Leitsatz

Ein Raum, in dem eine im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Anlage (hier: Heizungsanlage) untergebracht ist, kann im Sondereigentum stehen.

 

Normenkette

§§ 5 Abs. 2, 8 Abs. 1 WEG

 

Das Problem

  1. Alleineigentümer B will sein Grundstück nach § 8 Abs. 1 WEG in Wohnungseigentum aufteilen. Das Grundbuchamt sieht sich am Vollzug dieser Erklärung gehindert. Der Heizungsraum solle nach ihr im Sondereigentum stehen. Heizungsräume seien grundsätzlich aber nicht sondereigentumsfähig. Eine Ausnahme liege nicht vor.
  2. Hiergegen wendet sich B's Beschwerde. Er macht unter anderem geltend, dass der Raum, in dem sich die Heizung befindet, auch als Bad gebraucht werden solle. Die Heizung habe die Größe eines Reisekoffers und lasse im Verhältnis zur Raumgröße (8,24 m2) unproblematisch einen Gebrauch als Bad zu.
 

Die Entscheidung

Die Beschwerde hat Erfolg! Ein Raum, der eine im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Anlage beherberge (hier: die Heizung), müsse – wie § 5 Abs. 2 WEG zeige – nicht im gemeinschaftlichen Eigentum stehen (Hinweis auf OLG Schleswig v. 6.3.2006, 2 W 13/06, OLGR Schleswig 2006 S. 666). Der Raum könne im Sondereigentum stehen. Etwas anderes gelte, wenn er ausschließlich demselben Zweck wie die Anlage diene (Hinweis auf BGH v. 2.2.1979, V ZR 14/77, MDR 1979 S. 656). Der Raumzweck bestimme sich in erster Linie nach den Nutzungsangaben im Aufteilungsplan (Hinweis auf BayObLG v. 25.3.1992, 2 Z BR 1/92, MDR 1992 S. 772). Im Fall solle der Raum nach dem Aufteilungsplan als Bad gebraucht werden. Die Größe der Heizung lasse diesen Gebrauch unproblematisch zu.

 

Kommentar

Anmerkung

  1. In jeder Wohnungseigentumsanlage gibt es im Bereich des Sondereigentums gemeinschaftliches Eigentum. Das Gesetz geht hiervon aus (vgl. § 14 Nr. 4 WEG) – außerdem ist die Antwort selbstverständlich: Man denke nur an tragende Wände, Außenmauern, Boden und Decke oder die Fenster. Es ist ausgeschlossen, dass die entsprechenden Räume deshalb gemäß § 5 Abs. 2 WEG stets im gemeinschaftlichen Eigentum stehen (dann gäbe es kein Sondereigentum).
  2. Jedenfalls für Anlagen im Sinne von § 5 Abs. 2 WEG meint der Bundesgerichtshof indessen, ihre sachenrechtliche Einordung bestimme zugleich die sachenrechtliche Einordung des Raums, es sei denn, der Raum diene "nicht ausschließlich demselben Zweck wie die Anlage". Unter diese Rechtsprechung subsumiert das Oberlandesgericht. Das Ergebnis ist vertretbar – wenn auch Gebrauchsangaben im Aufteilungsplan grundsätzlich unbeachtlich sind.
  3. Besser wäre indes eine Abkehr. Man sollte sachenrechtliche Einordnungen nicht von Wertungen abhängig machen. Die Frage ist – und so stellt sie § 5 Abs. 2 WEG –, ob die Wohnungseigentümer (auch) an dem Raum einen "gemeinschaftlichen Gebrauch" haben müssen, wenn eine dort angebrachte Anlage oder Einrichtung im gemeinschaftlichen Eigentum steht. Diese Frage ist zu verneinen. Selbst wenn es einen ständigen (Mit-)Gebrauch der anderen Wohnungseigentümer an der Anlage/Einrichtung gibt, zum Beispiel wegen eines Bedienungs-, Kontroll- und Wartungsaufwands (siehe dazu BGH v. 5.7.1991, V ZR 222/90, NJW 1992 S. 50), kann der Raum selbst doch Sondereigentum bleiben. Denn es reicht aus, die Anlage oder Einrichtung (das kann ein Ventil, ein Schalter, ein Zähler, ein Verteiler usw. sein) bei Anlass aufzusuchen – was der Sondereigentümer entsprechend § 14 Nr. 4 WEG (entsprechend, weil es nicht um eine Erhaltungsmaßnahme geht) jeweils dulden muss.

Was ist für den Verwalter wichtig?

Über seinen Wortlaut hinaus ist § 5 Abs. 2 WEG nicht nur auf wesentliche Gebäudebestandteile, sondern auch auf Räume anzuwenden. Räume, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, können kein Sondereigentum sein. So soll es zum einen für Räume liegen, die zur Bewirtschaftung und Versorgung der Wohnungen und des gemeinschaftlichen Eigentums dienen. Zum anderen soll es so für Flure liegen, die als Zugang zu Räumen dienen, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Bremen, Beschluss v. 28.4.2016, 3 W 28/15

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