Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Kostenrecht. Rechtsschutzbedürfnis. gerichtliche Kostenentscheidung bei gerichtskostenfreiem Verfahren. außergerichtliche Kosten. Vorverfahrenskosten. notwendige Hinzuziehung eines Rechtsbeistands. Entscheidungsbefugnis
Leitsatz (amtlich)
1. Im gerichtskostenfreien Verfahren besteht im Falle eines Kostengrundanerkenntnisses regelmäßig kein Rechtsschutzbedürfnis für eine gerichtliche Kostenentscheidung.
2. Zu den außergerichtlichen Kosten iS des § 193 Abs 1 SGG gehören auch die Kosten des Vorverfahrens.
3. Über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren entscheidet auf Antrag der Urkundsbeamte im Verfahren nach § 197 SGG.
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Gründe
I.
Im Hauptsacheverfahren waren zwischen den Beteiligten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Kostenübernahme des klägerischen Eigenanteils für ein höherwertiges Hörgerät streitig.
Nachdem die Beklagte die Kostenübernahme für eine höherwertige Hörhilfe anerkannt sowie sich bereit erklärt hat, die außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach zu übernehmen, hat der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Der Kläger beantragt nunmehr,
1. das Verfahren einzustellen,
2. die Kosten des Verfahrens einschließlich seiner notwendigen Auslagen und einschließlich der Kosten des Widerspruchsverfahrens der Beklagten aufzuerlegen sowie
3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt und verweist auf ihr Kostengrundanerkenntnis.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt des Beiheftes zum AK-A-Verfahren Bezug genommen.
II.
1. Nachdem der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, war das Verfahren gemäß §§ 101 Abs. 2, 102 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) analog einzustellen.
2. Im Übrigen war der Antrag als unzulässig abzulehnen.
Der Kläger hat kein Rechtschutzbedürfnis im Hinblick auf die begehrte gerichtliche Kostenentscheidung.
Entsprechend des Grundgedankens des § 101 Abs. 2 SGG in Verbindung mit § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG ist eine Kostengrundentscheidung durch das Gericht, um die es hier allein geht, entbehrlich und ein entsprechender Antrag eines Beteiligten mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig, wenn der Beklagte die Kostenerstattung dem Grund nach anerkannt und der Kläger dieses Kostenanerkenntnis angenommen hat,
BSG, Beschl. v. 26.03.1992 - 7 Rar 104/09, NZS 1992, S. 40 m. w. N.; LSG Nds.-Br., Urt. v. 25.07.1990 - L 1 An 96/90, Breith. 1991 S. 614 ff.; Knittel , in: Hennig, SGG, § 193 Rz. 18; Breitkreuz , in: Ders./Fichte, SGG, 2009, § 101 Rz. 21; Leitherer , in: Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, § 101 Rz. 23 a, § 193 Rz. 2 e.
Denn nach zutreffender und allgemein vertretener Auffassung hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle auf Antrag schon auf Grund eines solchen angenommenen Kostenanerkenntnisses gemäß § 197 SGG die Höhe der zu erstattenden Kosten festzusetzen,
BSG, Beschl. v. 26.03.1992 - 7 Rar 104/09, NZS 1992, S. 40 m. w. N.; LSG Nds.-Br., Urt. v. 25.07.1990 - L 1 An 96/90, Breith. 1991 S. 614 ff.
So liegt der Fall hier: Die Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 30.06.2009 bereit erklärt, die außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grund nach zu übernehmen. Dieses Kostengrundanerkenntnis hat der Kläger angenommen. Sein Prozessbevollmächtigter hat sodann die außergerichtlichen Kosten des Klägers unmittelbar bei der Beklagten geltend gemacht.
In einer solchen Situation besteht keine Veranlassung für eine gerichtliche Kostenentscheidung. Der Kläger kann unmittelbar bei Gericht die Kostenfestsetzung auf Grundlage des Kostenanerkenntnisses der Beklagten erlangen. Dass ihm dies nicht möglich wäre, ist nicht ersichtlich.
Auch aus dem Umstand, dass sich die Beklagte - wie der Kläger meint - weigert, die Kosten zu erstatten, resultiert kein Rechtsschutzbedürfnis für eine gerichtliche Kostengrundentscheidung. Der Kläger kann unmittelbar aus dem Kostengrundanerkenntnis vollstrecken (§ 199 Abs. 1 Nr. 3 SGG),
vgl. dazu statt vieler nur LSG Nds.-Br., Urt. v. 25.07.1990 - L 1 An 96/90, Breith. 1991 S. 614 ff.; Leitherer , in: Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, § 101 Rz. 23.
Im Übrigen gehören zu den außergerichtlichen Kosten im Sinne des § 193 Abs. 1 SGG auch die Kosten des Vorverfahrens. Ein - wie vorliegend - vorbehaltloses Kostengrundanerkenntnis umfasst auch diese Kosten,
SG Duisburg, Beschl. v. 17.02.1994 - S 10 J 140/91, Breith. 1995, S. 542 ff.; Knittel , in: Hennig, SGG, § 193 Rz. 18,
für eine gerichtliche Kostengrundentscheidung darüber hinaus ist somit auch unter diesem Gesichtspunkt kein Raum,
siehe nur Knittel , in: Hennig, SGG, § 193 Rz. 44.
Soweit der Kläger noch beantragt, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist dieser Antrag im vorliegenden Verfahren unstatthaft. Übe...