Rz. 103
Die Beitrittsfrist errechnet sich bei einem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht ab dem Folgetag des Endes der Pflichtmitgliedschaft. Diese bestimmt sich im Regelfall gemäß § 190 nach dem Ablauf des Kalendertages. Sofern Ausschlusstatbestände gegenüber einer Pflichtversicherung eingreifen, ist der Ablauf des letzten Tages vor Eintritt des Ausschlusstatbestandes der Tag des Ausscheidens aus der Versicherungspflicht.
Rz. 104
Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung (letzter Arbeitstag) 31.1. Beginn der Frist 1.2. Zugang der Beitrittserklärung bis 31.4.
Rz. 105
Zweifelhaft sind der Beginn und das Ende der Frist für eine Beitrittserklärung, wenn Streit um das Ende des Arbeitsverhältnisses als Beschäftigungsverhältnis besteht, weil beide voneinander abhängig sind. Demzufolge kann die Beitrittsfrist verstrichen sein, bis über das Ende des Arbeitsverhältnisses Klarheit besteht. Da in solchen Fällen zumeist mit der Abmeldung des Arbeitgebers zunächst auch von der Kenntnis vom Ende der Pflichtversicherung ausgegangen werden muss, wäre eine Fristversäumung auch nicht unverschuldet. Es empfiehlt sich daher eine (vorsorgliche) Beitrittserklärung innerhalb der 3-Monats-Frist. Sofern sich im Ergebnis der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und der Lohnfortzahlungsverpflichtung ergibt, besteht auch das Pflichtversicherungsverhältnis fort, sodass wegen des Vorrangs der Pflichtversicherung (§ 191 Nr. 2) eine freiwillige Versicherung bereits aus Rechtsgründen nicht wirksam begründet werden konnte und die Beitrittserklärung wirkungslos war oder allenfalls für die Zeit nach Ende der Pflichtversicherung Wirkungen entfalten könnte.
Rz. 106
Ebenso ist eine vorsorgliche Beitrittserklärung in den Fällen angezeigt, wenn das Ende der Pflichtversicherung aus anderen Gründen (z. B. Ende der Versicherungspflicht als Leistungsbezieher nach dem SGB III, als Student wegen Vollendung des 30. Lebensjahres während des Studiums, Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze durch Arbeitsentgeltansprüche) umstritten ist.
Rz. 106a
Aufgrund der Einführung der obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Abs. 4 ist im Anschluss an das Ende einer Pflichtversicherung weder die Abgabe einer Beitrittserklärung noch die Einhaltung der Beitrittsfrist erforderlich; vielmehr setzt sich die vorherige Pflichtmitgliedschaft kraft Gesetzes als freiwillige Mitgliedschaft fort, sofern nicht wirksam der Austritt erklärt wird (vgl. Komm. zu § 188). Eine Ausnahme von der Anschlussversicherung gilt lediglich dann, wenn die Voraussetzungen einer Familienversicherung vorliegen. In diesen Fällen kann aber von dem Beitrittsrecht nach Abs. 1 Nr. 1 Gebrauch gemacht werden, wobei es dazu nicht nur einer schriftlichen Beitrittserklärung bedarf, sondern auch der Einhaltung der Beitrittsfrist. Nach einem Urteil des LSG Baden-Württemberg ist bei einer festgestellten rückwirkenden Beendigung einer freiwilligen Mitgliedschaft die Regelung des Abs. 2 Nr. 1 in der Form anzuwenden, dass die Beitrittsfrist von 3 Monaten erst mit Bekanntgabe des entsprechenden Bescheids beginnt und nicht bereits mit dem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt des tatsächlichen Endes der Mitgliedschaft (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 22.7.2022, L 4 KR 1405/20). Aus Gründen der Rechtsklarheit und vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Ziels eines möglichst einheitlichen Krankenversicherungsschutzes ist dieser Entscheidung zuzustimmen.
Rz. 106b
Seit dem 1.1.2018 ist durch § 188 Abs. 4 Satz 4 für Saisonarbeitnehmer eine Ausnahme von der obligatorischen Weiterversicherung nach § 188 Abs. 4 Satz 1 gemacht worden. Endet die Versicherungspflicht mit der Beendigung der Saisonarbeitnehmertätigkeit, soll sich die obligatorische Anschlussversicherung nur dann nach § 188 Abs. 4 Satz 1 richten, wenn diese Personen innerhalb von 3 Monaten nach dem Ende der Versicherungspflicht ihren Beitritt zur freiwilligen Versicherung gegenüber ihrer bisherigen Krankenkasse erklären und ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in der BRD nachweisen. Dies bedeutet im Ergebnis, dass für die Saisonarbeitnehmer sowohl die Abgabe einer schriftlichen Beitrittserklärung als auch die Einhaltung der Beitrittsfrist für die Begründung einer freiwilligen Mitgliedschaft erforderlich ist (vgl. Komm. zu § 188). Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass der Saisonarbeitnehmer bei Wohnsitz oder gewöhnlichem (nicht nur ständigem) Aufenthalt in der BRD der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 unterliegt.