Dr. Jana Markechová, Margareta Sovova
Rz. 1
Die materiell-rechtliche Regelung des slowakischen Erbrechts ist im siebten Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Nr. 40/1964 Slg., das am 1.4.1964 in Kraft trat, enthalten. Trotz der Tatsache, dass das BGB seitdem zahlreiche Änderungen erfahren hat, kann festgestellt werden, dass die vorgenommenen Änderungen, insbesondere die große Novelle Nr. 519/1991 Slg., das Problem der Diskontinuität mit der vorangegangenen 40-jährigen sozialistischen Entwicklung nicht konsequent gelöst hat.
Rz. 2
Obwohl im Jahr 2009 in der Slowakischen Republik ein ernsthafter politischer Wille und eine gesetzgeberische Absicht bestand, das veraltete BGB durch ein neues, modernes Bürgerliches Gesetzbuch zu ersetzen, das den veränderten gesellschaftlichen und politischen Veränderungen und damit dem EU-Recht entsprechen würde, kam es trotz großer Anstrengungen nicht zu dessen Verabschiedung.
Rz. 3
Der Entwurf des neuen BGB sah eine Modernisierung des Erbrechts vor, die vor allem zur Stärkung der Handlungsfreiheit des Erblassers bei der testamentarischen Erbfolge führen sollte. Insbesondere wurde vorgeschlagen, das Institut des Erbverzichts, des Vermächtnisses, des Erbersatzes und des Testamentsvollstreckers in die Gesetzesregelung aufzunehmen. Ebenso sollte der Erbvertrag als zusätzlicher Erbrechtstitel eingeführt werden. Da das neue BGB jedoch nicht verabschiedet wurde, blieben die vorgeschlagenen Änderungen lediglich Überlegungen de lege ferenda.
Rz. 4
Mit der jüngsten Verabschiedung des Gesetzes Nr. 161/2015 Slg. Zivilprozessordnung für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (ZPO) kam es u.a. dennoch zu einigen Änderungen im Erbverfahrensrecht. Es handelte sich dabei jedoch nur um einige kosmetische Änderungen, die hauptsächlich sprachlicher Natur waren und inhaltlich das Erbverfahrensrecht nur wenig verändert haben. Die Befugnisse des Notars als Gerichtskommissar zur Abwicklung von Erbschaften wurden in geringem Maße ausgeweitet. Hinsichtlich des materiellen Erbrechts gibt es derzeit weder politisch noch gesellschaftlich ernsthafte Bestrebungen, dieses Rechtsgebiet zu reformieren. M.E. wäre eine Reform des slowakischen Erbrechts jedenfalls zu begrüßen, insbesondere im Hinblick auf die beabsichtigte Modernisierung des Erbrechts.
Rz. 5
Seit dem 17.8.2015 gilt in der ganzen Europäischen Union die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (EuErbVO). Die EuErbVO bezieht sich dabei auf Erbfälle von Personen, die am 17.8.2015 oder später verstorben sind.
Rz. 6
Das Gesetz Nr. 97/1963 Slg. über das internationale Privat- und Prozessrecht (IPR) bleibt in der Slowakischen Republik weiterhin eine gültige und wirksame Regelung, und seine Bestimmungen werden nur dann angewendet, wenn die EuErbVO nichts anderes vorsieht. In § 17 IPR ist verankert, dass sich die erbrechtlichen Beziehungen nach der Rechtsordnung des Staates richten, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes besaß. Das IPR gilt für Erbschaftsfälle von Personen, die vor dem 17.8.2015 verstorben sind, sowie für Erbschaftsfälle, in denen die EuErbVO keinen Vorrang hat.
Rz. 7
In Bezug auf die Auseinandersetzung des Gesamthandseigentums der Ehegatten im Erbverfahren ist hervozuheben, dass die europäische Verordnung Nr. 2016/1103 des Rates vom 24.6.2016 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands auf dem Gebiet der Slowakischen Republik keine Anwendung findet, da die Slowakische Republik die Europäische Kommission um die verstärkte Zusammenarbeit nicht ersucht hat.
Rz. 8
Bestimmungen eventueller völkerrechtlicher Verträge im Bereich des Erbrechts gehen dem IPR vor. Zwischen der Slowakischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland wurde kein solches bilaterales Abkommen abgeschlossen.