abs 1 Nr 2 SGB III bezieht, ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1...