1 Leitsatz
Die Klage auf Feststellung, dass für eine Fläche eine Sondernutzungsrechtsvereinbarung besteht, ist gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten, wenn diese die Fläche – hier durch Errichtung eines Weges – als gemeinschaftliches Eigentum "nutzt".
2 Normenkette
§ 9a Abs. 2 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer K und die anderen Wohnungseigentümer streiten im Wesentlichen über den räumlichen Umfang einer Sondernutzungsrechtsvereinbarung, die Inhalt des Sondereigentums des K ist. Vor dem AG nimmt K die übrigen Wohnungseigentümer auf Feststellung in Anspruch, dass er unter Ausschluss der Beklagten und Dritter die näher bezeichnete Fläche ausschließlich zu nutzen berechtigt sei und sich die Fläche vom Gebäude bis hin zur Brüstung über der zur Tiefgarage herabführenden Rampe ziehe. K ist der Ansicht, dass sich das Sondernutzungsrecht auch auf einen derzeit entlang der Brüstung am Plattenweg erstreckt. In der Gemeinschaftsordnung heißt es: "Es werden Sondernutzungsregelungen getroffen: den jeweiligen Eigentümern der Wohnungen […] Nr. 2, K2 […] wird jeweils das Sondernutzungsrecht an der in den beigefügten Zeichnungen der Wohnungen vorgelagerten Flächen eingeräumt, und zwar […] b) der Wohnung Nr. 2, K2 an den Flächen T2, SN 2 […]." Das AG weist die Klage ab. Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, nach dem Aufteilungsplan könne der Umfang der Fläche nicht genau bestimmt werden. Zwar reiche die dort schraffierte Fläche bis an die Rampe der Tiefgarageneinfahrt heran. Es fehle allerdings an Angaben zum Flächenmaß; auch Angaben zur Länge und Breite fänden sich nicht. Mit der Berufung verfolgt K sein Feststellungsbegehren weiter. Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist stellt K auf Hinweis der Kammer die Klage auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer um. Die anderen Wohnungseigentümer meinen, das ginge nicht.
4 Die Entscheidung
Das LG meint, der Parteiwechsel sei wirksam und führe auch nicht zur Unzulässigkeit der Berufung. In der Sache sei die Klage gerechtfertigt. Die zulässige Berufung führe zur Verurteilung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, da in der Sache die Feststellung gerechtfertigt und die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auch passivlegitimiert sei. Denn der Streit über die Reichweite einer Sondernutzungsrechtsvereinbarung bestehe zwischen K und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, da diese den die Sondernutzungsrechtsvereinbarung des K beeinträchtigenden Gehweg eingerichtet habe, Störer i. S. d. § 1004 Abs. 1 BGB sei und K die von ihm behauptete Sondernutzungsrechtsvereinbarung streitig mache. Dass sich die Sondernutzungsrechtsvereinbarung auf die gesamte Fläche bis hin zur der zur Tiefgarage herabführenden Rampe erstrecke, ergebe sich aus dem Aufteilungsplan. Trotz mäßiger Qualität sei hinreichend erkennbar, dass sich die schraffierte Fläche, die das "Sondernutzungsrecht SN2" bezeichne, bis an die Rampe ziehe. Richtig sei zwar, dass auf der rechten Seite bereits auf diesem Plan ein Weg eingezeichnet sei. Dieser ende aber an der Schrägseite der Tiefgaragenzufahrt. Der äußerst rechte Schrägstrich stelle dabei einen Schrägstrich zur Schraffierung der Sondernutzungsfläche dar und markiere nicht die Fortführung des Weges weiter an der Rampe entlang. Dass der Plan keine Flächenangabe für die Sondernutzungsrechtsvereinbarung enthalte und die Außenlinien nicht bemaßt seien, sei unschädlich. Ein derartiges Erfordernis sehe § 3 Abs. 3 WEG erst in der ab dem 1.12.2020 geltenden Fassung für das Sondereigentum an Freiflächen vor. Da die Reichweite der Fläche sich hinreichend bestimmt aus der Zeichnung selbst ergebe, würde ein Verlangen von Quadratmeter- und Längenangaben die Anforderungen an die Bestimmtheit überspannen. Erforderlich sei allein, dass mit hinreichender Bestimmtheit die Lage des "Sondernutzungsrechtes" erkennbar sei.
5 Hinweis
Problemüberblick
Zunächst streiten die Wohnungseigentümer über den Inhalt einer Vereinbarung. Das LG meint, der Streit müsse zwischen dem beeinträchtigten Wohnungseigentümer und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geführt werden. Daher schwenkt der klagende Wohnungseigentümer auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer um. Das LG meint, er tue das Richtige und gibt der Klage nach der Auslegung der Vereinbarung statt. Dem ist, auch prozessual zuzustimmen, wenn die Sondernutzungsrechtsvereinbarung hinreichend bestimmt war. Dazu bedarf es in der Regel sehr wohl Flächenangaben.
Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?
Jede Verwaltung muss wissen, welche Sondernutzungsrechtsvereinbarungen es in einer Wohnungseigentumsanlage gibt und welchen Inhalt sie haben. Besteht Streit, kann auf Feststellung geklagt werden. Im Einzelfall richtet sich diese Klage auch gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.
6 Entscheidung
LG Frankfurt a. M., Urteil v. 7.9.2023, 2-13 S 130/22