Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Höhe. Absenkung von 67 Prozent auf 65 Prozent durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011. vor dem 1.1.2011 geborene Kinder. Grundsätze des intertemporalen Rechts

 

Leitsatz (amtlich)

Die Kürzung der Höhe des Elterngeldes von 67 Prozent auf 65 Prozent des durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 (juris: HBeglG 2011) ist nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts mangels einer vom Gesetzgeber getroffenen Übergangs- oder Stichtagsregelung erst für Elterngeldansprüche im Zusammenhang mit Geburten von Kindern ab dem 1.1.2011 anwendbar.

 

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 27. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2011 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Elterngeldes für die Zeit vom 26. Juli bis 25. September 2011.

Der Kläger beantragte am 6. August 2010 bei dem Beklagten die Gewährung von Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat seines am 26. Juli 2010 geborenen Kindes B. B.. Dabei legte er eine Verdienstbescheinigung seines Arbeitgebers vom 2. August 2010 für die Zeit von Juli 2009 bis Juni 2010 und ein Schreiben seines Arbeitgebers vom 23. August 2010 vor, das ihm bestätigt, dass er für die Zeit vom 26. Juli bis 25. September 2011 Elternzeit beantragt hat. Mit Bescheid vom 9. September 2010 gewährte der Beklagte dem Kläger unter Zugrundelegung von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit für die Zeit vom 26. Juli bis 25. September 2011 Elterngeld in Höhe von 1.490,67 Euro monatlich.

Mit Bescheid vom 27. Januar 2011 änderte der Beklagte unter Berufung auf die Regelung des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) seinen Bescheid vom 9. September 2010 für die Zeit ab dem 26. Juli 2011 ab und setzte die Höhe des Elterngeldes auf einen Monatsbetrag von 1.446,17 Euro fest. Zur Begründung führte der Beklagte an, dass sich die für die Entscheidung maßgeblichen Verhältnisse durch Art. 14 des Haushaltbegleitgesetzes 2011 insofern geändert hätten als Elterngeld nunmehr von 67 Prozent auf 65 Prozent des durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit abgesenkt worden sei. Die übrigen Festsetzungen und Hinweise aus dem Ursprungsbescheid gälten weiter. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit einem am 28. Februar 2011 bei dem Beklagten eingegangenem Schreiben vom 25. Februar 2011 Widerspruch ein. Den Widerspruch begründete der Kläger damit, dass Änderungen nicht rückwirkend auf Geburten vor dem Jahr 2011 angewandt werden dürften. Nach dem Gesetzeszweck komme es für das Elterngeld auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Geburt des Kindes an.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2011 wies der Beklagten diesen Widerspruch als unbegründet zurück. Die Absenkung des Elterngeldes sei durch Art. 14 des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 erfolgt. Von dieser Gesetzesänderung seien auch Antragsteller betroffen, denen im Jahr 2011 mindestens ein voller Monat an Leistungen zustehe. Eine Stichtagsregelung bzw. Bestandssicherung sei vom Gesetzgeber gerade nicht beschlossen worden.

Dagegen richtet sich die am 17. Juni 2011 vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhobene Klage.

Der Kläger ist der Auffassung, dass bereits die formellen Voraussetzungen für eine Änderung der ursprünglichen Bewilligung von Elterngeld nach § 48 SGB X nicht vorliegen, da es sich bei dieser Bewilligung von Elterngeld nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handele. Im Übrigen ist der Kläger der Auffassung, dass es für das Elterngeld auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Geburt des Kindes ankomme und Änderungen nicht rückwirkend auf Geburten vor dem Jahr 2011 angewandt werden dürften.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 27. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2011 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält seinen Änderungsbescheid für rechtmäßig. Er verweist darauf, dass das Haushaltsbegleitgesetz 2011 am 1. Januar 2011 in Kraft getreten sei. In der Gesetzesbegründung werde der Wille des Gesetzgebers deutlich, die Änderungen ohne Übergangsregelung umzusetzen. Eine Stichtagsregelung sei im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich erörtert und aus Haushaltsgründen abgelehnt worden (BT-Drs. 17/3361, S. 4), Im Übrigen werde, wie der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) und der Umstand, dass Elterngeld - wie sich aus den Regelungen des § 1 Abs. 6 und § 4 Abs. 4 BEEG ergebe - lebensmonatsweise geprüft und festgestellt. Daher könne Elterngeld für die Zukunft für volle Monate aufgehoben werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte...

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