Leitsatz

Gegenstand der Entscheidung war die Frage, welche Vorschriften auf ein Beschwerdeverfahren zur elterlichen Sorge Anwendung finden, wenn das Verfahren erster Instanz vor dem 1. September 2009 eingeleitet worden ist.

 

Sachverhalt

Am 28.7.2009 beantragte der Kindesvater die Übertragung der elterlichen Sorge für das gemeinsame aus der Ehe hervorgegangene Kind auf sich. Am 30.7.2009 ging der entgegengesetzte Antrag der Kindesmutter beim AG ein.

Das AG hat der Kindesmutter mit Beschluss das Sorgerecht übertragen, der an die Prozessbevollmächtigte des Vaters am 14.4.2010 zugestellt wurde. Am 14.5.2010 ging die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Vaters per Fax beim AG ein. Das AG hat die Akten am 27.5.2010 dem OLG vorgelegt.

Das OLG wies den Vater darauf hin, dass die Beschwerde verfristet sei, da er sie beim unzuständigen Gericht eingelegt habe. Der Vater verteidigte die Einlegung der Beschwerde beim AG und beantragte im Übrigen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Beschwerde wegen der verspäteten Einlegung für unzulässig und gewährte dem Kindesvater auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist.

Nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG fänden auf das im Juli 2009 durch Antrag und Gegenantrag eingeleitete Verfahren die bis zum 31.8.2009 geltenden gesetzlichen Vorschriften Anwendung. Dies gelte auch für das Beschwerdeverfahren, auch wenn die angefochtene Entscheidung nach dem 1.9.2010 ergangen sei (vgl. BGH FamRZ 2010, 189; OLG Jena, Beschl. v. 1.3.2010 - 1 F 29/10, zitiert nach Juris; KG FÜR 2010, 103; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 23.11.2009, zitiert nach Juris; OLG Stuttgart OLGReport Stuttgart 2009, 872; vgl. auch Krause, FÜR 2010, 76).

Der Senat des OLG Dresden schloss sich insoweit der amtlichen Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zum FGG-RG an, wonach in Fällen, in denen - wie hier - das Verfahren in erster Instanz nach dem bisherigen Recht eingeleitet worden sei, auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach dem bisherigen Recht gelte.

Das Beschwerdeverfahren sei kein selbständiges Verfahren i.S.d. § 111 Abs. 2 FGG-RG. Der Gesetzesbegründung sei zu entnehmen, dass die Übergangsvorschrift des Art. 111 Abs. 1 FGG-RG sich einheitlich auf die Durchführung des Verfahrens in allen Instanzen gleichermaßen erstrecke. Sei das Verfahren in erster Instanz noch nach dem bisherigen Recht eingeleitet worden, so erfolge auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach dem bisher geltenden Recht. Ausschließlich, soweit auch das bereits das erstinstanzliche Verfahren nach den Vorschriften des FGG-Reformgesetzes durchzuführen gewesen sei, richte sich auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach den Regelungen des FGG-Reformgesetzes.

Die Beschwerde sei mithin verspätet. Als die - entgegen § 621e Abs. 3 S. 1 ZPO an das AG adressierte - Beschwerdeschrift des Antragstellers infolge Weiterleitung am 27.5.2010 beim Senat eingegangen sei, sei die einmonatige Frist zur Einlegung der Beschwerde bereits abgelaufen gewesen. Deswegen sei das Rechtsmittel als verspätet unzulässig.

Auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist sei dem Antragsteller nicht zu gewähren. Er habe auf eine fristgerechte Weiterleitung seines Rechtsmittels an das OLG im ordentlichen Geschäftsgang nicht vertrauen dürfen. Sein Rechtsmittel sei erst am Mittag des letzten Tages der Frist mittels Fax beim Familiengericht eingegangen. Bei dieser Sachlage habe der Beschwerdeführer nicht mit einem fristgerechten Eingang beim Beschwerdegericht im normalen Geschäftsgang rechnen können.

Wiedereinsetzung sei auch nicht deswegen zu gewähren, weil die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers einem Rechtsirrtum unterlegen sei. Auch insoweit sei die Fristversäumnis nicht unverschuldet. Seit der Entscheidung des OLG Stuttgart bereits im Oktober 2009 entschieden die Obergerichte in ständiger Rechtsprechung, dass das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar bleibe, wenn das Verfahren vor diesem Zeitpunkt eingelegt worden sei. So habe inzwischen auch der BGH in seiner Entscheidung vom 25.11.2009, veröffentlicht im Februarheft 2010 der FamRZ, entschieden. Die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hätte sich deswegen ohne weiteres Kenntnis von dieser Rechtsprechung verschaffen können und bei von ihr angenommener zweifelhafter Rechtslage vorsorglich handeln müssen, wie es bei einer für ihre Partei ungünstigen Entscheidung zur Wahrung ihrer Belange erforderlich sei.

Auch auf die unterlassene Rechtsmittelbelehrung könne sich der Antragsteller nicht berufen, da nach altem Recht eine Rechtsmittelbelehrung nicht erforderlich gewesen sei.

 

Link zur Entscheidung

OLG Dresden, Beschluss vom 14.06.2010, 23 UF 373/10

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