Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Heilmittelerbringer. keine Verpflichtung zur Vollständigkeitsprüfung vertragsärztlicher Verordnungen. kein Anspruch auf Herausgabe abgeleisteter Heilmittelverordnungen
Leitsatz (amtlich)
Für Erbringer von physiotherapeutischen Heilmitteln besteht keine Verpflichtung, entsprechende vertragsärztliche Verordnungen einer vorherigen Vollständigkeitsprüfung oder einer Prüfung auf formale Richtigkeit hin zu unterziehen. Eine solche Prüfpflicht der Physiotherapeuten ergibt sich weder aus dem Rahmenvertrag nach § 125 Abs 2 SGB 5, den Gemeinsamen Rahmenempfehlungen nach § 125 Abs 1 SGB 5, den Heilmittel-Richtlinien noch direkt aus dem SGB 5.
Orientierungssatz
Heilmittelerbringer haben gegen die Krankenkassen keinen Anspruch auf Herausgabe abgeleisteter Heilmittelverordnungen im Original oder Ablichtung.
Nachgehend
Tenor
1. Der Beklagten wird untersagt,
a) die Abgabe und Abrechnung vertragsärztlich verordneter physiotherapeutischer Heilmittel von einer vorherigen Vollständigkeitsprüfung durch den Leistungserbringer abhängig zu machen,
b) gegenüber Versicherten, Vertragsärzten und Leistungserbringern zu behaupten, dass ärztliche Verordnungen für physiotherapeutische Leistungen einer Vollständigkeitsüberprüfung durch den Leistungserbringer bedürfen.
2. Der Beklagten wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die unter 1. ausgesprochene Untersagung auf Antrag eines Klägers ein Ordnungsgeld bis zu 50.000,00 Euro, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an einem Mitglied des Vorstands der Beklagten, festgesetzt werden kann.
3. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
4. Die Beklagte hat zwei Drittel, die Kläger gesamtschuldnerisch ein Drittel der Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Vorliegend begehren die Kläger, der Beklagten zu untersagen, zum einen die Abgabe und Abrechnung vertragsärztlich verordneter physiotherapeutischer Heilmittel von einer vorherigen Prüfung dieser Verordnung durch den Leistungserbringer abhängig zu machen, zum anderen zu behaupten, dass vertragsärztliche Verordnungen physiotherapeutischer Heilmittel einer Überprüfung durch den Leistungserbringer bedürfen.
Ferner begehren die Kläger, die Beklagte zu verpflichten, abgeleistete Heilmittelverordnungen bei vollständiger Zahlungsverweigerung im Original und bei teilweiser Zahlungsverweigerung in Ablichtung mit Absetzungsvermerk versehen an den Leistungserbringer zurückzureichen.
Der Kläger Ziffer 1 ist nach eigenen Angaben der in Baden-Württemberg aufgrund seiner Mitgliederstärke führende Berufsverband für Physiotherapeuten. Auf der Grundlage des § 125 Abs. 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) hat er zusammen mit weiteren Berufsverbänden mit den baden-württembergischen Landesverbänden der Krankenkassen, somit auch mit der Beklagten, den am 01.12.2002 in Kraft getretenen Rahmenvertrag (RV) abgeschlossen, der die Einzelheiten der Versorgung der Versicherten der Landesverbände mit physiotherapeutischen Leistungen, die Vergütung der Leistungen und deren Abrechnung, die Rechte und Pflichten der Vertragspartner sowie die Folgen von Vertragsverstößen regelt (§ 2 Abs. 1 RV).
Die Klägerin Ziffer 2 ist aufgrund einer Zulassung nach § 124 SGB V berechtigt, als Physiotherapeutin Leistungen der Physikalischen Therapie an gesetzlich Krankenversicherte der Beklagten abzugeben. Sie ist Mitglied des Klägers Ziffer 1.
Die Beklagte hat nach eigenen Angaben zu Beginn des Jahres 2005 eine Prüfliste für Leistungserbringer erstellt, um die - ihrer Ansicht nach - Vielzahl unvollständiger und fehlerhafter Verordnungen im Sinne einer Qualitätsverbesserung bei der Versorgung der Versicherten zu verbessern. Diese insgesamt 26 Punkte umfassende Liste “Rechnungsprüfung unvollständiger und inhaltlich fehlerhafter Heilmittelverordnungen sowie falscher Abrechnung„ war Gegenstand eines umfangreichen Schriftwechsels und zahlreicher Gespräche zwischen der Beklagten und unter anderem dem Kläger Ziffer 1. Auf die von den Klägern vorgelegte Prüfliste sowie den von der Beklagten im Verfahren S 10 KR 5996/05 ER vorgelegten umfangreichen Schriftwechsel wird Bezug genommen. Die Beklagte brachte hierbei zum Ausdruck, dass ihrer Auffassung nach physiotherapeutische Leistungserbringer verpflichtet sind, die ihnen vorgelegten vertragsärztlichen Verordnungen auf die in der Prüfliste aufgeführten “Fehler„ zu überprüfen und diese “Fehler„, gegebenenfalls nach Rücksprache mit dem verordnenden Vertragsarzt, zu beheben.
Zu einer diesbezüglichen Einigung zwischen der Beklagten und dem Kläger Ziffer 1 kam es ebenso wenig wie zu einer Einigung der Beklagten mit den übrigen an den Verhandlungen beteiligten Berufsverbänden. Auf die hierzu von der Beklagten im Verfahren S 10 KR 5996/05 ER vorgelegten Schreiben dieser Berufsverbände wird verwiesen.
Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 04.05.2005 ihre Pr...