Dr. Jana Markechová, Margareta Sovova
I. Gesetzliche Erbfolge
1. Grundlagen
Rz. 9
Die gesetzliche Erbfolge wird stets angewendet, wenn der Erblasser nicht testamentarisch über sein gesamtes Vermögen verfügt hat oder wenn eine solche Verfügung des Erblassers nicht wirksam getroffen wurde.
Rz. 10
Die gesetzliche Erbfolge wird in den §§ 473–475a BGB geregelt. Die Aufteilung der Erben in Erbenordnungen beruht auf der parentalen Erbfolge, die durch das Prinzip der Repräsentation ergänzt wird (mit Ausnahme der zweiten Ordnung). Das slowakische BGB bestimmt vier Ordnungen. Die Reihenfolge der Erbordnungen ist verbindlich, d.h. die Erben der nächsten Ordnung sind nur dann als Erben berufen, wenn die Erben der vorherigen Ordnung nicht erben. Erben, die derselben Ordnung angehören, werden gemeinsam als Erben berufen. Neben der Verwandtschaft erben auch der Ehegatte sowie die im BGB vorgesehenen Personen, die in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Erblasser gelebt haben.
2. Erste Ordnung
Rz. 11
In der ersten Ordnung erben die Kinder und der Ehegatte des Erblassers zu jeweils gleichen Teilen. Die Kinder des Erblassers können ausschließlich in der ersten Ordnung erben und ihre Stellung als Erben ist nicht an eine Erbstellung des Ehegatten gebunden. Falls ein Kind nicht erbt, geht sein Erbteil zu gleichen Teilen auf dessen Kinder über. Erben auch diese Kinder oder eines von ihnen nicht, so erben zu gleichen Teilen die Abkömmlinge des nicht erbenden Kindes.
Der Ehegatte kann in der ersten Ordnung allerdings nicht allein erben. Seine Erbberechtigung in der ersten Ordnung ist daher nur dann gegeben, wenn mindestens ein erbwürdiges Kind des Erblassers existiert.
Rz. 12
Für die Erbenstellung der Kinder des Erblassers ist es unerheblich, ob diese ehelich oder unehelich gezeugt bzw. adoptiert wurden. Auch der nasciturus genießt gem. § 7 BGB eine unbeschränkte Erbfähigkeit, wenn es lebend zur Welt kommt.
Gemäß § 82 des Gesetzes Nr. 36/2005 Slg. Familiengesetz (FamG) ist die Mutter des Kindes die Frau, die das Kind geboren hat.
Rz. 13
Die Vaterschaft eines Mannes kann nach der slowakischen Rechtsordnung in dreifacher Weise bestimmt werden. § 85 Abs. 1 FamG verankert die Vermutung, wonach Vater des Kindes ist, wer in dem im FamG vorgesehenen Zeitraum mit der Mutter des Kindes verheiratet gewesen ist. Ist die Bestimmung der Vaterschaft hierdurch nicht möglich oder wird die Vermutung widerlegt, kann gem. § 90 FamG die Vaterschaft durch übereinstimmende Erklärung beider Elternteile vor der zuständigen Behörde anerkannt werden. Wenn auch diese Art nicht in Betracht kommt, besteht sowohl für den Vater und die Mutter als auch für das Kind die Möglichkeit, einen Antrag auf Bestimmung der Vaterschaft beim zuständigen Gericht zu stellen.
Rz. 14
Auch die adoptierten Kinder sind erbberechtigt. Gemäß § 97 FamG sind adoptierte Kinder leiblichen Kindern gleichgestellt.
Anderes gilt hingegen für Pflege- oder Stiefkinder, welche grundsätzlich nicht in der ersten Ordnung erben. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass Pflege- oder Stiefkinder in der zweiten oder dritten Ordnung erben.
Rz. 15
Gesetzliche Voraussetzung für die Erbenstellung des Ehegatten ist eine formalgültige Ehe mit dem Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes. Das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt ist dabei nicht erforderlich. Andererseits entsteht durch das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt in einem familienähnlichen Verhältnis grundsätzlich nicht das Recht zum Erben in der ersten Parentel.
Es ist daher unerheblich, ob vor dem Tod des Erblassers die Scheidung eingereicht worden ist. Auch ein bereits ergangenes Scheidungsurteil, welches allerdings zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers noch nicht rechtskräftig geworden ist, vereitelt nicht das Erbrecht des Ehegatten.
Rz. 16
Leben die Eheleute in einem gesetzlichen Güterstand der Gütergemeinschaft nach slowakischem Recht, ist dieser nach dem Ableben eines Ehegatten zunächst auseinanderzusetzen. Der Güteranteil, welcher dem Erblasser zustehen würde, wird dann die Erbmasse im Nachlassverfahren. Bei der Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft der Ehegatten stellt das Gericht nach den in der Bestimmung des § 150 BGB angeführten Grundsätzen fest, was von dem betreffenden Vermögen zur Erbschaft und was dem überlebenden Ehegatten gehört. Das Gericht erstellt ein abschließendes Vermögensverzeichnis sämtlicher Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Erbschaft.
Rz. 17
Aus § 473 Abs. 1 BGB folgt, dass alle Erben der ersten Ordnung gemeinsam und zu gleichen Teilen erben. Die Höhe der Erbanteile der Erben hängt daher von der Anzahl aller Erben ab. Sollte einer der Erben nicht erben, geht sein freigewordener Erbteil auf die anderen Erben nach dem Grundsatz der Anwachsung über. Falls also der Ehegatte des Erblassers nicht erbt (z.B. weil er das Erbe abgelehnt hat), wächst sein Erbteil den Erbteilen der Kinder des Erblassers an. Hat der Erblasser keine Abkömmlinge hinterlassen bzw. sollte keiner der Abkömmlinge erben, wird der Ehegatte des Erblassers nicht...