1 Leitsatz
Aus § 10 Abs. 2 WEG lässt sich kein Anspruch auf eine größere Sondernutzungsfläche herleiten.
2 Normenkette
§§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 WEG
Sachverhalt
Der aufteilende Eigentümer bestimmt in seiner Teilungserklärung 2 Wohnungseigentumsrechte, das WE Nr. 1 mit einem Miteigentumsanteil von 1/3, und das WE Nr. 2 mit einem Miteigentumsanteil von 2/3. Ferner ordnet er 2 Sondernutzungsrechte an Gartenflächen an. Der aufteilende Eigentümer veräußert anschließend das WE Nr. 1 an K. Das WE Nr. 2 überträgt er B. Dem gemeinschaftlichen Grundstück ist eine Fläche vorgelagert, die im städtischen Eigentum steht, aber seit 1969 von dem jeweiligen Eigentümer des späteren WEG-Grundstücks als Vorgarten genutzt wird. Die Fläche misst 174 m2. Die den Wohnungseigentumsrechten zugewiesenen Sondernutzungsrechte am Gartengrundstück entsprechen einer Aufteilung von 1/3 und 2/3, würde man die im städtischen Eigentum stehende Vorgartenfläche zu dem WE Nr. 1 hinzurechnen. K beauftragt einen Sachverständigen damit, einen Lageplan anzufertigen, der eine Aufteilung der Sondernutzungsrechte im Verhältnis von genau 1/3 zu 2/3 vorsieht und dabei sowohl das Vorgartengrundstück ausklammert. Anschließend klagt er gegen B auf eine Umsetzung dieser Aufteilung.
2.1 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Ein Anspruch aus §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB scheide aus, da B dem K das Wohnungseigentum nicht veräußert habe. Ein Anspruch aus einem Grenzfeststellungsvertrag scheide ebenfalls aus. Ein solcher liege nicht vor. K habe schließlich auch keinen Anspruch aus § 10 Abs. 2 WEG. Nach dieser Vorschrift könne jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. Eine Regelung sei unbillig, wenn sie die beteiligten Interessen ohne sachlichen Grund nicht angemessen berücksichtige. Unter Berücksichtigung der den vorliegenden Einzelfall prägenden Umstände liege eine derartige Unbilligkeit nicht vor. Es sei nicht zwingend, mit jedem Miteigentumsanteil ein gleichlautendes Sondernutzungsrecht zu verbinden.
Hinweis
- Die einzige ernsthaft infrage kommende Anspruchsgrundlage war im Fall § 10 Abs. 2 WEG. Danach kann jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. Die Klage konnte danach nur dann Erfolg haben, wenn die Größe der Fläche, an der K ein Sondernutzungsrecht zustehen soll, im Verhältnis zu B unbillig wäre. Hierfür ist nichts erkennbar, denn die Größe der Miteigentumsanteile spielt insoweit keine Rolle. Dies sieht man schon daran, dass in aller Regel nicht alle Wohnungseigentümer – wenn überhaupt – ein Sondernutzungsrecht haben, sondern nur die Wohnungseigentümer, die ein Gebrauchsrecht an Gartenflächen oder Stellplätzen haben sollen.
- In der bis zum 30.11.2020 geltenden Rechtslage musste die Klage auf Änderung einer Vereinbarung gegen die anderen Wohnungseigentümer erhoben werden. Im aktuellen Recht ist unklar und streitig geworben, ob es dabei geblieben ist. Der Wortlaut des § 10 Abs. 2 WEG nennt nicht die Personen, die die Änderung/Anpassung schulden. Aus systematischen Gründen meine ich dennoch, dass sich nichts geändert hat und die Klage nicht gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu erheben wäre. Denn diese schließt keine Vereinbarungen.
3 Entscheidung
AG Hamburg-Harburg, Urteil v. 28.7.2020, 648 C 290/19