I. Scheidungsgründe
Rz. 45
Eine Ehe kann aufgrund Unzumutbarkeit der Ehe (Art. 98) oder einer Vereinbarung der Ehegatten gerichtlich geschieden werden. Eine Scheidung wegen Unzumutbarkeit der Ehe basiert auf einem Antrag eines Ehegatten. Hingegen sind die Voraussetzungen einer einvernehmlichen gerichtlichen Scheidung (Art. 96 Abs. 1):
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eine Einigung der Ehegatten über die Obhut, Erziehung, den Unterhalt der gemeinsamen Kinder sowie ihren Kontakt mit den Eltern (Umgangsrecht) im Einklang mit den Bestimmungen des FamGB und |
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die Vorlage einer in Form eines vollstreckbaren Notariatsaktes geschlossenen Vereinbarung über die Aufteilung des Gesamtgutes, darüber, welcher Ehegatte Mieter der Wohnung bleibt oder wird, und über den nachehelichen Unterhalt des unverschuldet mittellosen Ehegatten. |
Rz. 46
Eine einvernehmliche Scheidung erfolgt seit dem 15.4.2019 vor einem Notar, wenn die Ehegatten keine gemeinsamen minderjährigen Kinder (d.h. unter 18 Jahre) haben, über bestimmte Punkte Einigkeit erzielen und einen Antrag auf Ehescheidung stellen (Art. 97 Abs. 1). Einigkeit ist erforderlich bezüglich der Aufteilung des Gesamtgutes, darüber, wer Mieter der von ihnen bewohnten Wohnung bleibt oder wird, und über den Unterhalt des unverschuldet mittellosen Ehegatten. Der Notar verfasst in Form eines Notariatsaktes die Einigung der Ehegatten über die einvernehmliche Scheidung der Ehe. Die Ehe ist mit dem Tag der Unterzeichnung des Notariatsaktes geschieden. Der Notariatsakt stellt die Rechtsgrundlage für die Eintragung der Ehescheidung in die Personenstandsbücher durch die Verwaltungseinheit dar (Art. 97 Abs. 2). Die Eintragung ist deklarativ. Der Notariatsakt ist vom Notar innerhalb von acht Tagen nach der Unterschrift an die Verwaltungseinheit zu übermitteln (Art. 97 Abs. 3).
II. Scheidungsverfahren
Rz. 47
Für das gerichtliche Scheidungsverfahren sind die Art. 80 ff. AußerstreitverfahrensG (AußStrVerfG) maßgebend. Sachlich zuständig ist das Kreisgericht (Art. 10 Abs. 2 AußStrVerfG), örtlich zuständig (vgl. Art. 11, Art. 14 Abs. 1 AußerStrVerfG) ist entweder das Gericht, in dessen Sprengel sich der letzte gemeinsame ordentliche Wohnsitz der Ehegatten befunden hat (einvernehmliche und nicht einvernehmliche Scheidung) oder in dessen Sprengel der ordentliche Wohnsitz des Antragsgegners ist (nicht einvernehmliche Scheidung).
Für das Verfahren über den gesetzlichen Unterhalt ist sachlich zuständig das Kreisgericht (Art. 32 Abs. 2 Z. 3 ZPO), örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Sprengel entweder der beklagte Ehegatte oder der Kläger seinen ordentlichen Wohnsitz hat (Art. 46, Art. 50 Abs. 1 ZPO). Eine Gerichtsstandsvereinbarung ist zulässig (Art. 69 ZPO). Sofern ein Ehegatte einen Vertreter bestellt, kann dies nur ein Rechtsanwalt oder eine Person mit absolvierter staatlicher Rechtsprüfung sein (Art. 87 Abs. 3 ZPO).
Rz. 48
Haben die Ehegatten gemeinsame minderjährige Kinder, ist eine einvernehmliche Scheidung lediglich durch das Gericht möglich (vgl. Art. 96). Der einvernehmliche Antrag, mit dem das Verfahren eingeleitet wird (Art. 81 Abs. 4 AußStrVerfG), hat einerseits die Erklärung der Ehegatten, dass sie die einvernehmliche Scheidung beantragen, sowie den einvernehmlichen Antrag betreffend die Obhut, Erziehung, den Unterhalt der gemeinsamen Kinder sowie ihren Kontakt (Umgang) mit den Eltern zu umfassen (vgl. Art. 96 Abs. 1). Dem Antrag ist verpflichtend (aufgrund der Kinder) ein Protokoll über eine vor der Antragstellung erfolgte Beratung beim Zentrum für soziale Arbeit anzufügen (Art. 200 FamGB, Art. 82 Abs. 2 AußStrVerfG). Weiters ist dem Antrag eine in Form eines vollstreckbaren Notariatsaktes geschlossene Vereinbarung über die Aufteilung des Gesamtgutes, darüber, welcher Ehegatte Mieter der Wohnung bleibt oder wird und über den nachehelichen Unterhalt des unverschuldet mittellosen Ehegatten beizulegen (vgl. Art. 96 Abs. 1). Vor Ausspruch der Scheidung prüft das Gericht, ob das Kindeswohl (Obhut, Erziehung, Unterhalt, Kontakt) gewahrt ist, und berücksichtigt dabei die vom Zentrum für soziale Arbeit eingeholte Stellungnahme. Ist das Gericht der Ansicht, dass diese Vereinbarung nicht dem Wohl des Kindes entspricht, weist es den Antrag auf einvernehmliche Scheidung ab (Art. 96 Abs. 2).
Das Gericht entscheidet mit Beschluss (vgl. zum Beschlussinhalt Art. 85 AußStrVerfG). Die Verfahrenskosten werden vom Gericht nach freiem Ermessen bestimmt ("gemeinsame Verfahrenskosten", Art. 40 Abs. 2 AußStrVerfG).
Stirbt ein Ehegatte nach Einbringung des Antrags auf einvernehmliche Scheidung, können seine Erben das Verfahren innerhalb von sechs Monaten ab dem Tod fortsetzen (Art. 84 Abs. 2 AußStrVerfG).
Rz. 49
Ist die Eh...