Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf für Alleinerziehende. auswärtige Unterbringung der Kinder in Gehörloseninternat. Besuchsaufenthalte an Wochenenden und in der Ferienzeit
Orientierungssatz
Die auswärtige Unterbringung eines minderjährigen Kindes in einem Internat für gehörlose Menschen steht der Gewährung eines Mehrbedarf für Alleinerziehende gemäß § 21 Abs 3 Nr 2 SGB 2 nicht entgegen, wenn sich das Kind an den Wochenenden und in Ferien- und Krankheitszeiten in der Familienwohnung aufhält und durch diese Zeiten ein überwiegender (mehr als 50 %iger) Aufenthalt in der Familienwohnung nachgewiesen werden kann.
Tenor
Die Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 02.07.2012, 13.07.2012 und 23.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2013 sowie des Änderungsbescheides vom 11.03.2013 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01.11.2011 bis 31.07.2012 einen Mehrbedarf für Alleinerziehende für die Betreuung und Pflege ihrer Tochter D. zu gewähren und dem Kläger in diesem Zeitraum Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt 9/13 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende nach dem SGB II.
Die Klägerin ist alleinerziehende Mutter von vier Kindern. Zum maßgeblichen Zeitraum ab Oktober 2011 lebte sie mit dem Kläger, ihrem Sohn, sowie einem weiteren volljährigen Sohn zusammen. Die beiden Töchter der Klägerin, D. (geb. 1995) und E. (geb. 1994), besuchten eine Schule für Gehörlose, um das Abitur zu erlangen. Sie waren in Internaten in F-Stadt und G-Stadt vollstationär untergebracht. Der Vater der Kinder hielt sich in den USA auf und beteiligte sich weder finanziell noch bei der Erziehung der Kinder.
Mit Bescheid vom 26.08.2011 gewährte die Beklagte der Klägerin, dem Kläger sowie den beiden Töchtern für den Zeitraum vom 01.09.2011 bis 29.02.2011 unter Anrechnung von Kindergeld und Erwerbseinkommen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II in Höhe von monatlich 797,00 Euro. Mit Bescheid vom 24.10.2011 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit ab 01.11.2011 auf und bewilligte nur noch Leistungen für die Klägerin und den Kläger in Höhe von monatlich 142,00 Euro. Die beiden Töchter der Klägerin seien seit der Unterbringung in Internaten für Gehörlose nicht mehr leistungsberechtigt, weil ihr gesamter Bedarf über den Landeswohlfahrtsverband abgedeckt werde. Weitere Leistungen für den Zeitraum vom 01.03.2012 bis 31.08.2012 gewährte die Beklagte mit Bescheiden vom 07.03.2012, 13.07.2012 und 23.07.2012.
Am 21.06.2012 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 24.10.2011. Fehlerhaft seien ihre beiden Töchter komplett aus der Leistungsberechnung herausgenommen worden. Sie bilde mit diesen an den Wochenenden und in den Ferien eine temporäre Bedarfsgemeinschaft.
Mit Bescheid vom 02.07.2012 lehnte die Beklagte eine Änderung des zur Überprüfung gestellten Bescheides ab. Die Zuständigkeit im Falle stationärer Leistungen beim Besuch einer Schule läge komplett beim Landeswohlfahrtsverband bzw. beim Amt für Soziale Arbeit.
Der Bevollmächtigte der Kläger legte gegen die Bescheide vom 02.07.2012 sowie gegen die Änderungsbescheide vom 13.07.2012 und vom 23.07.2012 Widerspruch ein und stellte die seit dem 24.10.2011 ergangenen Leistungsbescheide zur Überprüfung. Die Bescheide seien rechtswidrig, weil der Klägerin kein Mehrbedarf für Alleinerziehende gewährt worden sei. Sie lebe nach wie vor mit ihren Töchtern zusammen und sei alleine für deren Pflege und Erziehung zuständig. Der Internatsaufenthalt stehe dem nicht entgegen.
Mit Widerspruchbescheid vom 04.03.2013 half die Beklagte dem Widerspruch hinsichtlich der zunächst ebenfalls streitigen Berechnung der Einkommensfreibeträge ab und wies die Widersprüche im Übrigen zurück. Ein Änderungsbescheid hinsichtlich der veränderten Einkommensanrechnung erging am 11.03.2013. Die Beklagte führte aus, ein Alleinerziehendenzuschlag für die beiden auswärts untergebrachten Töchter sei nicht zu gewähren. Bei einer überwiegenden Abwesenheit eines minderjährigen Kindes während der Woche liege kein Zusammenleben vor. Darüber hinaus fehle es an einem höheren Zeitaufwand durch das alleinige Erziehen und an dadurch verursachten Mehrkosten für die Lebensführung. Mehrkosten für Alleinerziehende fielen im Allgemeinen für die Kontaktpflege mit anderen Erwachsenen und für gelegentliche Dienstleistungen an sowie aufgrund der fehlenden Flexibilität z.B. für weniger preisgünstige Einkäufe.
Die Kläger haben binnen Monatsfrist Klage erhoben. Der Klägerin sei wegen der alleinigen Erziehung und Pflege ihrer Töchter ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II zu gewähren. Denn trotz der Unterbringung ihrer Töchter im Internat lebten diese nach wie vor in der Familienwohnung und seien am Wochenende und ...