Leitsatz
Eine deutsche Staatsangehörige und ihr polnischer Ehemann vereinbarten vier Tage vor der Eheschließung Gütertrennung, einen umfassenden gegenseitigen Unterhaltsverzicht und den Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs. Bei Abschluss der Vereinbarung ging die Ehefrau keiner Erwerbstätigkeit nach und bezog Sozialhilfe. Der Ehemann besaß keine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis.
Sachverhalt
Die Antragstellerin begehrte als Folgesache im Verbundverfahren im Wege der Stufenklage nachehelichen Unterhalt wegen Krankheit. Der am 23.9.1970 geborene polnische Antragsgegner war im Mai 2000 aus Polen nach Deutschland eingereist. Hier lernte er im Juni 2000 die am 23.3.1955 geborene deutsche Antragstellerin kennen. Die Parteien heirateten am 25.7.2000, nachdem sie am 21.7.2000 in einem Ehevertrag Gütertrennung, einen umfassenden Unterhaltsausschluss und den Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs vereinbart hatten.
Bei Abschluss des Vertrages ging die Ehefrau keiner Erwerbstätigkeit nach. Wegen einer angeborenen Darmkrankheit war sie erheblich erwerbsgemindert und bezog Sozialhilfe. Der Ehemann besaß keine Aufenthalts- und keine Arbeitserlaubnis. Er wandte sich im August 2000 an das Sozialamt und erhielt Sozialhilfe.
Die Ehefrau erlitt am 23.7.2002 eine Gehirnblutung mit Störung des Sprachzentrums. Seither konnte sie eigene Angelegenheiten nicht mehr ohne fremde Hilfe wahrnehmen, war erwerbsunfähig und lebte von Sozialhilfe.
Die kinderlose Ehe wurde durch seit dem 29.11.2003 rechtskräftiges Verbundurteil geschieden. Das erstinstanzliche Gericht hat die von der Ehefrau im Verbundverfahren erhobene Stufenklage auf Zahlung nachehelichen Unterhalts abgewiesen. Auf die hiergegen von ihr eingelegte Berufung hat das OLG das amtsgerichtliche Urteil insoweit aufgehoben und den Ehemann verurteilt, Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Jahre 2003 zu erteilen. Mit der zugelassenen Revision erstrebte der Ehemann die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Sein Rechtsmittel hatte Erfolg.
Entscheidung
Anders als das OLG ging der BGH nicht von einer Sittenwidrigkeit des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages aus.
Folgerichtig hat er die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Stufenklage auf nachehelichen Unterhalt abgewiesen.
Der Vertrag sei im Verhältnis der Vertragsteile nicht sittenwidrig, da er angesichts der beiderseitigen Mittellosigkeit zu keiner einseitigen Lastenverteilung führe.
Der Unterhaltsverzicht sei wechselseitig gewesen, da beide Parteien sich vor einer späteren Inanspruchnahme schützen wollten. Auch im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe ergebe sich keine einseitige Lastenverteilung, welche die Berufung auf den Unterhaltsverzicht verwehre. Das Risiko der Krankheitssteigerung habe durch den Unterhaltsverzicht gerade ausgeschlossen werden sollen. Eine Sittenwidrigkeit des Vertrages wegen der Belastung des Sozialhilfeträgers scheide ebenfalls aus. Dies gelte nicht nur, wenn der Sozialhilfeempfänger bei Abschluss des Ehevertrages noch nicht verheiratet war und die Eheschließung vom Unterhaltsverzicht abhängig gemacht wurde. Die Befugnis der Ehegatten, ihr Ehebild abweichend von den gesetzlich geregelten Scheidungsfolgen zu vereinbaren, gebe ihn das Recht und die Möglichkeit, nicht ehebedingte Lebensrisiken eines Partners aus der gemeinsamen Verantwortung herauszunehmen. Aus dem Gedanken der nachehelichen Solidarität folge nichts anderes. Eine Verpflichtung zur Begünstigung des Sozialhilfeträgers kenne das geltende Recht nicht. Ein Ehevertrag könne allerdings dann sittenwidrig sein, wenn er auf der Ehe beruhende Familienlasten objektiv zum Nachteil des Sozialhilfeträgers regele.
Dies sei namentlich dann der Fall, wenn sich aus der Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse im Scheidungsfall Nachteile für einen Ehegatten ergeben würden, die an sich durch den nachehelichen Unterhalt ausgeglichen werden könnten, deren Ausgleich die Ehegatten aber vertraglich ausgeschlossen hätten.
Dies gelte auch dann, wenn ein von den Ehegatten vereinbarter Unterhaltsverzicht eine auf das Verhältnis der Ehegatten zueinander bezogenen Inhaltskontrolle standhalte, ohne dessen sozialhilferechtliche Bedürftigkeit entfallen zu lassen.
Ein solcher Fall liege hier jedoch nicht vor, da nach der konkreten Fallgestaltung bei keinem der Ehegatten ehebedingte Nachteile zu befürchten gewesen seien, auf deren Ausgleich sie zu Lasten des Sozialhilfeträgers hätten verzichten wollen.
Die Ehefrau sei bereits bei Vertragsschluss nicht in der Lage gewesen, für ihren Lebensunterhalt aufzukommen und habe deshalb Sozialhilfe bezogen. Selbst wenn die spätere Hirnblutung ihre Bedürftigkeit gesteigert hätte, wäre dies kein Nachteil, der durch die Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse bedingt wäre. Auch in der Person des Antragsgegners seien ehebedingte Nachteile, die durch seinen Unterhaltsverzicht auf die Sozialhilfe übergeleitet worden wären, nicht erkennbar.
Hinweis
Der BGH stellt b...