Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Kapitän auf großer Fahrt

 

Orientierungssatz

Absolventen eines Studiums an der Seefahrtsschule in der Fachrichtung Handelsschifffahrt, denen die Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung "Kapitän auf großer Fahrt" verliehen worden ist, haben nach § 1 der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom 12.4.1962 (GBl DDR II 1962, 278) - IngV - nicht die Berechtigung gehabt, den Titel "Ingenieur" zu führen, auf die § 1 Abs 1 S 1 ZAVtIVDBest 2 iVm § 1 ZAVtIV im Hinblick auf die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz abstellt. Zwar spricht § 1 Abs 1 S 1 ZAVtIVDBest 2 nur von "Ingenieuren" ohne weitere Zusätze. Jedoch verdeutlicht § 1 Abs 1 S 3 ZAVtIVDBest 2, dass unter "Ingenieur" nur solche Personen verstanden wurden, die "den Titel eines Ingenieurs" hatten; es musste also das Recht zur Führung des Titels "Ingenieur" bestanden haben. Dort heißt es nämlich, dass auch andere Personen wie "Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers" haben, eingereiht werden können (vgl BSG vom 10.4.2002 - B 4 RA 18/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr 8).

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger eine Anwartschaft in dem Zusatzversorgungssystem Nr. 3 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz vom 25. Juli 1991 (AAÜG) erworben hat.

Der Kläger erwarb am 15. Juni 1966 nach einem Studium an der Seefahrtsschule W in der Fachrichtung Handelsschifffahrt die Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Kapitän auf große Fahrt" zu führen und war in dem Zeitraum vom 16. Juni 1966 bis 30. Juni 1990 als Kapitän beim VEB Deutsche Seereederei beschäftigt.

Den am 26. Februar 2003 gestellten Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Juni 2003 ab, weil eine Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 AAÜG nicht entstanden sei. Weder habe eine positive Versorgungszusage zu Zeiten der DDR vorgelegen noch habe der Kläger am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt, die aus bundesrechtlicher Sicht dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen gewesen wäre. Die Qualifikation als Kapitän auf großer Fahrt würde nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers im Sinne der Versorgungsordnung (ingenieurtechnische Hoch- oder mittlere Fachschulausbildung mit Abschluss) entsprechen. Die tatsächliche Ausübung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit sei insoweit unbeachtlich.

Hiergegen erhob der Kläger am 24. Juni 2003 Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass er für die Beschäftigungszeit vom 16. Juni 1966 bis einschließlich 30. Juni 1990 einen Anspruch auf Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz habe. Er habe erfolgreich die Prüfung zum Kapitän auf großer Fahrt - A 6 abgelegt. Ab dem 16. Juni 1966 habe er dann seine Tätigkeit beim VEB Deutfracht/Seereederei in R aufgenommen. Damit erfülle er alle Voraussetzungen der Versorgungsordnung. Er habe an der Ingenieurhochschule für Seefahrt W/W studiert. Ausweislich von § 11 der Seeschiffsbesetzungsordnung vom 25. November 1974 seien vom Seefahrtsamt die Befähigungszeugnisse A 6 - Kapitän auf großer Fahrt - nur für Hochschuleningenieure erteilt worden. Nach § 17 Absatz 2 würden Befähigungszeugnisse, die nach den vor dem 1. April 1972 geltenden Rechtsvorschriften ausgestellt worden seien, den Befähigungszeugnissen gemäß dieser Anordnung gleichgestellt. Betriebe der Schifffahrt würden nach § 1 Absatz 2 der 2. Durchführungsbestimmung den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. September 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe bei In-Kraft-Treten des AAÜG am 01. August 1991 keine Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes erworben, weil er weder am 30. Juni 1990 in der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sei, eine solche Einbeziehung auch nicht nachträglich durch Rehabilitierung oder durch eine Entscheidung nach Artikel 19 Satz 2 oder 3 des Einigungsvertrages erlangt habe oder aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage im Juli 1991 einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt habe. Die Qualifikation des Klägers habe nicht der in der Versorgungsordnung geforderten Qualifikation entsprochen. Als "Kapitän auf großer Fahrt" sei der Kläger nicht berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs zu führen.

Mit der am 24. Oktober 2003 erhobenen Klage wiederholt und vertieft der Kläger seine Widerspruchsbegründung. Der Kläger habe am 30. Juni 1990 eine Anwartschaft auf Einbeziehung in die Zusatzversorgung für die technische Intelligenz erworben. § 1 Absatz 1 Satz 1 AAÜG finde Anwendung. Aus diesem Grund habe er Anspruch auf die Feststellungen der tatsächlich erzielten Bruttoentgelte nach §§ 5, 8 AAÜG. Er erfülle für die beantragte Beschäftigungszeit alle Voraussetzungen der Verordnung über die zusätzliche Altersversor...

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