Rz. 365
Die Regelung über das Verhältnis der KVdR nach Abs. 1 Nr. 11 und 12 zu den anderen Versicherungspflichten war und ist mit Satz 1 i. S. einer Nachrangigkeit gegenüber allen anderen Versicherungspflichten mit Ausnahme der der Studenten/Praktikanten geregelt. Für die Künstler-KVdR mit besonderen Vorversicherungszeiten (Abs. 1 Nr. 11a) ist durch das 2. KSVG-ÄndG v. 13.6.2001 (BGBl. I S. 1027) keine Ergänzung des Satzes 1 um Abs. 1 Nr. 11a vorgenommen worden. Jedoch muss diese Künstler-KVdR gleichfalls als nachrangig angesehen werden (so auch Baier, in: Krauskopf, SozKV, SGB V, § 5 Rz. 98, Stand: Dezember 2015; Wiegand, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl., § 5 Rz. 148). Obwohl diese Regelungslücke dem Gesetzgeber bekannt war (vgl. Begründung in BT-Drs. 18/6905 S. 76) wird diese mit Art. 1a Nr. 1b; Art. 4 Abs. 3 des Gesetzes für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen sowie zur Änderung weiterer Gesetze v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2408) erst mit Wirkung zum 1.1.2017 geschlossen, in dem in Satz 1 "Nr. 11 oder 12" durch "Nr. 11 bis 12" ersetzt wird, womit auch die ab diesem Zeitpunkt versicherungspflichtigen Waisenrentenbezieher nach Abs. 1 Nr. 11b in die Regelung einbezogen werden.
Rz. 366
Mit dem 10. SGB V-ÄndG v. 23.3.2002 sind die Sätze 2 und 3 angefügt worden, die nur die Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 11 betreffen. Damit wurden Ergänzungen über die Rangfolge der Versicherungspflichten für Options-Rentner (vgl. Komm. zu § 9) und Familienversicherte getroffen, die darauf abzielen, beitragsrechtliche Nachteile zu vermeiden, die dadurch entstanden wären, wenn nach der Entscheidung des BVerfG, wonach ab dem 1.4.2002 Abs. 1 Nr. 11 wieder in der Fassung des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) gilt, die beitragspflichtige KVdR vorrangig gegenüber der Familienversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2) durchzuführen wäre. § 9 Abs. 1 Nr. 6 SGB V wurde jedoch durch Art. 1 Nr. 5 des TSVG v. 6.5.2019 (BGBl. I 646) mit Wirkung zum 11.5.2019 aufgehoben, sodass der Gesetzgeber ebenfalls durch das TSVG in Satz 3 eine textliche Anpassung auf die Fassung des § 9 Abs. 1 Nr. 6 SGB V in der seit dem 1.1. geltenden Fassung vornehmen musste.
Rz. 367
Satz 2 bestimmt einerseits, dass für die Rentner, die von ihrem Optionsrecht nach § 9 Abs. 1 Nr. 6 Gebrauch gemacht und eine freiwillige Versicherung begründet hatten, die freiwillige Versicherung nachrangig gegenüber anderen Versicherungspflichten nach Abs. 1 Nr. 1 bis 8 ist. Anderseits schließt die freiwillige Mitgliedschaft aufgrund des Optionsrechts jedoch die nach § 190 Abs. 11a endende Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 11 aus. Die Ausübung der Option nach § 9 Abs. 1 Nr. 6 erstreckt sich auch auf die familienversicherten Angehörigen. Damit wird nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/8384 S. 4 und 8) ausgeschlossen, dass durch die Kündigung der durch das Optionsrecht begründeten freiwilligen Mitgliedschaft die KVdR wieder wirksam würde. Ein Widerruf der Optionserklärung ist nicht möglich, denn es wäre mit dem Solidargedanken nicht vereinbar, wenn die einmal getroffene Entscheidung für die Beibehaltung des Status als freiwilliges Mitglied wieder rückgängig gemacht werden könnte. Das muss auch dahin gehend verstanden werden, dass auch nach einer zwischenzeitlich vorrangigen Krankenversicherungspflicht die KVdR ausgeschlossen bleiben soll (so auch Bay. LSG, Urt. v. 8.9.2022, L 4 KR 496/21, hierzu krit. Becker, NZS 2023, 160; Revision anhängig beim BSG, B 12 KR 5/22 R).
Rz. 368
Satz 3 trifft eine Regelung zur Nachrangigkeit einer an sich (ab 1.4.2002) bestehenden KVdR nach Abs. 1 Nr. 11 für die bisher nach § 10 oder § 7 des KVLG 1989 familienversicherten Rentenbezieher. Einbezogen und begünstigt sind nur die Rentenbezieher, deren Rentenanspruch schon vor dem 1.4.2002 bestand, die die ab dem 1.1.1993 geltende Vorversicherungszeit (eigene Pflichtversicherung, Familienversicherung aus einer Pflichtmitgliedschaft oder gleichgestellte Zeiten) nicht erfüllt hatten und die ab Beginn der Rente bis 31.3.2002 durchgängig familienversichert waren. Negative Voraussetzung ist, dass die Familienversicherung nicht aus der Person eines Optionsrentners abgeleitet war, ansonsten ist nicht von Bedeutung, aus welcher Krankenversicherungspflicht oder freiwilligen Mitgliedschaft sich die Familienversicherung ableitete.
Rz. 369
Anders als bei Optionsrentnern und deren Familienversicherten ist die Vorrangigkeit der Familienversicherung gegenüber der KVdR begrenzt. Entfällt die Stammversicherung oder werden die Grenzen für die Familienversicherung überschritten, tritt die Versicherungspflicht als Rentner ein.