a) Allgemeines
Rz. 71
Als Prozessgrundsatz ist in familienrechtlichen Verfahren nach Art. 754 LEC 2000 der Ausschluss der Öffentlichkeit vorgesehen, was auf Antrag der Verfahrensbeteiligten oder von Amts wegen vom Gericht angeordnet wird. Nach den 2005 neugefassten Bestimmungen zu Trennung (Art. 81 CC) und Scheidung (Art. 86 i.V.m. Art. 81 CC) ist auch weiterhin zu unterscheiden zwischen den einvernehmlich gestellten Anträgen (siehe Rdn 55 f. und 72 f.) und dem Antrag eines einzelnen der Ehegatten ohne Mitwirkung noch mit Zustimmung des anderen, mithin im streitigen Verfahren (siehe Rdn 57 und >77). Was allerdings die Wirkungen der Klageerhebung, die Möglichkeit vorläufiger sowie endgültiger Maßnahmen zur Regelung der sich aus der Trennung bzw. Scheidung ergebenden Folgen angeht, so wird dies für wiederum beide Verfahren – einvernehmlich wie streitig – zusammenhängend dargestellt (siehe Rdn 78 f.). Im Übrigen gestaltet sich der Verfahrensablauf nicht allein nach den Bestimmungen des spanischen Zivilprozessgesetzes (LEC), sondern vielmehr in einem "Zusammenspiel" eigentlich materiellrechtlicher Normen des Código Civil mit den verfahrensrechtlichen der Ley de Enjuiciamiento Civil. Zu betonen ist, dass die mit der Reform des Scheidungsrechts beabsichtigte drastische Verkürzung der (Trennungs- und) Scheidungsverfahren nicht vorrangig mit einer Änderung des gerichtlichen Verfahrens, sondern vielmehr mit einer grundlegenden Vereinfachung der materiellen (Trennungs- und) Scheidungsvoraussetzungen erreicht werden sollte.
b) Einvernehmliche Scheidung
Rz. 72
Das Verfahren der einvernehmlichen Scheidung richtet sich nach der abschließenden Regelung in Art. 777 LEC 2000 i.d.F. des Scheidungsreformgesetzes von 2005. Unverzichtbare Verfahrensvoraussetzung ist hier, dass Einvernehmen zwischen den Parteien herrscht und der Inhalt des einvernehmlichen Vorschlags über das Regelungsabkommen zu den Scheidungsfolgen gesetzeskonform, also insbesondere nicht schädlich für die Kinder oder in schwerwiegendem Maße nachteilig für einen der Ehegatten, ist (Art. 90 Abs. 2 CC).
Rz. 73
Eingeleitet wird das Verfahren mit dem auf Auflösung der Ehe im gegenseitigen Einvernehmen abzielendem Antrag beim erstinstanzlichen Gericht bzw. Familiengericht. Der einleitende Schriftsatz muss den formalen und inhaltlichen Erfordernissen des Art. 399 LEC 2000 entsprechen. Der Antrag kann unmittelbar von beiden Ehegatten oder von einem mit Zustimmung des anderen gestellt werden (Art. 86 i.V.m. Art. 81 Nr. 1 CC). Dabei steht das Antragsrecht als höchstpersönliches Recht allein den Ehegatten zu, selbst wenn sie noch minderjährig sind. Allerdings ist in einem solchen Fall nach Art. 749 Abs. 2 LEC 2000 die Beteiligung der Staatsanwaltschaft vorgeschrieben, wie auch im Falle geschäftsunfähiger oder verschollener Ehegatten. Mit dem Tod eines von ihnen endet das Verfahren, ebenso mit ihrer ausdrücklich erklärten Versöhnung (Reconciliación), sofern diese nach Klageerhebung, aber vor Verkündung des Endurteils, stattfindet (Art. 88 CC).
Rz. 74
Zulässig ist die Klageerhebung bei einvernehmlicher Scheidung (oder Trennung), wenn seit der Eheschließung drei Monate verstrichen sind (Fristerfordernis des Art. 81 Nr. 1 CC). Zudem muss der Klage das Regelungsabkommen nach Art. 90 CC beigefügt werden (zum Inhalt siehe Rdn 64); insoweit stellt das Regelungsabkommen eine Prozessvoraussetzung dar. Weitere Voraussetzungen sind nicht gefordert. Nach altem Recht galt als Scheidungsgrund u.a. das tatsächliche Ende des ehelichen Zusammenlebens während zumindest eines ununterbrochenen Jahres seit Erhebung der Trennungsklage, sofern bereits bei deren Erhebung ein Jahr seit Eheschließung verstrichen war (Art. 86 Nr. 1 CC a.F.). Selbst im Fall der einvernehmlichen Scheidung war eine Scheidung also frühestens zwei Jahre nach Eheschließung möglich.
Rz. 75
Der Klageschrift sind die in Art. 777 Abs. 2 LEC aufgeführten Urkunden und Unterlagen beizufügen: Bescheinigung über die Eintragung der Eheschließung (Art. 61 f. CC; praktisch wie deutsche Heiratsurkunde), Geburtsurkunden der Kinder sowie der einvernehmliche Vorschlag des Regelungsabkommens nach Art. 90 CC. Dass dieses Regelungsabkommen auch hier als ein der Klageschrift beizufügendes Dokument ausdrücklich erwähnt wird, obschon es bereits zu den in Art. 86 i.V.m. Art. 81 CC genannten Scheidungsvoraussetzungen gehört, hebt die besondere Bedeutung dieser Übereinkunft der Ehegatten über die Scheidungsfolgen für das gesamte Verfahren hervor. Es ist gewissermaßen der "Dreh- und Angelpunkt" des Scheidungsverfahrens. Des Weiteren sind der...