1 Leitsatz
Ist ein "Balkon" auf einem Garagendach nicht mit einer umfassenden Außenbrüstung versehen, sondern geht er in das Garagendach des Nachbargrundstücks über, so ist nicht davon auszugehen, dass dieser Balkon der Alleinnutzung des Wohnungseigentümers der ihm zuordnungsfähigen abgeschlossenen Wohnung dient und daher auch ohne entsprechende Nummerierung oder Zuweisung kraft der gesetzlichen Verbundenheit nach § 94 BGB im Sondereigentum steht.
2 Normenkette
§ 13, § 15 WEG
3 Das Problem
A und B schließen im Jahr 2000 einen Teilungsvertrag. Es werden mehrere Miteigentumsanteile gebildet und diese mit Sondereigentum an einer Wohnung oder an Garagen verbunden. Ein Miteigentumsanteil ist verbunden mit Sondereigentum an der Wohnung mit der Nr. 2 im Obergeschoss. Im Aufteilungsplan ist ein Raum dieser Wohnung, der auch mit der Nr. 2 versehen ist, eine als Terrasse bezeichnete Fläche auf dem gesamten Dach über 2 Garagen (die Garagen mit den Nummern 4 und 5). Im Jahr 2017 errichten A und B eine notarielle Urkunde zur Neuaufteilung der Wohnungseigentumsanlage. Dem jeweiligen Eigentümer des Wohnungseigentums Nr. 2 wird jetzt die Terrasse nur noch zur Sondernutzung zugewiesen und nur auf dem Dach der Garage Nr. 4. Dies hat folgenden Hintergrund: Das Flurstück, auf dem die Garage Nr. 5 steht, und das Flurstück, auf dem die Garage Nr. 4 sowie das Wohngebäude stehen, sollen zerlegt werden und das Flurstück mit Garage Nr. 5 dem Nachbargrundstück zugeschrieben und damit verschmolzen werden. Diese Urkunde legt die Notarin dem Grundbuchamt zum Vollzug vor. Das Grundbuchamt teilt in einem als Zwischenverfügung bezeichneten Schreiben mit, dass der der Wohnung im Obergeschoss vorgelagerte Balkon Bestandteil des Sondereigentums sei, an dem kein Sondernutzungsrecht begründet werden könne. Die Anträge seien daher binnen gesetzter Frist zurückzunehmen. Dagegen richtet sich die Beschwerde.
4 Die Entscheidung
Die Beschwerde ist nach Ansicht des OLG bereits unzulässig! Zwar könne eine Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO mit der Beschwerde gem. § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. § 71 Abs. 1 GBO angegriffen werden. Es liege aber keine Zwischenverfügung vor. Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass er offen lasse, ob er an seiner Ansicht festhalten würde, wonach ein zu einer Wohnung gehörender, mit einer massiven Außenbrüstung versehener Balkon nicht nur sondereigentumsfähig sei, sondern als Raum der ihm zuordnungsfähigen abgeschlossenen Wohnung der Alleinnutzung dieses Wohnungseigentümers diene und auch ohne entsprechende Nummerierung oder Zuweisung kraft der gesetzlichen Verbundenheit nach § 94 BGB zum Sondereigentum der Wohnung (§ 5 Abs. 1 WEG) gehöre (Hinweis auf OLG München, Beschluss v. 23.9.2011, 34 Wx 247/11, DNotZ 2012 S. 364). Denn im Fall bestehe kein mit einer massiven, umlaufenden Außenbrüstung versehener Balkon. Vielmehr gehe es um den Teil eines Garagendaches über der Garage Nr. 4, zu dem vorgebracht werde, dass eine Abgrenzung zu der auf dem Nachbargrundstück stehenden Garage Nr. 5 nicht bestehe. Aus der Urkunde ergebe sich, dass die Aufhebung der rechtlichen Vereinigung der Grundstücke und Zuschreibung der Grundstücksfläche der Garage Nr. 5 zu einem anderen Grundstück die bisherige Abgeschlossenheit aufgehoben habe und der Balkon damit nun auch von einem anderen Grundstück aus, nämlich vom Dach der Garage Nr. 5, zugänglich sei. Mithin sei mit dem Vollzug der Aufhebung der Raum über dem Garagendach der Garage Nr. 4 nicht als Sondereigentum, sondern nur als gemeinschaftliches Eigentum zu qualifizieren, sodass daran ein Sondernutzungsrecht bestellt werden könne (Hinweis auf Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 13 Rz. 53).
Hinweis
Der Fall hat einen Grundsatzstreit im Wohnungseigentumsrecht zum Gegenstand. Die Frage ist, ob ein Balkon ein "Raum" ist, oder als wesentlicher Gebäudebestandteil dem Eigentümer der Wohnung zusteht, der der Balkon vorgelagert ist.
Ist der Balkon ein "Raum", so kommt es in Betracht, an diesem Raum Sondereigentum zu begründen. Wird dies vergessen, stellt sich dann die Frage, wie sich dies sachenrechtlich auf die Wohnung auswirkt.
Ist der Balkon kein "Raum", sondern nur wesentlicher Gebäudebestandteil, stellt sich diese Frage nicht.
Zu dieser Frage gibt es bereits eine wenigstens als "merkwürdig" zu bezeichnende Entscheidung des OLG in München, die der Senat auch zitiert. Er hatte im Jahr 2011 entschieden, dass der Balkon "als Raum" zu der ihm zuordnungsfähigen abgeschlossenen Wohnung der Alleinnutzung dieses Wohnungseigentümers diene und kraft der gesetzlichen Verbundenheit des § 94 BGB auch zum Sondereigentum der Wohnung gehöre (OLG München, Beschluss v. 23.9.2011, 34 Wx 247/11, DNotZ 2012 S. 364). Auch ohne entsprechende Nummerierung gehöre der Balkonraum nach natürlicher Anschauung zum Sondereigentum der Gesamtwohnung, von der aus er zugänglich sei. Das merkwürdige an dieser Entscheidung ist, dass sie die beiden vertretenen Meinungen miteinander vermengt und einerseits dafürhält, ein Balkon sei ein Raum, und andererseits meint, auf diesen Raum sei § 94 BGB nicht anwendbar...