Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Nachzahlung von Kranken- oder Arbeitslosengeld nicht für den Monat des Zuflusses. laufende Einnahme oder einmalige Einnahme
Leitsatz (amtlich)
1. Nachzahlungen von Kranken- oder Arbeitslosengeld, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht werden, sind nach § 11 Abs 3 S 2 SGB II einmalige Einnahmen.
2. Alleine aufgrund des Auseinanderfallens von gesetzlicher Fälligkeit und tatsächlicher Auszahlung ist aufgrund des Gesetzeswortlaut keine teleologische Reduktion der Norm möglich, wenn der Hilfebedürftige dieses Auseinanderfallen nicht zu vertreten hat.
3. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Leistungen „nahtlos“ jeweils im Folgemonat der Fälligkeit erbracht werden (Entgegen SG Berlin vom 18.1.2019 - S 37 AS 12211/18).
Orientierungssatz
Maßgeblich ist auch nicht, ob die Leistungen für "länger zurückliegende Zeiträume" gewährt werden.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in dem Zeitraum vom 1.10.2017 bis 31.5.2018. Sie wendet sich insbesondere gegen die monatliche Berücksichtigung erfolgter Krankengeldzahlungen als Einkommen im Wege der Aufteilung der Zahlungen auf 6 Monate.
Die Klägerin ist am … 1972 geboren. Sie bewohnt eine Mietwohnung am K. in T. Für diese Wohnung entrichtete sie in dem Bewilligungszeitraum eine monatliche Miete in Höhe von 577,30 €. Die Kaltmiete beträgt 404,00 €. Daneben sind Heizkostenabschläge in Höhe von 95,00 € und Nebenkosten in Höhe von 78,30 € zu zahlen.
Der Klägerin wurde ab dem 12.12.2016 Krankengeld durch die IKK … in Höhe von 28,54 € netto gewährt. Krankengeld wurde der Klägerin bis 29.8.2017 gewährt. Ab dem 30.8.2017 bis 11.1.2018 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld I. Nachfolgend bezog sie ab dem 12.1.2018 wieder Krankengeld. Die Zuflüsse von Krankengeld und Arbeitslosengeld und die Ermittlung des Einkommens durch den Beklagten erfolgten wie folgt für den Gesamtzeitraum wie folgt:
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Monat |
Zuflusstag |
Betrag Kranken- geld (K) oder Arbeitslosen- geld (ALG) |
für Zeitraum |
als laufende Zahlung berück- sichtigt |
als Einmal- zahlung berück- sichtigt |
Einmal- zahlung / 6 Monate |
Zeitraum der Be- rücksichti- gung als Einmal- zahlung |
Mai 2017 |
5.5.2017 |
799,12 € K |
6.4.2017 bis 3.5.2017 (28 Tage) |
85,62 € (1.5.-3.5) |
713,50 € (6.4.-30.4) |
118,92 € |
Mai bis Oktober 2017 |
31.5.2017 |
742,04 € K |
Mai 2017 |
742,04 € |
- |
- |
- |
Juli 2017 |
3.7.2017 |
856,20 € K |
30.5. bis 29.6.2017 |
- |
856,20 € |
- |
- |
28.7.2017 |
742,04 € K |
30.6. bis 25.7.2017 |
713,50 € |
28,54 € |
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in 8/2017 angerechnet |
August 2017 |
4.8.2017 |
456,64 € K |
1.8- 16.8.2017 |
456,64 € |
- |
- |
- |
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884,74 € |
30.5.- 30.6.2017 |
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884,74 € |
147,46 € |
August 2017 bis Januar 2018 |
Oktober 2017 |
1.9.2017 |
371,02 € K |
17.8.- 29.8.2017 |
- |
371,02 € im Zufluss- Zeitpunkt Leistungen für Sep. 2017 be- reits aus- gezahlt |
371,02 € + 804,16 € / 6 = 195,87 € |
Oktober 2017 bis März 2018 |
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16.10.2017 |
804,16 € ALG |
30.8.-30.9.2017 |
- |
804,16 € |
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753,90 € ALG |
Okt. 2017 |
753,90 € |
- |
- |
- |
November 2017 |
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753,90 € ALG |
Nov. 2017 |
753,90 € |
- |
- |
- |
Dezember 2017 |
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753,90 € ALG |
Dez. 2017 |
753,90 € |
- |
- |
- |
Januar 2018 |
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653,38 € ALG |
Jan 2018 |
653,38 € |
- |
- |
- |
Februar 2018 |
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678,51 € |
27.1. bis 23.2.2018 |
577,99 € |
100,52 € |
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März 2018 |
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703,64 € |
24.2.- 21.3.2018 |
527,73 € |
175,91 € |
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April 2018 |
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678,51 € |
22.3.- 18.4.2018 |
452,34 € |
226,17 € |
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Mai 2018 |
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703,64 € |
19.4.- 16.5.2018 |
402,08 € |
301,56 € |
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Durch den Bescheid vom 16.7.2018 bewilligte der Beklagte der Klägerin in dem Zeitraum vom 1.10.2017 bis 31.5.2018 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Als Bedarf berücksichtigte der Beklagte den Regelbedarf in Höhe von 409,00 € von Oktober bis Dezember 2017 und in Höhe von 416,00 € ab Januar 2018. Daneben wurde ein Mehrbedarf für Warmwassererzeugung in Höhe von 9,41 € und ein unabweisbarer laufender Bedarf im Oktober und November 2017 für den 21.10. und 2.11. in Höhe von 8,00 € berücksichtigt.
Die Grundmiete wurde mit 404,00 €, die Heizkostenpauschale mit 85,00 € und die Nebenkostenpauschale mit 78,30 € berücksichtigt.
Der Beklagte ermittelte das Einkommen der Klägerin wie folgt:
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Oktober 2017 |
1.186,15 € |
(118,92 + 195,87 + 147,46 + 753,90 €) - 30 € |
November 2017 |
1.067,23 € |
(195,87 + 147,46 + 753,90 €) - 30 € |
Dezember 2017 |
1.067,23 € |
(195,87 + 147,46 + 753,90 €) - 30 € |
Januar 2018 |
966,71 € |
(195,87 + 147,46 + 653,38 €) - 30 € |
Februar 2018 |
844,38 € |
(195,87 € + 678,51 €) - 30 € |
März 2018 |
869,51 € |
(195,87 € + 703,64 €) - 30 € |
April 2018 |
643,51 € |
678,51 € - 30 € |
Mai 2018 |
673,64 € |
703,63 € - 30 €. |
Hieraus ergab sich für die Monate Oktober bis Dezember 2017 kein Leistungsanspruch. Ab Januar 2018 erfolgte die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Die Klägerin erhob durch ihre Bevollmächtigte am 23.7.2018 Wider...