Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungsrecht: Statusfeststellung zur Versicherungspflichtigkeit einer Tätigkeit. Tätigkeit als Altenpfleger als selbständige Tätigkeit

 

Orientierungssatz

1. Eine Tätigkeit als Pflegekraft ist nicht schon deshalb als abhängige und damit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung einzustufen, weil für die konkrete Ausübung der Tätigkeit in einer Pflegeeinrichtung allgemeine Vorgaben zu den Methoden der Pflege bei der Durchführung der einzelnen Einsätze erfolgen. Denn solche allgemeinen Vorgaben stellen noch keine Weisungsgebundenheit dar, die zu einer persönlichen Abhängigkeit führt.

2. Auch die Einordnung in einen vom Auftraggeber aufgestellten Dienstplan begründet jedenfalls bei Pflegetätigkeiten für sich genommen noch nicht die Annahme einer Weisungsgebundenheit und daraus resultierenden abhängigen Beschäftigung, jedenfalls soweit der Dienstleistende berechtigt ist, Einsätze abzulehnen.

3. Bedarf eine selbständige Tätigkeit ihrer Natur nach keines nennenswerten Kapitaleinsatzes da sie im Wesentlichen in der Verwertung der eigenen Arbeitskraft besteht, so genügt für die Annahme eines Unternehmensrisikos als Anhaltspunkt einer selbständigen Tätigkeit das Ausfallrisiko im Hinblick auf die vereinbarte Vergütung.

4. Einzelfall zur Beurteilung der Tätigkeit einer Pflegekraft als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung (hier verneint).

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 02.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13.04.2010 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass die Beigeladene in ihrer Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit von Dezember 2006 bis Juli 2007 nicht als Arbeitnehmerin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung war.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der sozialversicherungsrechtliche Status der Beigeladenen, die als Altenpflegerin für die Klägerin in der Zeit von Dezember 2006 bis Juli 2007 tätig war, streitig.

Die Klägerin betreibt einen ambulanten Pflegedienst sowie eine stationäre Pflegeeinrichtung.

Die Beigeladene ist seit 19.12.2006 als Altenpflegerin für verschiedene Einrichtungen der stationären und offenen Altenhilfe tätig. Die Aufträge akquiriert sie durch telefonisches Angebot der Altenpflege bei verschiedenen Altenhilfeeinrichtungen. In einem ersten Termin werden die Patienten vorgestellt, die Urkunde als Altenpflegerin sowie der Bescheid der Beklagten vom 28.06.2007 vorgelegt und die Bedingungen dargelegt. Bei einem weiteren Termin, für den keine Kosten in Rechnung gestellt werden, lernt die Beigeladene die baulichen Strukturen der Einrichtung und das Computerprogramm kennen. Danach wird der Auftrag entsprechend der Anforderungen der Pflegeeinrichtung durchgeführt. Die Tätigkeit beschränkt sich allein auf die Altenpflege; die Beigeladene nimmt nicht an Besprechungen, Vertretungen o.ä. der Einrichtung teil. Den überwiegenden Teil ihrer Einnahmen erzielt sie durch eine unstreitig sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei dem Wohnstift A.. Im streitigen Zeitraum war die Beigeladene u.a. für die Beigeladene als Altenpflegerin tätig.

Am 04.06.2007 stellte die Beigeladene einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status als Altenpflegerin. Sie gab an, seit dem 19.12.2006 bei der Beigeladenen sowie für die V. von P. GmbH, die Stadt S. die Evangelische H.- und L., das Haus V., das Pflegeheim auf dem R. sowie die H.-R.-Stiftung tätig zu sein. Sie biete Altenpflege ausschließlich für ältere Menschen an, die aufgrund ihres Alters Pflege benötigten. Zu 91 % sei sie als Arbeitnehmerin im Wohnstift A. seit 01.10.1991 beschäftigt.

Mit an die Beigeladene adressierten Bescheid vom 28.06.2007 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin fest, dass die von ihr ausgeübten selbständigen Tätigkeiten nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führten, da sie überwiegend gesunde und lediglich wegen ihres Alters pflegebedürftige Menschen betreue. Aufgrund der Art der ausgeübten Tätigkeit gehöre sie nicht zu den Berufsgruppen, die der Versicherungspflicht kraft Gesetzes unterlägen. Dieser Bescheid betreffe nicht die im Rahmen der Betriebsprüfung getroffene Entscheidung über die Tätigkeit bei der H.- und L. K. e. V.

Nach Anhörung mit Schreiben vom 03.07.2007 stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 02.08.2007 gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Altenpflegerin im Nachdienst bei der Klägerin seit 19.12.2006 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Zur Begründung wird u. a. ausgeführt, die Beigeladene könne den Ort ihrer Tätigkeit nicht selbst bestimmen; dieser werde durch die Beigeladene bestimmt. Die Beigeladene habe zwar die Möglichkeit, Aufträge abzulehnen, unterliege aber bei Übernahme des Auftrags der Weisungsgebundenheit der Kläger...

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