Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Sonderbedarf. mehrtägige Klassenfahrt. Höhe. schulrechtliche Bestimmung
Orientierungssatz
1. Hält sich eine Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen (§ 23 Abs 3 S 1 Nr 3 SGB 2), sind weitergehende Erwägungen betreffend die Notwendigkeit oder Angemessenheit einer Klassenfahrt seitens des Grundsicherungsträgers und auch seitens der Gerichte nicht mehr anzustellen.
2. Ersparte Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt (insbesondere für Verpflegung) sind nicht in Abzug zu bringen, da der Schüler regelmäßig mindestens in dieser Höhe angemessenes Taschengeld für die Klassenfahrt benötigt (vgl OVG Lüneburg vom 6.7.1990 - 4 L 99/89 = FEVS 42, 79).
Tatbestand
Der Kläger begehrt weitere Leistungen für eine mehrtägige Klassenfahrt nach Berlin von der Beklagten.
Der 1987 geborene Kläger besucht das Wirtschaftsgymnasium an der Kaufmännischen Schule in X.. In der Oberstufe (Klasse 11) fand vom 20.04. bis 24.04.2005 eine Klassenfahrt nach Berlin statt. In einem Informationsbrief der Schule an die Eltern und Schüler heißt es unter anderem:
“Das Wirtschaftsgymnasium X. plant für die Klassen WG 11 im Rahmen des Faches Geschichte/Gemeinschaftskunde ein “Projekt Berlin". Es handelt sich dabei um eine fünftägige politische Informationsreise von Mittwoch 20.04. bis Sonntag 24.04.2005 mit verpflichtenden Besuchen beim Bundestag, Bundesrat, Ministerien, Abgeordneten, Botschaften (..) Die ausgewählten politischen Themen sind alle durch den Lehrplan im Fach Geschichte/Gemeinschaftskunde abgedeckt (..) Die voraussichtlichen Fixkosten werden ca. 160,00 € betragen. Da die anfallenden Rechnungen vor Auszahlung der Zuschüsse beglichen werden müssen, wird von den Begleitlehrern zunächst ein Teilnehmerbetrag in Höhe von 200,00 € eingesammelt. Verbleibende Überschüsse können dann nach der Endabrechnung im Juni/Juli 2005 an die teilnehmenden Schülerinnen/Schüler zurückerstattet werden.
Die Schulleitung und die begleitenden Fachleiter bitten Sie als Erziehungsberechtigte um die Zusage zu diesem pädagogisch und politisch gehaltvollen “Projekt Berlin".
Der Kläger beantragte am 18.03.2005 bei der Beklagten einen Zuschuss in Höhe von € 200,00 für die Klassenfahrt. Mit Schreiben vom 21.09.2005 erinnerte er an seinen Antrag.
Mit Schreiben vom 27.09.2005 teilte die Beklagte mit, dass ein Zuschuss in Höhe von € 50,00 am 07.05.2005 dem Kläger überwiesen worden sei.
Der Kläger teilte mit Schreiben vom 24.10.2005 mit, er habe vom selbst eingezahlten Vorschuss in Höhe von € 200,00 einen Betrag von € 75,00 zurückerstattet bekommen. Den Zuschuss der Beklagten von € 50,00 habe er erhalten. Den Restbetrag von € 75,00 bitte er ebenfalls zu erstatten.
Mit Schreiben vom 18.11.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass für mehrtägige Klassenfahrten nur ein Pauschalbetrag in Höhe von € 50,00 gewährt werde. Der Restbetrag in Höhe von € 75,00 seien nach dem SGB II nicht erstattungsfähig.
Hiergegen erhob der Kläger am 28.11.2005 Widerspruch. Der Bedarf für die Klassenfahrt sei im Regelsatz nicht abgedeckt. Es sei weder möglich noch zumutbar, die Kosten aus den Regelsatzleistungen zu bestreiten.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2005 als unbegründet zurückgewiesen. Die Klassenfahrt nach Berlin gehöre nicht zu einer Pflichtveranstaltung, die im Lehrplan vorgesehen sei. Nachdem das SGB II allerdings die Gewährung von Leistungen für eine mehrtägige Klassenfahrt vorsehe, werde ein pauschaler Zuschuss von € 50,00 gewährt. Ein höherer Zuschuss könne nicht gewährt werden.
Hiergegen erhob der Kläger am 12.12.2005 Klage zum Sozialgericht Ulm. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Die Klassenfahrt sei im Rahmen des Faches Geschichte/Gemeinschaftskunde erfolgt. Die Leistungen für eine Klassenfahrt seien nicht in der Regelleistung enthalten. Die Kosten von € 125,00 seien angemessen. Die Höhe der von der Beklagten gezahlten Pauschale von € 50,00 sei nicht nachvollziehbar. Beispielsweise gewähre die Stadt X. für die Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt im Inland Zuschüsse bis zu € 150,00. Es wirke sich gegenüber dem Kläger diskriminierend aus, wenn ihm die Teilnahme an einer solchen Fahrt durch die Verweigerung der Unterstützung der Beklagten verweigert werde.
Er beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere € 75,00 für die Klassenfahrt zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt auf die Begründungen der angegriffenen Bescheide Bezug. Die Teilnahme an der Klassenfahrt sei nicht zwingend, da es sich bei der fünftägigen politischen Bildungsreise nicht um eine Pflichtveranstaltung gehandelt habe, auch wenn die Themen durch den Lehrplan Geschichte/Gemeinschaftskunde abgedeckt seien.
Im Erörterungstermin vom 15.02.2006 erklärten sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverst...