Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 15 Abs. 1 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB
Kommentar
1. Der Eigentümer von "Sondereigentum an zwei nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen im Dachgeschoss" (laut Teilungserklärung) hatte diese gegen den Widerspruch des Verwalters nach bauordnungsrechtlicher Genehmigung als Wohnung ausgebaut und dort Heizung, Dusche und Toilette einbauen lassen. Nach entsprechendem Mehrheitsbeschluss forderten die Antragsteller zuletzt Abtrennung der Sanitäreinrichtungen von den Anschlüssen und Unterlassung der Nutzung dieser Räumlichkeiten zu Wohnzwecken.
Das BayObLG bestätigte den Nutzungsunterlassungsantrag, nicht jedoch hier den Antrag auf Abtrennung der sanitären Anlagen von den bereits vorher vorhandenen Zuleitungen.
2. Nach Zweckbestimmungsvereinbarung und insoweit vorzunehmender objektiver Auslegung war eine Nutzung dieser Räume zu Wohnzwecken nicht gestattet, ohne dass es auf die Absicht des Verfassers mit den Vereinbarungsformulierungen oder die Gründe einer solchen Zweckvereinbarung ankäme. Eine Wohnnutzung dieser Teileigentumsräume stört und beeinträchtigt auch mehr als eine bestimmungsmäßige Nutzung; nach gebotener "typisierender", d.h. verallgemeinernder Betrachtungsweise (vgl. auch BayObLG, NJW-RR 95, 1103) kommt es dabei auf die Größe der Wohnanlage oder des Gebäudes nicht entscheidend an. Konkrete Beeinträchtigungen müssen auch weder vorgetragen noch nachgewiesen sein.
Dass eine bauordnungsrechtliche Genehmigung eines Umbaus und einer Wohnnutzung für Rechte und Pflichten der Wohnungs- und Teileigentümer untereinander ohne Bedeutung ist, ergibt sich auch schon aus Art. 72 Abs. 4 BayBO 1994 (früher: Art. 74 Abs. 6 BayBO).
In einer solchen zulässigen Nutzungsbeschränkung liegt auch kein Verstoß gegen Art. 14 GG.
Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruches stellt vorliegend auch weder einen Verstoß gegen die Gebote von Treu und Glauben ( § 242 BGB) noch gegen das Schikaneverbot ( § 226 BGB) dar.
Vorliegend war auch nicht von Verwirkung der Unterlassungsansprüche auszugehen.
3. Allerdings bestand keine Verpflichtung des Antragsgegners, die sanitären Anlagen in seinen Räumlichkeiten von den Zuleitungen abzutrennen. Dieser Fall ist nicht vergleichbar mit den Entscheidungen des Senats vom 4. 10. 1990 (WM 91, 53) und vom 18. 6. 1993 (WM 93, 490) mit dortigen Aussprüchen zur Trennung von Sanitäreinrichtungen von den Versorgungs- und Entsorgungsleitungen sowie Anschlüssen. In den vorgenannt entschiedenen Verfahren ging es um die Nutzung ausdrücklich zweckbestimmter "Speicher- oder Kellerräume"; eine zulässige Nutzung, die sanitäre Einrichtungen erforderlich gemacht hätte, schied in diesen Fällen damit von vornherein aus. Im hier zu entscheidenden Fall waren die Räumlichkeiten des Antragsgegners in der maßgeblichen Teilungserklärung allerdings allein als "nicht zu Wohnzwecken dienende Räume im Dachgeschoss" bezeichnet. Eine solche zulässige Zweckbestimmung besagt nur, dass die Räume zwar nicht zu Wohnzwecken, aber grundsätzlich zu jedem anderen beliebigen Zweck genutzt werden dürfen. Für die Frage, ob eine bestimmte Nutzung zulässig ist, sind nach den in § 15 Abs. 2 WEG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken auch Lage und Beschaffenheit der Räume von Bedeutung (BayObLG, WM 94, 222; FGPrax 96, 57). Vorliegend ist also weder nach der in der Teilungserklärung niedergelegten Zweckbestimmung noch nach Lage oder Beschaffenheit der Räume eine Nutzung von vornherein ausgeschlossen, die auch den Gebrauch sanitärer Einrichtungen erforderlich machen könnte. Da hier sogar die Räumlichkeiten von Wohnungen umgeben sind, handelt es sich nicht wegen ihrer Lage um typische Speicherräume; im Übrigen waren die Zuleitungen nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag von Anfang an vorhanden.
Dass die Räume im Aufteilungsplan sogar offenbar mit der Aufschrift "Trockenraum" versehen wurden, führt nicht zu einer gegenüber der Zweckbestimmung der Teilungserklärung eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit dieser Räume. Denn der Bezeichnung im Aufteilungsplan kommt gegenüber der in der Teilungserklärung grundsätzlich kein Vorrang zu; sie führt nicht zu einer weiteren Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten (vgl. BGHZ 130, 159/166; BayObLG, WM 85, 238; OLG Frankfurt, OLGZ 93, 299). Im übrigen handelt es sich bei einem "Trockenraum" um eine typische Gemeinschaftseinrichtung; dies spricht zusätzlich dagegen, dass mit dieser Bezeichnung für die im Sondereigentum stehenden Räume des Antragsgegners eine Zweckbestimmung getroffen werden sollte.
4. Gerichtskostenquotelung in allen Rechtszügen ohne außergerichtlicheKostenerstattung bei Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren von DM 60.000.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 24.09.1998, 2Z BR 52/98)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Werden also in einem ausdrücklich als "Speicher" oder "Keller" zweckbestimmten Teileigentum Sanitäreinrichtungen installiert, müssen diese entfernt werden, um ein zweck- und vereinbarungswidriges Wohnen in solchen Teileigentumsräumen nachhalt...