Entscheidungsstichwort (Thema)

Landwirtschaftliche Krankenversicherung. Sachleistungsanspruch auf Betriebshilfe. Umwandlung in Kostenerstattungsanspruch. Satzung. Entstehung des Anspruchs erst nach Antragstellung. Übersendung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Antrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Sachleistungsanspruch auf Betriebshilfe nach § 9 Abs 3 KVLG 1989 wandelt sich gem § 8 Abs 1 KVLG 1989 iVm § 13 Abs 3 SGB 5 in einen Kostenerstattungsanspruch um, wenn der Leistungsträger die unaufschiebbare Leistung nicht erbringt und der Versicherte sie sich daher auf eigene Kosten beschaffen muss.

2. Die landwirtschaftliche Krankenkasse darf in ihrer Satzung vorsehen, dass der Anspruch auf Betriebshilfe nach § 9 Abs 3 KVLG 1989 erst nach Antragstellung entsteht.

3. In der Übersendung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann ein Antrag auf Betriebshilfe nach

§ 9 Abs 3 KVLG 1989 zu sehen sein, wenn die Satzung keine besondere Form für die Antragstellung vorsieht.

 

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheides vom 14.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2014, dem Kläger die Kosten für die in Anspruch genommene Betriebshilfe für den Zeitraum vom 30.12.2013 bis zum 08.01.2014 zu erstatten. Die Klage wird im Übrigen abgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu 90 % zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob der Kläger von der Beklagten die Erstattung der Kosten für eine in Anspruch genommene Betriebshilfe für den Zeitraum vom 29. Dezember 2013 bis zum 08. Januar 2014 verlangen kann.

Der am 21. Januar 1954 geborene Kläger ist bei der Beklagten als landwirtschaftlicher Unternehmer pflichtversichert. Wegen Gelenkverschleiß (Arthrose) des Hüftgelenkes wurde ihm eine stationäre Krankenhausbehandlung zwecks Implantation einer totalen Endoprothese des Hüftgelenks (TEP) verordnet, die mit der vorstationären Aufnahme am 04. November 2013 beginnen sollte. Am 21. Oktober 2013 stellte der Kläger bei der Beklagten deshalb einen Antrag auf Betriebshilfe für die Zeit der stationären Behandlung und der nachfolgenden Arbeitsunfähigkeit.

Mit Bescheid vom 11. November 2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger antragsgemäß für den Zeitraum ab dem 04. November 2013 Betriebshilfe. Im Entscheidungssatz führte die Beklagte aus: "[...] aufgrund Ihres Antrages vom 21.10.2013 erhalten Sie Betriebshilfe wegen Ihrer stationären Behandlung für die Dauer von längstens 13 Wochen und gegebenenfalls der daran anschließenden ärztlich bescheinigten Krankheit, längstens für vier Wochen." Dem Bescheid war ein Hinweisblatt beigefügt, in dem u.a. ausgeführt wurde, dass die Zusage befristet, eine Leistungsgewährung bei Vorliegen der Voraussetzungen jedoch über die angegebene Anspruchsdauer hinaus möglich sei. In diesem Fall sei ein Verlängerungsantrag vor Ablauf des genehmigten Zeitraums zu stellen.

Ab dem 04. November 2014 nahm der Kläger einen Mitarbeiter des evangelischen Betriebsdienstes als Betriebshilfe in Anspruch.

Nach acht Tagen stationärer Krankenhausbehandlung wurde der Kläger in eine Rehabilitationseinrichtung verlegt, wo er stationäre Leistungen der medizinischen Rehabilitation erhielt. Am 01. Dezember 2013 wurde er arbeitsunfähig nach Hause entlassen. Dr. C. bescheinigte dem Kläger für die Zeit nach der Entlassung weiterhin Arbeitsunfähigkeit (wegen Gelenkverschleiß - Arthrose - des Hüftgelenkes, ICD-10: M16.1 G L), zunächst bis zum 13. Dezember 2013 und sodann für die Zeit bis zum 29. Dezember 2013. Diese Bescheinigungen übersandte der Kläger jeweils an die Beklagte, die letztere am 17. Dezember 2013.

Am 27. Dezember 2013 wurde dem Kläger wiederum Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum bis zum 12. Januar 2013 bescheinigt. Diese Bescheinigung sandte der Kläger per Fax am 30. Dezember 2013 an die Beklagte.

Am 09. Januar 2014 reichte der Kläger ein unterschriebenes Antragsformular über "die Verlängerung der Betriebs- und Haushaltshilfe bei (ambulanter) Arbeitsunfähigkeit/Krankheit" bei der Beklagten ein.

Nach telefonischer Rücksprache erklärte der Kläger, dass die Betriebshilfe insbesondere deshalb notwendig sei, weil dringende Arbeiten zu verrichten seien. Insbesondere müsse der Schweinebestand versorgt werden. Er könne dies aufgrund der Arbeitsunfähigkeit nicht.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 14. Januar 2014 Betriebshilfe für den Zeitraum vom 09. Januar 2014 bis zum 12. Januar 2014. Soweit der Kläger Betriebshilfe für den Zeitraum vom 29.12.2014 bis zum 08.01.2014 begehrte, lehnte die Beklagte den Antrag wegen verspäteter Antragstellung im Übrigen ab.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 22. Januar 2014 Widerspruch. Aus dem Bescheid vom 11. November 2013 ginge hervor, dass die Betriebshilfe für 13 Wochen bewilligt sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 26. März 2014 zurück. Betriebshilfe während der Krankenhausbehandlung werde aufgrund § 9 Abs. 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landw...

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