Dr. Jana Markechová, Margareta Sovova
Rz. 103
Der Erblasser als Schenker kann zu Lebzeiten über sein Vermögen nach Belieben verfügen und den Beschenkten uneingeschränkt beschenken. Es ist zu betonen, dass eine Schenkung nur unter Lebenden stattfinden kann. Das BGB sieht in § 628 Abs. 3 ausdrücklich vor, dass ein Schenkungsvertrag, der erst nach dem Tod des Schenkers erfüllt werden soll, ungültig ist.
Rz. 104
Gemäß § 484 BGB gilt, dass das Gericht den Erwerb der Erbschaft den Erbteilen bestätigt. Im Falle einer gesetzlichen Erbfolge wird dem Erbe auf sein Erbteil das angerechnet, was der Erbe zu Lebzeiten des Erblassers von ihm unentgeltlich bekommen hat, es sei denn, es handelt sich nicht um eine gewöhnliche Schenkung. Bei einem Erben i.S.d. § 473 Abs. 2 BGB ist zusätzlich das anzurechnen, was die Vorfahren des Erben vom Erblasser unentgeltlich erhalten haben. Nach dem slowakischen Erbrecht wird bezüglich der Anrechnung zwischen der gesetzlichen und der testamentarischen Erbfolge unterschieden.
Rz. 105
Die Anrechnung ist ein erbrechtliches Institut, das darauf abzielt, die Ungleichheit der Vermögenswerte zwischen den Erben zu beseitigen oder zumindest zu verringern, soweit sie auf das vom Erblasser stammende Vermögen zurückzuführen ist.
Rz. 106
Bei der gesetzlichen Erbfolge wird auf den Erbteil des Erben das angerechnet, was dieser zu Lebzeiten des Erblassers – abgesehen von gewöhnlichen Geschenken – von diesem unentgeltlich erhalten hat. Die Anrechnung ist bei der gesetzlichen Erbfolge von Amts wegen vorzunehmen.
Es sei erwähnt, dass das slowakische Recht einen Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht kennt.
Rz. 107
Demgegenüber wird bei der testamentarischen Erbfolge die Schenkung nur dann angerechnet, wenn der Erblasser dies im Testament ausdrücklich angeordnet hat oder der Erbe anderenfalls gegenüber einem pflichtteilsberechtigten Erben grundlos begünstigt wäre. Die Anrechnung erfolgt nur auf Antrag eines Erben.
Rz. 108
Was als gewöhnliches Geschenk anzusehen ist, wird nach dem konkreten Fall beurteilt. Entscheidend ist hierbei die Vermögenslage des Erblassers, der Erben, ggf. ihrer Familien; dies muss das zuständige Gericht, eventuell der Notar als Gerichtskommissar, prüfen. Die Schenkung einer Immobilie wird grundsätzlich nicht mehr als ein gewöhnliches Geschenk angesehen.
Rz. 109
Auch wenn der Vertrag, aufgrund dessen der Erbe zu Lebzeiten vom Erblasser ein Vermögen erworben hat, als Kaufvertrag bezeichnet wurde, ist es nicht ausgeschlossen, dass auch dieser Vermögenserwerb anzurechnen ist, wenn nachgewiesen wird, dass es sich um ein Scheingeschäft, d.h. um einen Schenkungsvertrag gehandelt hat, da der Erblasser vom Erwerber keine Gegenleistung verlangt oder der Erblasser dem Erwerber die Zahlung des Kaufpreises erlassen hat.
Rz. 110
Nach der Rechtsprechung erfolgt die Anrechnung i.S.v. § 484 BGB danach, dass zu dem Nettowert des Erbes alle Schenkungen zugerechnet werden, diese Gesamtsumme als Grundlage für die Festlegung der Erbanteile genommen wird und dann die einzelnen Schenkungen von den einzelnen Erbanteilen abgezogen werden. Übersteigen die Schenkungen den eigenen Erbanteil des beschenkten Erben, ist dieser nicht verpflichtet, etwas zurückzuerstatten.
Rz. 111
Der Wert der Schenkung zum Zeitpunkt deren Erwerbs (insbesondere bei Immobilien) muss nicht mit dem Wert der Schenkung zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers übereinstimmen; maßgebend ist der allgemeine Wert der Schenkung zum Zeitpunkt der Schenkung, d.h. also nicht zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers oder der Abwicklung der Erbschaft. Der allgemeine Preis ist der Preis, zu dem die gleiche (ähnliche) Sache am Ort und zur Zeit (der Schenkung) je nach Angebot und Nachfrage erworben werden könnte. Allerdings sind Härtefälle wie z.B. Schenkungen, die dem Beschenkten trotz dessen größter Sorgfalt keinen Gewinn gebracht haben, zu beachten und nach den Umständen des Einzelfalles abzuwägen.