Leitsatz
In der vorliegenden Entscheidung hatte das FamG den Eltern, die gläubige Baptisten und als Spätaussiedler nach Deutschland gekommen waren, wegen Verstoßes gegen die Schulpflicht die elterliche Sorge in Schulangelegenheiten sowie das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen und auf eine Pflegerin übertragen.
Sachverhalt
Die Eltern von insgesamt acht gemeinsamen Kindern wehrten sich gegen den Besuch der öffentlichen Grundschule von zwei ihrer Kinder. Sie waren gläubige Baptisten und zusammen mit anderen Mitgliedern ihrer Glaubensgemeinschaft als Spätaussiedler nach Deutschland gekommen. Nach dem Besuch der ersten drei Klassen der öffentlichen Grundschule eines der Kinder haben die Eltern der Schule mitgeteilt, dass sie ihr Kind D. ebenso wie das Kind M., das zu diesem Zeitpunkt eingeschult werden sollte, zukünftig zu Hause unterrichten würden, da die Lehrinhalte und -methoden der öffentlichen Grundschule mit ihren Glaubensüberzeugungen fächerübergreifend nicht vereinbar seien. Gespräche mit Schulleitung, Bezirksregierung und Integrationsbeauftragtem führten ebenso wenig wie die rechtskräftige Verurteilung der Eltern zur Zahlung eines Bußgeldes von je 250,00 EUR dazu, dass die Eltern die Kinder zum Schulunterricht brachten. Sie strebten mit anderen Mitgliedern ihrer Glaubensgemeinschaft die Gründung einer Ersatzschule an, die ihren religiösen Überzeugungen entsprach. Eine Entscheidung im Verwaltungsverfahren stand noch aus.
Das FamG hat den Eltern im Wege der einstweiligen Anordnung die elterliche Sorge in Schulangelegenheiten sowie das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen und auf eine Pflegerin mit der Maßgabe übertragen, dass im Falle einer notwendig werdenden Fremdunterbringung der Kinder keine Heimunterbringung, sondern eine Unterbringung in einer baptistischen Pflegefamilie erfolgen solle, welche die allgemeine Schulpflicht anerkenne und die Teilnahme der Kinder am Unterricht in einer öffentlichen Schule oder einer anerkannten Ersatzschule ermögliche. Zugleich ist die Pflegerin ermächtigt worden, die Herausgabe der Kinder mangels Gewalt zu erzwingen.
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten hat das OLG zurückgewiesen.
Die Kinder wurden im Juli/August 2005 mit Einwilligung der Pflegerin nach Österreich umgemeldet. Sie hielten sich überwiegend dort auf und bewohnten gemeinsam mit ihrer Mutter sowie mit Angehörigen einer anderen baptistischen Familie, die ebenfalls die Erfüllung der deutschen Schulpflicht verweigerte, ein gemietetes Haus.
Der Vater lebte mit den anderen sechs Kindern weiterhin in Deutschland und ging dort einer Berufstätigkeit nach.
Die Mutter besuchte mit den Kindern D. und M. in den Ferien und an verlängerten Wochenenden die übrige Familie und beabsichtigte nicht, mit den Kindern dauerhaft in Österreich zu bleiben, sondern nach einem für sie erfolgreichen Abschluss des Verfahrens nach Deutschland zurückzukehren.
Die Pflegerin hat bei den österreichischen Behörden die Gestattung erwirkt, dass die Kinder in Österreich Heimunterricht nach § 11 des österreichischen Schulpflichtgesetzes erhalten.
Im Hauptverfahren hat das FamG die bereits mit der einstweiligen Anordnung getroffene Regelung über den teilweisen Entzug des Sorgerechts und dessen Übertragung auf die Pflegerin aufrechterhalten. Die Gefahr für das Kindeswohl bestehe trotz der Beschulung der Kinder in Österreich insoweit fort, als bei einer Aufhebung der angeordneten Maßnahme mit einer Rückkehr der Kinder nach Deutschland zu rechnen sei, ohne dass sie dort die öffentlichen Schulen besuchen würden.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Eltern hat das OLG zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgten die Eltern ihr Beschwerdebegehren weiter.
Ihr Rechtsmittel führte lediglich zur teilweisen Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und insoweit zur Zurückverweisung an das OLG, hatte aber im Übrigen keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BGH hielt die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für gegeben, da die Kinder nach den getroffenen Feststellungen ihren gewöhnlichen Aufenthalt weiterhin in Deutschland hatten.
Da die Kinder den Wohnsitz ihrer Eltern teilten und dieser für beide Elternteile weiterhin in Deutschland begründet sei, unterlägen die Kinder weiterhin der Schulpflicht nach deutschem Recht, die eine Hausunterrichtung nicht zulasse und die Eltern verpflichte, ihre Kinder zur Befolgung der Schulpflicht anzuhalten.
Den Verstoß der Eltern gegen die Schulpflicht sah der BGH als Missbrauch der elterlichen Sorge an, so dass Maßnahmen anzuordnen waren, die zur Abwehr der Gefahr geeignet und verhältnismäßig seien. Nach dem Wortlaut des § 1666 BGB müssten die Maßnahmen erforderlich sein. § 1666a BGB konkretisiere das Verhältnismäßigkeitsprinzip für besonders gravierende Maßnahmen. Insoweit erachtete der BGH angesichts des Unwillens der Eltern zur Abwehr der Gefahr den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts und des Rechts zur Regelung von Schulangelegenheiten in Übereinstimmung mit der herrschenden Me...