Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Ob Terrassen, Balkone oder Loggien im Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum stehen, kann nicht durch Klarstellungsvermerk im Grundbuch geklärt werden
Normenkette
§ 22 GBO
Kommentar
Mag es auch in Rechtsprechung und/oder Literatur umstritten sein, ob man ohne positive Anhaltspunkte in den Grundbuchunterlagen (Eintragungsbewilligungen, Teilungserklärung und Aufteilungsplan) davon auszugehen hat, dass Terrassen, Balkon- und Loggienräume im Sondereigentum zum betreffenden Wohnungseigentum stehen, so ist jedenfalls das Grundbuch nicht der Ort der Klärung solcher materiell-rechtlicher Zweifelsfragen. Deshalb kann eine im Grundbuch zu treffende Klarstellung (durch beantragten Klarstellungsvermerk) nicht dahingehend formuliert sein, dass das jeweilige Sondereigentum stets auch verbunden sei mit einer zur jeweiligen Wohnung gehörenden, mit derselben Nummer wie die Wohnung bezeichneten Loggien- bzw. Terrassenräumlichkeit. Gegenstand eines grundbuchrechtlichen Klarstellungsvermerks kann nie eine sachliche Änderung oder Berichtigung einer Eintragung sein (vgl. auch BayObLG, RPfleger 2002, 303; OLG München, RPfleger 2009, 81). Auf keinen Fall kann also nur durch einen Klarstellungsvermerk eine sachliche Änderung oder Berichtigung einer anderen Eintragung bewirkt werden. So kommt ein solcher Vermerk dann nicht in Betracht, wenn auch nur die Gefahr bzw. die Möglichkeit besteht, dass durch eine – vermeintliche – bloße Klarstellung in Wirklichkeit in dingliche Rechte selbst eingegriffen wird, insbesondere dadurch, dass dessen Abgrenzung und damit dessen Inhalt verändert wird (vgl. bereits OLG Stuttgart, RPfleger 1981, 355). Auch im vorliegenden Fall bestand die Gefahr, dass eine vermeintlich bloße Klarstellung in Wirklichkeit zu einer Änderung eingetragener Rechte führt. Dies gilt auch dann, wenn z. B. Schmidt (MittBayNot 2001, 442 ff.) im Fall nicht ausdrücklich im Grundbuch eingetragene Balkon- und Terrassenräumlichkeiten nebst Bodenbelag und Innenanstrich stets dem Sondereigentum zuordnet. Demgegenüber kann durchaus auch die Ansicht vertreten werden, dass mangels Eintragung von Gemeinschaftseigentum auszugehen ist. Die Klärung dieser materiell-rechtlichen Zweifelsfragen wäre in einem Zivilprozess oder Verfahren nach §§ 43 ff. WEG mit Rechtskraftwirkung im Eigentümerkreis zu klären. I. Ü. erscheint es auch aus Sicht des Senats sehr fraglich, ob z. B. an vorgelagerten Terrassen von EG-Wohnungen überhaupt Sondereigentum begründet werden kann. Gewöhnlich verbleibt es hier bei Gemeinschaftseigentum mit zugeordnetem Sondernutzungsrecht. Über grundbuchrechtlichen Klarstellungsvermerk ist jedenfalls insoweit nicht Sondereigentum in ergänzender Weise einzutragen.
Offensichtlich hat es im vorliegenden Fall der teilende und Wohnungseigentum begründende Grundstückseigentümer versäumt, Loggien und Stockwerksterrassen ausdrücklich dem betreffenden Wohnungseigentum zuzuordnen. Entsprechende Korrekturen in der Gemeinschaft bedürfen damit sicher einer neuerlichen Vereinbarung, die m.E. notfalls auch nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG nachträglich eingeklagt werden könnte. Bei Terrassenflächen, die Erdgeschosswohnungen vorgelagert sind, wird allerdings nach h.M. eine Raumeigenschaft dieser Flächen verneint, ebenso eine entsprechende Abgeschlossenheitsbescheinigung (mangels räumlich eindeutiger Abgrenzungen). Insoweit handelt es sich hier dann um gemeinschaftliche Grundstücksflächenanteile, die allerdings über ein zu begründendes Sondernutzungsrecht mit dem EG-Wohnungseigentum im Regelfall untrennbar verbunden werden.
Diese h.M. sollte allerdings bei nächster Gelegenheit in Fällen der Wohnungseigentumsbegründung und Aufteilung neuerlich überdacht werden. Wenn schon Garagenstellplätze (sicher nur in einem Garagen- bzw. Tiefgaragengebäude) nach gesetzlicher Fiktion gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 als abgeschlossen bezeichnet werden, wenn ihre Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich sind, und wenn überdies auch Stockwerksterrassen und Dachterrassen (sicher mit entsprechenden Brüstungsabgrenzungen) ebenfalls als abgeschlossenes Sondereigentum begründbar sind, vielleicht auch offene Kfz-Stellplätze am Oberdeck eines Parkhauses, könnten auch einmal EG-Terrassenflächen mit eindeutigem Plattenabschluss und befestigtem Rand zum gemeinschaftlichen Garten hin als Sondereigentum (Nebenräumlichkeit zum Wohnungseigentum) begründbar sein.
Allein in grundbuchrechtlichen Verfahren lassen sich hier allerdings – wie zu Recht vom OLG entschieden – keine Ergänzungen oder Änderungen der sachenrechtlichen Rechtslage herbeiführen.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss v. 3.4.2009, I-3 Wx 52-69/09