Dr. Jana Markechová, Margareta Sovova
I. Zuständigkeit
Rz. 134
Das Nachlassverfahren als ein Sonderzivilverfahren, das von einem als Gerichtskommissar handelnden Notar unter der Aufsicht des zuständigen Gerichts geführt wird, wird in den §§ 158–219 ZPO und §§ 481–484 BGB geregelt.
Rz. 135
Örtlich zuständig ist das Bezirksgericht, in dessen Bezirk der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen Daueraufenthalt hatte.
Lässt sich nach diesen Kriterien kein zuständiges Gericht bestimmen, ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich das Nachlassvermögen befindet.
Befindet sich das Nachlassvermögen in mehreren Bezirken, ist das Gericht örtlich zuständig, das die erste Prozesshandlung vorgenommen hat.
Lässt sich nach diesen Kriterien ebenfalls kein zuständiges Gericht bestimmen, ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser gestorben ist (z.B. die Adresse des Krankenhauses).
Rz. 136
Das Nachlassverfahren gliedert sich in das Vorverfahren und das Hauptverfahren. Das Vorverfahren zielt – wie sich aus dem Namen ergibt – auf die Vorbereitung des Hauptverfahrens ab und dient mithin der Ermittlung der Erben und des Vermögens des Erblassers. Im Hauptverfahren wird dann das Erbe per Gerichtsentscheidung verteilt.
II. Verfahrensbeteiligte
Rz. 137
Gemäß §§ 165 ff. ZPO und nach der Rechtsprechung sind folgende Personen am Nachlassverfahren zu beteiligen:
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die in Betracht kommenden Erben, |
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der Staat, falls kein gesetzlicher oder testamentarischer Erbe zur Erbfolge berufen wurde, |
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die Gläubiger des Erblassers, soweit ihre Forderungen gegen den Erblasser auseinandergesetzt werden oder der Nachlasskonkurs angeordnet wurde, |
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derjenige, dem das geringe Nachlassvermögen überlassen wurde, weil er die Bestattung des Erblassers ausgerichtet hat, |
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der hinterlassene Ehegatte in dem Falle, dass das eheliche Miteigentum des Erblassers in dem Nachlassverfahren auseinanderzusetzen ist. |
III. Einleitung des Verfahrens
Rz. 138
Gemäß § 32 des Gesetzes Nr. 154/1994 Slg. Personenstandsgesetz ist das jeweilige Standesamt verpflichtet, das zuständige Gericht über jeden Todesfall in seinem Bezirk zu unterrichten. Das Gericht kann das Nachlassverfahren grundsätzlich entweder auf Antrag einer berechtigten Person (mögliche Verfahrensbeteiligte, siehe Rdn 137) oder von Amts wegen einleiten.
Rz. 139
Nach Kenntnisnahme vom Todesfall erlässt das zuständige Gericht den Beschluss über die Einleitung des Nachlassverfahrens (keine Zustellung an die Beteiligten des Nachlassverfahrens erforderlich) und die Beauftragung des zuständigen Notars als Gerichtskommissars zur selbstständigen Durchführung des Nachlassverfahrens.
IV. Vorverfahren
Rz. 140
Nach dessen Beauftragung ist seitens des Notars gem. § 176 Abs. 1 ZPO zu ermitteln, ob der Erblasser ein Testament, eine Enterbungsurkunde oder eventuelle Widerrufe dieser Rechtsgeschäfte oder die Rechtswahl nach der EuErbVO im Notariellen Zentralregister der Testamente hinterlegt hat. Hat der Erblasser ein Testament hinterlassen, stellt der Notar seinen Inhalt und Formalien fest. Über die Feststellung der Formalien und den Inhalt des Testaments wird eine Niederschrift verfasst, zu der eine amtlich beglaubigte Kopie des Testamentes fest hinzugefügt werden muss. Im Weiteren ist der Notar verpflichtet, den Erbenkreis, das Vermögen und eventuelle Schulden des Erblassers zu bestimmen. Diese Phase wird als Vorermittlung bezeichnet.
Rz. 141
Nach der Vorermittlungsphase stellt der Notar fest, ob es erforderlich sein wird, eventuelle unaufschiebbare Maßnahmen nach § 179 ZPO anzuordnen. Dabei geht es bspw. um die Sicherung der Erbschaft, die Übergabe der persönlichen Gegenstände des Erblassers an den hinterlassenen Ehegatten oder an ein anderes Haushaltsmitglied oder um die Bestellung eines Nachlassverwalters. Der Erblasser hat keine Möglichkeit, Einfluss auf die Wahl eines möglichen Nachlassverwalters zu nehmen.
Rz. 142
Zum Verwalter des Nachlasses oder dessen Teils wird vom Notar als Gerichtskommissar eine aus dem Erbenkreis oder aus dem dem Erblasser nahestehenden Personenkreis hervorgehende Person bestellt. Zum Nachlassverwalter kann auch ein Notar bestellt werden, wenn er in dem zuständigen Verfahren nicht als Gerichtskommissar tätig ist. Wenn zur Erbschaft ein Unternehmen gehört, soll vom Notar zum Nachlassverwalter eine solche Person bestellt werden, die mit dem Betreiben des Unternehmens Erfahrungen hat. Die Bestellung eines Nachlassverwalters erfolgt in der Praxis insbesondere in solchen Fällen, in denen der Erblasser der einzige Geschäftsführer bzw. der einzige Gesellschafter einer Firma war, oder auch in den Fällen, in denen es ohne die Ausübung einer fachlichen Verwaltung zur Senkung oder zur Vernichtung der Vermögenswerte kommen könnte.
Rz. 143
Wenn der Nachlass dem Staat zufallen soll, kann auch der Staat zum Nachlassverwalter bestellt werden. Es gilt jedoch immer, dass zum Nachlassverwalter nur die Person bestellt werden kann, die damit einverstanden ist.
Rz...