Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Grüne Sichtschutzmatte aus Kunststoff hinter einem Maschendrahtzaun zwischen zwei Garten-Sondernutzungsflächen als nachteilige bauliche Veränderung
Der Mieter als gewillkürter Prozessstandschafter für ein Klageverfahren auf Beseitigung einer baulichen Veränderung
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 1004 BGB
Kommentar
1. Das Anbringen einer grünen Sichtschutzmatte aus Kunststoff hinter einem Maschendrahtzaun, der zwei Sondernutzungsflächen am Garten voneinander trennt, stellt grundsätzlich eine bauliche Veränderung dar, die für den am angrenzenden Gartenbereich Berechtigten mit einer optischen Beeinträchtigung verbunden ist. § 22 Abs. 1 WEG gilt auch für bauliche Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums auf Sondernutzungsflächen, sofern eine Gemeinschaftsordnung keine Regelung enthält, die einem einzelnen Berechtigten an diesen Flächen weitergehende Rechte einräumt als das Gesetz (h.M.).
Anhand der vorgelegten Fotografien konnte auch ohne Augenschein festgestellt werden, dass die grüne Kunststoffmatte als Sichtschutz mit einer Länge von 2,72 m und einer Höhe von 1,85 m das optische Erscheinungsbild der Anlage, vor allem vom Haus oder vom Gartenanteil der Nachbareigentümer aus gesehen, sehr nachteilig verändert. Darin liegt ein nicht hinzunehmender Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG (ebenfalls h.M.).
2. Der Mieter eines Wohnungseigentümers kann grundsätzlich mit dessen Ermächtigung den Anspruch auf Beseitigung einer baulichen Veränderung in eigenem Namen vor dem Wohnungseigentumsgericht geltend machen. Die Eigentümer hatten an den Mieter mit schriftlicher Erklärung ihre "Rechte als Grundstückseigentümer insoweit abgetreten, als dieser berechtigt sein soll, sämtliche Rechte des Grundstückseigentümers, welche das Nachbarschaftsverhältnis oder die Wohnungseigentümergemeinschaft dieser Anlage betreffen, in eigenem Namen außergerichtlich und gerichtlich geltend zu machen"; vgl. auch BayObLG, WE 91, 203; 98, 149; ein eigenes rechtliches Interesse des Antragstellers an der Geltendmachung des Anspruchs ist gegeben, da er aufgrund des Mietvertrags zur Nutzung der Wohnung und der Sondernutzungsfläche berechtigt ist und da Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis von der Entscheidung berührt werden können.
3. Nachdem AG und LG den Geschäftswert jeweils auf DM 2.000,- festgesetzt hatten, ergibt es in diesem Fall keinen Sinn, zwischen dem Geschäftswert und einer etwaigen Beschwer des Antragstellers oder des Antragsgegners zu unterscheiden. Hier ist bei einem Verfahren mit nur zwei formell und materiell Verfahrensbeteiligten der Geschäftswert mit der Beschwer des unterliegenden Teils identisch. Dies entspricht auch vergleichbarer Rechtsprechung des Senats (vgl. WM 94, 565/566; ZMR 95, 420 zur Beseitigung einer Markise und WM 98, 307 zur Beseitigung einer im Treppenhaus angebrachten Wandgarderobe).
4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert auch in dieser Instanz von DM 2.000,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 20.04.2000, 2Z BR 9/00)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer