Rz. 29
Die Regelung über die Erhaltung der Pflichtmitgliedschaft im Zusammenhang mit Erziehungsgeld ist mehrfach geändert worden. Die Vorschrift i. d. F. des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477) sah zunächst die Erhaltung der Mitgliedschaft vor, soweit Erziehungsgeld bezogen wird. Diese Regelung wurde mit Wirkung ab 1.1.1992 durch Art. 3 des 2. Gesetzes zur Änderung des BErzGG v. 6.12.1991 (BGBl. I S. 2142) dahingehend geändert, dass "oder Erziehungsgeld bezogen wird" durch die Worte "oder Erziehungsurlaub in Anspruch genommen wird" ersetzt wurde. Diese Gesetzesänderung war konsequent. Anders als zuvor das Mutterschaftsgeld, das nach Ablauf der Mutterschutzfristen die Nichtbeschäftigung im Mutterschaftsurlaubs voraussetzte, war das Erziehungsgeld eine Leistung, die nicht mehr von einer vorherigen Beschäftigung abhängig war und damit nicht mehr die Funktion einer Lohnersatzleistung hatte (vgl. Klose, SGb 1995 S. 195). Darüber hinaus ließ und lässt der Bezug von Erziehungsgeld auch noch eine zeitlich begrenzte Erwerbstätigkeit zu. Zudem wurde damit zutreffend auf die längere Dauer des Erziehungsurlaubs (jetzt: der Elternzeit) gegenüber der Bezugszeit für Erziehungsgeld (jetzt: Elterngeld) für die Unterbrechung der Beschäftigung abgestellt.
Rz. 30
Durch Art. 1 Nr. 120 des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) v. 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266) wurden mit Rückwirkung ab 1.1.1992 (Art. 35 Abs. 2) die Worte "oder Erziehungsurlaub in Anspruch genommen wird" dann wieder durch die Worte "oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld bezogen oder Erziehungsurlaub in Anspruch genommen wird" ersetzt. Die für Nur-Erziehungsgeldbezieher damit verbundene rückwirkende Anordnung einer Mitgliedschaft als versicherungspflichtig, die auch zur rückwirkenden Beitragspflicht für Einnahmen i. S. d. §§ 226 ff. (z. B. für Renten und Versorgungsbezüge) geführt hatte, war wegen der damit verbundenen Versicherungs- und Beitragspflicht verfassungsrechtlich bedenklich. Darüber hinaus führt diese Gesetzesänderung dazu, dass Erziehungsgeld auch dann zu einer Erhaltung der Mitgliedschaft führt, wenn die vorherige Pflichtversicherung aus den allgemeinen Gründen des § 190 endet (z. B. bei Exmatrikulation einer Studentin oder dem Ende eines Rentenbezuges), ohne dass dies kausal mit der Nichtbeschäftigung wegen Kindererziehung zusammenhinge.
Rz. 31
Die Mitgliedschaft bleibt nunmehr auch und nur dann erhalten, wenn tatsächlich Erziehungsgeld bezogen wird, ein Anspruch ist für die Erhaltung der Mitgliedschaft nicht ausreichend (so auch Baier, in Krauskopf, SozKV, § 192 Rz. 16, Stand: August 2015; Michels, in: Becker/Kingreen, SGB V, 5. Aufl., § 192 Rz. 6; Hänlein, in: Hänlein/Schuler, LPK-SGB V, 5. Aufl., § 192 Rz. 14). Aufgrund der Meldepflicht des § 203, wonach die Zahlstelle Beginn und Ende der Zahlung von Elterngeld unverzüglich mitzuteilen hat, wird diese der Prüfung enthoben, ob rechtlich ein solcher Anspruch noch besteht, da der Bezug von der Nichtausübung einer vollen Erwerbstätigkeit und der Anrechnung von Einkommen abhängig ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 4, § 5 Abs. 2 BErzGG). Ein rückwirkender Entzug des Erziehungsgeldes hat daher keine Folgewirkung für die erhaltene Pflichtmitgliedschaft.
Rz. 32
Nach der Neufassung der Vorschrift ist jedoch erforderlich, dass das Erziehungsgeld nach gesetzlichen Vorschriften gezahlt werden muss, um die Mitgliedschaft zu erhalten. Die Erhaltung der Mitgliedschaft kommt daher dann nicht mehr in Betracht, wenn Landeserziehungsgeld lediglich im Rahmen von Haushaltsmitteln durch Verwaltungsrichtlinien gewährt wird (so z. B. in Rheinland-Pfalz durch VerwV v. 29.7.1986).
Die Dauer des Erziehungsgeldanspruchs bestimmte insoweit auch die Dauer der erhaltenen Pflichtmitgliedschaft. Erziehungsgeld konnte längstens vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 24. Lebensmonats (als Regelbetrag) oder bis zur Vollendung des 12. Lebensmonats (als Budget) gezahlt werden. In den Fällen des § 16 Abs. 4 BErzGG, also bei Tod des Kindes, wurde das Erziehungsgeld längstens für 3 Wochen weitergezahlt. Diese Regelungen des BErzGG sind mit dem 31.12.2008 (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes v. 5.12.2006, BGBl. I S. 2748) vollständig außer Kraft getreten, so dass die Erhaltung der Mitgliedschaft wegen Erziehungsgeld seither keine praktische Bedeutung mehr hat.
Rz. 32a
Durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeldes v. 5.12.2006 (BGBl. I S. 2748) ist mit Wirkung zum 1.1.2007 für nach dem 31.12.2006 geborene oder zur Adoption angenommene Kinder (§ 27 BEEG) an die Stelle des Erziehungsgeldes das Elterngeld getreten. Dieses wird auf Antrag (§ 7 Abs. 1 Satz 1 BEEG) sowohl in den Fällen des Wegfalls oder der Reduzierung des vorherigen Erwerbseinkommens als auch ohne Einkommensausfall gezahlt (§ 2 BEEG). Grundsätzlich besteht dieser Anspruch auf Elterngeld, wenn keine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Keine volle Erwerbstätigkeit i. S. d. BEEG liegt vor, wenn die wöchentliche Arbeitszeit 30 Woch...