Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Zuschuss zu Versicherungsbeiträgen für die private Kranken- und Pflegeversicherung. halbierter Basistarif. Begrenzung auf den Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung. Bedarfsunterdeckung. verfassungskonforme Auslegung
Orientierungssatz
Ein Bezieher von Arbeitslosengeld II, der nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt, sondern im sog Basistarif bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert ist, hat gegenüber dem Grundsicherungsträger einen Anspruch auf Übernahme seines gesamten Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrags gem § 26 Abs 2 S 1 Nr 2 Halbs 1 SGB 2 analog (vgl SG Gelsenkirchen vom 2.10.2009 - S 31 AS 174/09 ER und LSG Stuttgart vom 16.9.2009 - L 3 AS 3934/09 ER-B).
Tenor
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 18.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2009 verpflichtet, dem Kläger einen weiteren Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 107,01 Euro im Zeitraum vom 02.06.2009 bis zum 30.06.2009 und in Höhe von monatlich 110,75 Euro im Zeitraum vom 01.07.2009 bis zum 31.12.2009 zu gewähren.
2. Des weiteren wird die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2009 verpflichtet, den noch fälligen jährlichen Selbstbehalt von 62,13 Euro im Zeitraum vom 02.06.2009 bis zum 31.12.2009 zu übernehmen.
3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte trägt 4/5 der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
5. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für die private Kranken- und Pflegeversicherung des im Bezug von Leistungen nach dem SGB II stehenden Klägers in voller Höhe.
Der ... 1967 geborene Kläger war als selbstständiger Fahrzeugaufbereiter bei der A Krankenversicherungs AG privat kranken- und pflegeversichert. Am 17.06.2009 beantragte er die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II.
Im Rahmen der Einreichung des Antrages wurde vom Kläger ein Versicherungsschein über die private Kranken- und Pflegeversicherung bei der A vorgelegt, mit Kosten für die Krankenversicherung in Höhe von 208,21 zusätzlich eines Beitragszuschlags in Höhe von 20,82 € einer Reise-Plus-Versicherung in Höhe von 0,80 € sowie einer Pflegepflichtversicherung in Höhe von 23,83 und somit mit einer Monatsrate für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 253,66 €.
Mit Bescheid vom 18.06.2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum vom 02.06.2009 bis zum 30.06.2009 in Höhe von 934,48 € und für den Zeitraum vom 01.07.2009 bis zum 31.12.2009 in Höhe von 969,49 €. In den Leistungen enthalten ist ein Zuschuss nach § 26 SGB II zur Krankenversicherung in Höhe von 125,22 € und zur Pflegeversicherung in Höhe von 17,20 € für den Monat Juni 2009 und in Höhe von 124,32 € für die Krankenversicherung und 17,79 € für die Pflegeversicherung für den Zeitraum von Juni bis Dezember 2009. In den erläuternden Hinweisen wird ausgeführt, dass der Restbetrag bis zur Versicherungsrate von 253,66 € vom Kläger selber zu tragen sei.
Aus einem Schreiben der A vom 14.07.2009 geht hervor, dass der Versicherungsschutz gefährdet sei, da ein Beitragsrückstand in Höhe von 644,64 bestehe. Sollte der Beitragsrückstand zwei Wochen nach Zugang der heutigen Mahnung noch höher als der Prämienanteil von einem Monat sein, werde das Ruhen der Versicherungsleistung festgestellt. Der Beitragsrückstand sei wegen fehlerhafter Beitragszahlung für die Monate bis April 2009 sowie Mai, Juni und Juli 2009 entstanden.
Auf Bl. 22 d. Verw.-Akte findet sich ein Antrag der Beklagten beim Sozialamt der Stadt Stuttgart vom 21.07.2009, in dem ein Antrag auf Übernahme des Eigenanteils bei der Kranken- und Pflegeversicherung gestellt werde. Im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben könne ein Teil der Beiträge durch das JobCenter nicht übernommen werden, so dass die Differenz durch das Sozialamt zu tragen sei. Die Übernahme des Eigenanteils (Beitragsanteil für Medikamentenanteil) durch den Kläger selbst habe eine Unterschreitung des gesetzlichen Existenzminimums zur Folge.
Der Kläger hat bei einer persönlichen Vorsprache am 17.07.2009 Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 18.06.2009 eingelegt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass er mit der Deckelung der Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht einverstanden sei und die fehlende Übernahme des Eigenanteiles zur Unterschreitung des gesetzlichen Existenzminimums führe.
Der Kläger hat am 24.07.2009 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Stuttgart erhoben. Das Verfahren erhielt das Aktenzeichen S 9 AS 5003/09 ER.
Der Kläger führt zur Begründung seines Antrages an, dass er als Selbstständiger privat kranken- und pflegeversichert sei. Seine Firma sei seit September 2008 ruhend und über sein Vermögen sei wegen Zahlungsunfähigkeit durch Beschluss des Amtsgerichts Stuttg...