Dr. Jana Markechová, Margareta Sovova
1. Pflichtteilsberechtigte Personen, Höhe des Pflichtteils
Rz. 91
Die Testierfreiheit des Erblassers wird durch das Pflichtteilsrecht gesetzlich begrenzt. Pflichtteilsberechtigt sind grundsätzlich nur die gesetzlichen Erben der ersten Ordnung, wobei dem Ehegatten kein Pflichtteil zusteht, § 479 BGB.
Rz. 92
Das Gesetz unterscheidet zwischen minderjährigen und volljährigen Abkömmlingen des Erblassers. Nach § 479 BGB haben minderjährige Abkömmlinge des Erblassers einen Mindestanspruch auf ihr gesamtes gesetzliches Erbe und können daher de facto nicht ohne das Vorliegen besonderer Umstände enterbt werden. Demgegenüber steht volljährigen Abkömmlingen nur die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils als Pflichtteil zu.
Rz. 93
Der gesetzliche Erbteil gem. § 479 BGB bezieht sich auf die ganze Erbschaft und nicht nur auf den Teil der Erbschaft, der im konkreten Fall aufgrund eines Testaments geerbt würde. Für die Bestimmung der Höhe des Pflichtteils ist nicht der Stand zur Zeit der Errichtung des Testaments, sondern der Stand zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers maßgeblich.
Rz. 94
Die Erbschaftsansprüche der pflichtteilsberechtigten Personen sind keine Ansprüche auf Auszahlung ihrer Anteile gegenüber der Testamentserben, sondern eigene Ansprüche auf den entsprechenden Anteil am Nachlass.
Rz. 95
Übergeht der Erblasser pflichtteilsberechtigte Personen in seinem Testament, ist das Testament in diesem Teil nicht ipso facto ungültig. Es handelt sich um eine relative Ungültigkeit, die der Pflichtteilsberechtigte zunächst anfechten muss, um die Rechtswirkungen der Ungültigkeit herzustellen.
Rz. 96
Der Anspruch auf den Pflichtteil besteht jedoch nicht, wenn der Pflichtteilsberechtigte erbunwürdig oder enterbt worden ist.
Rz. 97
Erbunwürdig ist, wer eine vorsätzliche Straftat gegen den Erblasser, seinen Ehegatten, seine Kinder oder Eltern begangen oder sich in verwerflicher Weise gegen den zum Ausdruck gebrachten letzten Willen des Erblassers verhalten hat. Dies gilt allerdings nicht für den Fall, dass der Erblasser die Tat verziehen hat (diese Vorschrift betrifft sowohl die testamentarischen als auch die gesetzlichen Erben). Die Straftat gegen den Erblasser muss zu dessen Lebzeiten erfolgt sein, wobei die Erbunwürdigkeit nicht durch eine rechtskräftige Verurteilung bedingt wird. Eine Amnestie oder Aufhebung der Strafbarkeit der Tat wird in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt.
Rz. 98
Das Gesetz geht weiterhin davon aus, dass es unvereinbar mit den Grundsätzen des Erbrechts wäre, wenn das Erbe demjenigen zufallen würde, der bemüht ist, einen solchen Zustand herbeizuführen, der dem wahren Willen des Erblassers nicht entspricht.
Der Ausdruck "in verachtenswerter Weise" wird gesetzlich nicht näher bestimmt. Das Verhalten des Erben muss zumindest gegen die guten Sitten verstoßen und objektiv geeignet sein, sich eine vorteilhaftere Erbenstellung zu sichern, wobei es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Es ist dabei allerdings unerheblich, ob das Verhalten auch tatsächlich zu einer verbesserten Erbenstellung führt. Zudem wird auch keine Rücksicht darauf genommen, ob das entsprechende Handeln bereits zu Lebzeiten des Erblassers oder erst nach dessen Tod erfolgte.
Rz. 99
Die Erbunwürdigkeit tritt bei Erfüllung der oben angeführten Tatbestandsmerkmalen ipso facto ex lege ein. Das Gericht ist im Nachlassverfahren verpflichtet, das Vorliegen dieser Gründe von Amts wegen zu prüfen.
Rz. 100
Verzeiht der Erblasser einem solchen Erben, ist dieser wieder erbfähig. Dabei ist nicht entscheidend, ob der Erblasser dies schriftlich, mündlich oder sogar konkludent tut. Es ist jedoch erforderlich, dass der Erblasser seinen Verzeihwillen deutlich genug äußert.
Rz. 101
Die Entziehung des Pflichtteils nach slowakischem Recht wird in § 469a BGB geregelt. Danach ist der Erblasser berechtigt, einen pflichtteilsberechtigten Abkömmling von der Erbschaft auszuschließen, wenn dieser Abkömmling
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entgegen den guten Sitten dem Erblasser bei Krankheit, im Alter oder in anderen schwerwiegenden Fällen der Not keine angemessene Unterstützung geleistet hat, |
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dauerhaft keine echte Sorge um den Erblasser zeigt, wie es als Abkömmling üblich sein sollte, |
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wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, |
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dauerhaft ein ungeregeltes Leben führt. |
Rz. 102
Eine wirksame Entziehung des Pflichtteils muss sowohl die formellen als auch die materiellen gesetzlichen Anforderungen erfüllen.
Materiell muss ein konkreter gesetzlich bestimmter Enterbungsgrund erfüllt sein. Dieser Grund muss bei der Enterbung von dem Erblasser ausdrücklich angegeben werden; das bloße Vorhandensein des Enterbungsgrundes reicht nicht aus.
Die Enterbungsurkunde unterliegt denselben formellen gesetzlichen Anforderungen wie das Testament. Dies gilt entsprechend auch für den Widerruf der Enterbung.