Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung: Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall. Kausalität zwischen einem Unfall und einem Gesundheitsschaden bei einer Achillessehnenruptur
Orientierungssatz
1. Die Annahme einer Kausalität zwischen einem Unfallereignis und einem Gesundheitsschaden infolge eines Arbeitsunfalls (hier: Achillessehnenruptur) scheidet aus, wenn der vom Betroffenen geschilderte biomechanische Ablauf des Unfalls den Eintritt des Gesundheitsschadens nicht erklären kann.
2. Einzelfall zur Bewertung der Kausalität zwischen einem Unfallereignis und einem Gesundheitsschaden im Rahmen der Prüfung von Ansprüchen aus einem Arbeitsunfall (hier: Kausalität verneint).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung des Ereignisses vom 26.1.2009 als Arbeitsunfall und eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 % wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalls.
Der Kläger ist 1958 geboren. Er arbeitet als kaufmännischer Angestellter bei der C-Bank in B-Stadt. Am 26.1.2009 ist er nach der Schilderung in H-Arztbericht vom 27.1.2009 gegen 18:00 Uhr auf dem Heimweg beim Aussteigen aus dem Pkw mit dem rechten Fuß hängen geblieben, gestürzt und mit dem linken Fuß in eine Vertiefung getreten. Die Erstdiagnose lautete Achillessehnenruptur links. Der Kläger wurde sodann am 27.1.2009 stationär in der orthopädischen Klinik Braunfels bis 5.2.2009 aufgenommen. Dort wurde am 28.1.2009 die Achillessehnenruptur operativ versorgt. In dem pathologisch-anatomischen Bericht vom 30.1.2009 wurde das eingeschickte Gewebe als aufgefasertes, 1 cm langes und bis 0,4 cm durchmessendes, weißliches Gewebe beschrieben. Es seien nur wenige einsprossende resorbtive Entzündungszellen, kein Siderinpigment und keine Fettinseln erkennbar. Es handele sich um eine frische, in eben beginnender Resorption stehende Ruptur der Achillessehne links. Dieser Befund passe zu einem frischen Trauma. Ausweislich der Unfallanzeige vom 29.1.2009 sei der Kläger beim Aussteigen aus dem Pkw auf eisglatter Fahrbahn ausgerutscht und gestürzt. In dem Fragebogen der Beklagten teilte der Kläger zum Unfallhergang mit, er sei aus dem Pkw beim Aussteigen mit dem Fuß hängen geblieben und gestürzt durch Wegrutschen des linken Fußes auf glatter und unebener Straße. Ausweislich der Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. D. vom 13.7.2009 sei keine rentenberechtigende MdE verblieben. Der weitere Beratungsarzt Dr. E. teilte am 6.10.2009 wörtlich mit, der geschilderte Ablauf (Wegrutschen auf glattem Boden) sei “nicht geeignet nach der Literatur„. Mit Bescheid vom 15.1.2010 teilte die Beklagte mit, Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Ereignisses vom 26.1.2009 bestünden nicht. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 29.1.2010 Widerspruch ein. Im Widerspruchsbescheid vom 15.4.2010 half die Beklagte nicht ab. Hiergegen hat der Kläger am 27.4.2010 Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben. Mit Beschluss vom 14.5.2010 wurde der Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Wiesbaden verwiesen.
Der Kläger behauptet in der Klagebegründung, er sei beim Aussteigen aus dem Auto mit dem rechten Fuß hängen geblieben, auf dem vereisten Boden ausgerutscht und dadurch mit dem linken Fuß in eine Bodenvertiefung getreten, die sich unmittelbar neben dem Ausstieg befand. Dabei habe er mit dem linken Fuß durch das Ausrutschen keine Kontrolle mehr über seinen Bewegungsablauf gehabt. Unter Vorlage eines unfallchirurgischen Fachgutachtens des Dr. F. vom 9.8.2010 sei zweifelsfrei von einer unfallbedingten Achillessehnenruptur auszugehen. Nach Erstellung des gerichtlichen Gutachtens des Dr. G. behauptete der Kläger, er sei nach vorne gefallen. Gegenüber dem Sachverständigen Dr. H. behauptete der Kläger, er sei beim Aussteigen aus dem Pkw mit dem linken Fuß auf Schnee aufgetreten, der nach starken Schneefällen am Straßenrand reichlich vorhandenen gewesen und oberflächlich verharscht und vereist gewesen sei. Er habe sein Körpergewicht auf das linke Bein verlagern und dieses strecken können. Dann sei er mit dem rechten Fuß an der Schwelle der Autotür hängen geblieben, wobei gleichzeitig der Schnee unter der Ferse des linken Fußes weggebrochen sei und die Last des Körpergewichts sich vom Rückfuß auf den Vorfuß verlagert habe. Dadurch sei es zu einer schlagartigen Fußhebung gekommen, wobei er das Gleichgewicht verloren habe und gestürzt sei. Der Kläger ist ferner der Ansicht, ihm stehe wenigstens eine Stützrente zu.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.1.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.4.2010 zu verurteilen, das Ereignis vom 26.1.2009 als Arbeitsunfall anzuerkennen und wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalls dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu gewähren,
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist unter Verweis einer weiteren ber...