Thomas Busching, Knut Unger
Rz. 120
Wie in Europa haben die Direktoren auch in Singapur das Recht und die Pflicht zur Geschäftsführung. Die Pflichten des Geschäftsführers einer Pte. Ltd. sind sowohl durch Gesetzesrecht als auch durch Richterrecht (Case Law) determiniert. Die Direktoren sind persönlich verantwortlich für die Erfüllung der Vorgaben des Companies Act. Zur Erfüllung dieser Aufgabe ist ihnen der Company Secretary zur Seite gestellt, der innerhalb von sechs Monaten nach Gründung der Gesellschaft ernannt werden muss.
Rz. 121
Gemäß Sec. 157 Companies Act muss ein Geschäftsführer jederzeit ehrlich handeln und bei der Ausübung seiner Pflichten die notwendige Sorgfalt walten lassen. Es ist ihm untersagt, Informationen, die er durch seine Stellung erlangt hat, missbräuchlich zu verwenden, etwa um sich oder einer anderen Person direkt oder indirekt einen Vorteil zu verschaffen oder der Gesellschaft zu schaden. Mit der letzten Änderung des Companies Act erstrecken sich diese Pflichten auch auf andere officer oder agent der Gesellschaft. Andere officer sind beispielsweise der Company Secretary, der Insolvenzverwalter oder jede Person, die in einer leitenden Funktion für die Gesellschaft tätig ist. Agent sind nach der Legaldefinition die derzeitigen, aber auch ehemaligen Banker, Anwälte oder Wirtschaftsprüfer der Gesellschaft.
Rz. 122
Zudem bestehen gegenüber der Gesellschaft Treuepflichten (Fiduciary Duties). Hieraus folgt die Verpflichtung zum Handeln im Interesse der Gesellschaft (das Handeln muss wirtschaftlich gerechtfertigt sein, commercially justifiable) unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Interessen von Gesellschaftern, Mitarbeitern und Gläubigern. Dies gilt insbesondere bei einer Gesellschaft in der Krise.
Rz. 123
Direktoren müssen die notwendige Fachkenntnis besitzen oder sie sich zumindest aneignen und auf dieser Grundlage die Geschäfte der Gesellschaft gewissenhaft und mit der erforderlichen Sorgfalt führen. Sie müssen ihre Rechte und Pflichten aus der Satzung und dem geltenden Recht kennen. Eine Übertragung ihrer Aufgaben auf andere Personen ist nur dann zulässig, wenn an deren Geeignetheit keine Zweifel bestehen.
Rz. 124
Interessenskonflikte sind zu vermeiden. Ein Direktor darf seine Position nicht dazu missbrauchen, sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Hierunter fällt z.B. die missbräuchliche Verwendung von Wissen, Mitteln oder Chancen der Gesellschaft. Dagegen sind Insichgeschäfte nicht per se untersagt, müssen aber offengelegt werden (vgl. dazu Sec. 156 Companies Act). Gleiches gilt für Interessenkonflikte, die sich aus dem Innehaben von Geschäftsführerpositionen in verschiedenen Gesellschaften ergeben. Es gilt zu beachten, dass in der letzten Änderung des Companies Act nicht nur die Direktoren, sondern auch der Chief Executive Officer (CEO) einer Gesellschaft von der Vorschrift erfasst ist und ihn somit die gleichen Pflichten treffen.
Rz. 125
Schließlich besteht die Verpflichtung, für den eigentlichen Unternehmenszweck ("the proper purpose") zu handeln. Diese Pflicht ist verletzt, wenn der Geschäftsführer seine Befugnisse zur Erreichung eines "falschen Ziels" missbraucht oder das Vermögen der Gesellschaft unangemessen verwendet bzw. veruntreut.
Rz. 126
Geschäfte, die unter Verletzung der allgemeinen Geschäftsführerpflichten nach Sec. 157 Companies Act getätigt wurden, sind nicht per se ungültig. Für den Direktor führt eine Verletzung dieser Pflichten jedoch sowohl zu einer zivilrechtlichen Haftung (im Ausmaß seines Vorteils oder des Schadens der Gesellschaft) als auch zu strafrechtlichen Sanktionen. Der Strafrahmen reicht von einer Geldstrafe (bis zu 5.000 SGD) bis zu einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Eine Solidarhaftung für pflichtwidriges Handeln der übrigen Direktoren ohne eigenes Verschulden gibt es nicht.