Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstige Angelegenheiten
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid vom 6. November 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. April 1996 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, eine Panikstörung und Somatisierungsstörung des Klägers als Unfallfolge anzuerkennen und in gesetzlichem Umfang zu entschädigen.
2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht die Anerkennung und Entschädigung von Unfallfolgen im Streit.
Der 1960 geborene Kläger war als selbständiger Maurermeister tätig. Er stürzte am 9. Dezember 1994 von einem 1,5 Meter hohen Gerüst und zog sich eine Commotio cerebri zu. Einen Tag nach dem Unfall stellte Dr. C. unter anderem in psychischer Hinsicht keine krankhaften Störungen fest. In seinem Befundbericht vom 10. Januar 1995 berichtete Dr. C. von einem posttraumatischen Kopfschmerzsyndrom mit Kopfschmerzen im Sinne einer Migraine accompagne. Dr. D. stellte demgegenüber in seinem neurologischen Befundbericht vom 22. Januar 1995 neben einer Commotio cerebri eine traumatische Angstneurose fest. Unter dem 17. März 1995 berichtete Dr. C. von einem psychogen überlagerten posttraumatischen HWS-Syndrom mit migräniformen Kopfschmerzen. Er verwies zudem auf eine erkennbare psycholabile Persönlichkeitsstruktur mit Neigung zu hypochondrischer Tendenz. In einem weiteren Bericht vom 30. März 1995 gab er ein posttraumatisches Schwindelsyndrom an.
Die Beklagte veranlaßte eine neurochirurgische Begutachtung durch Prof. Dr. E./Dr. F. Diese stellten unter dem 10. Mai 1995 ein massives posttraumatisches Kopfschmerzsyndrom fest, das deutliche Züge einer sogenannten Begleitmigräne trage. Eine unfallbedingte Verletzung der Halswirbelsäule schlossen die Gutachter definitiv aus. HNO-Arzt Dr. G. schloß in seinem von der Beklagten ebenfalls eingeholten Gutachten vom 1. September 1995 eine Ursache der geklagten Kopfschmerzen auf HNO-ärztlichem Gebiet aus.
Dr. H. stellte in seinem von der Beklagten eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 21. September 1995 fest, daß sich mit neurologischen Untersuchungsmethoden weder ein Lagenschwindel noch ein cervikogener Schwindel verifizieren lasse. Auffällig sei indes das Verhalten des Klägers, was den psychischen Befund angehe. Hier liege offensichtlich eine erhebliche depressive Reaktion mit Anklammerungsfunktion und regressiv kindlichem Verhalten vor, die völlig im Gegensatz stehe zu der ursprünglich bestehenden Leistungsbetontheit und Leistungsfähigkeit des Klägers. Bei rein leistungsmotivierten Menschen sehe man häufig erhebliche Fehlreaktionen, wenn Unfallereignisse mit körperlicher subjektiver Leistungsbeeinträchtigung einträten. Jedoch sei aus seiner Sicht festzuhalten, daß wohl eher persönlichkeitsimmanente Faktoren die Hauptrolle spielten. Was den organischen Anteil angehe, sei das Unfallereignis nicht geeignet gewesen, das bestehende Beschwerdebild einschließlich der angeblich bestehenden Migraine accompagn6e hervorzurufen.
Mit Bescheid vom 6. November 1995 lehnte die Beklagte den Rentenspruch des Klägers ab. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit liege nicht mehr vor.
Dem widersprach der Kläger am 23. November 1995. Er legte ein nervenärztliches Gutachten des Dr. J. vom 27. Februar 1996 vor, der keine aggravations- oder rentenneurotische Fixierung beim Kläger feststellte und diesen für berufsunfähig hielt. Vorgelegt wurde außerdem eine gutachterliche Stellungnahme der Neurologin K. vom 1. März 1996, die von Antriebsarmut, resignativ-depressiver Stimmungslage sowie von Auswirkungen der psychosomatischen Begleiterkrankung und phobischen Syndromen berichtete. Der Unfall sei conditio sine qua non für die jetzige Erkrankung.
Die Beklagte holte ein psychosomatisches Fachgutachten bei Prof. Dr. L./Dr. M. ein. Die Gutachter führten unter dem 25. März 1996 aus, daß die psychische Entwicklung des Klägers seit dem Unfall äußerst auffällig sei. Nach dem Unfall habe sich der Kläger durch die Kopfschmerzen und den Schwindel nicht mehr in der Lage gesehen, sein Bauunternehmen zu führen. Er habe viele Aufträge mit festen Terminierungen gehabt und habe fürchten müssen, daß bei Nichterledigung Regreßansprüche gestellt worden wären. Eine auffällige psychische Veränderung des Verhaltens des Klägers sei allerdings erst 3 Monate nach dem Unfall zu erkennen (Arztbrief des Dr. C.). Es bestehe eine massive regressive Bewegung mit pseudodebilen Zügen, Anklammerungsverhalten und herz- bzw. angstneurotischen Kennzeichen, die sich offensichtlich erst etwa im Mai des folgenden Jahres, also 6 Monate nach dem Unfall, ereignet habe. Im Grunde handele es sich um einen leichten Arbeitsunfall, der glimpflich verlaufen sei und ganz offensichtlich kaum organische Verletzungen und Beeinträchtigungen nach sich gezogen habe. So könne festgestellt werden, daß der Unfall für das komplexe und sich im Verlauf wandelnde Beschwerdebild nicht ursächlich verant...