Rz. 72
Das Verfahren der einvernehmlichen Scheidung richtet sich nach der abschließenden Regelung in Art. 777 LEC 2000 i.d.F. des Scheidungsreformgesetzes von 2005. Unverzichtbare Verfahrensvoraussetzung ist hier, dass Einvernehmen zwischen den Parteien herrscht und der Inhalt des einvernehmlichen Vorschlags über das Regelungsabkommen zu den Scheidungsfolgen gesetzeskonform, also insbesondere nicht schädlich für die Kinder oder in schwerwiegendem Maße nachteilig für einen der Ehegatten, ist (Art. 90 Abs. 2 CC).
Rz. 73
Eingeleitet wird das Verfahren mit dem auf Auflösung der Ehe im gegenseitigen Einvernehmen abzielendem Antrag beim erstinstanzlichen Gericht bzw. Familiengericht. Der einleitende Schriftsatz muss den formalen und inhaltlichen Erfordernissen des Art. 399 LEC 2000 entsprechen. Der Antrag kann unmittelbar von beiden Ehegatten oder von einem mit Zustimmung des anderen gestellt werden (Art. 86 i.V.m. Art. 81 Nr. 1 CC). Dabei steht das Antragsrecht als höchstpersönliches Recht allein den Ehegatten zu, selbst wenn sie noch minderjährig sind. Allerdings ist in einem solchen Fall nach Art. 749 Abs. 2 LEC 2000 die Beteiligung der Staatsanwaltschaft vorgeschrieben, wie auch im Falle geschäftsunfähiger oder verschollener Ehegatten. Mit dem Tod eines von ihnen endet das Verfahren, ebenso mit ihrer ausdrücklich erklärten Versöhnung (Reconciliación), sofern diese nach Klageerhebung, aber vor Verkündung des Endurteils, stattfindet (Art. 88 CC).
Rz. 74
Zulässig ist die Klageerhebung bei einvernehmlicher Scheidung (oder Trennung), wenn seit der Eheschließung drei Monate verstrichen sind (Fristerfordernis des Art. 81 Nr. 1 CC). Zudem muss der Klage das Regelungsabkommen nach Art. 90 CC beigefügt werden (zum Inhalt siehe Rdn 64); insoweit stellt das Regelungsabkommen eine Prozessvoraussetzung dar. Weitere Voraussetzungen sind nicht gefordert. Nach altem Recht galt als Scheidungsgrund u.a. das tatsächliche Ende des ehelichen Zusammenlebens während zumindest eines ununterbrochenen Jahres seit Erhebung der Trennungsklage, sofern bereits bei deren Erhebung ein Jahr seit Eheschließung verstrichen war (Art. 86 Nr. 1 CC a.F.). Selbst im Fall der einvernehmlichen Scheidung war eine Scheidung also frühestens zwei Jahre nach Eheschließung möglich.
Rz. 75
Der Klageschrift sind die in Art. 777 Abs. 2 LEC aufgeführten Urkunden und Unterlagen beizufügen: Bescheinigung über die Eintragung der Eheschließung (Art. 61 f. CC; praktisch wie deutsche Heiratsurkunde), Geburtsurkunden der Kinder sowie der einvernehmliche Vorschlag des Regelungsabkommens nach Art. 90 CC. Dass dieses Regelungsabkommen auch hier als ein der Klageschrift beizufügendes Dokument ausdrücklich erwähnt wird, obschon es bereits zu den in Art. 86 i.V.m. Art. 81 CC genannten Scheidungsvoraussetzungen gehört, hebt die besondere Bedeutung dieser Übereinkunft der Ehegatten über die Scheidungsfolgen für das gesamte Verfahren hervor. Es ist gewissermaßen der "Dreh- und Angelpunkt" des Scheidungsverfahrens. Des Weiteren sind der Antragsschrift die zur Begründung des Rechtsanspruchs der Parteien erforderlichen Unterlagen beizufügen und ggf. die Schlussübereinkunft in einem familienrechtlichen Mediationsverfahren (mediación familiar).
Rz. 76
Nach Eingang des (Trennungs- oder) Scheidungsantrags nebst vorerwähnter Unterlagen werden die Ehegatten vom Gericht aufgefordert, innerhalb von drei Tagen die Antragsschrift – getrennt voneinander – zu unterschreiben. Bleibt die fristgerechte Unterzeichnung durch einen Ehegatten aus, so wird unmittelbar die Einstellung des Verfahrens verfügt; diese Entscheidung ist unanfechtbar; davon unberührt bleibt jedoch das Recht der Ehegatten, die (Trennung oder) Scheidung im streitigen Verfahren gem. Art. 770 LEC 2000 zu betreiben (Art. 777 Abs. 3 LEC 2000). Erst nach Unterzeichnung der Antragsschrift durch beide Ehegatten findet die Prüfung der eingereichten Prozessunterlagen auf Vollständigkeit statt; sind sie unzureichend, räumt das Gericht den Parteien mittels gerichtlicher Verfügung eine Frist von zehn Tagen zur Vervollständigung der Unterlagen ein. Innerhalb dieser Frist führt das Gericht – soweit erforderlich – das Beweisverfahren über das Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen durch (Art. 777 Abs. 4 LEC 2000). Bei Vorhandensein von minderjährigen oder geschäftsunfähigen Kindern holt das Gericht eine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zu den die Kinder betreffenden Inhalten des Regelungsabkommens ein und führt eine Anhörung der Kinder – soweit diese genügend Urteilsvermögen besitzen – durch, wenn diese von Amts wegen erforderlich erscheint oder von der Staatsanwaltschaft oder dem Minderjährigen selbst beantragt wird; die Anhörung hat innerhalb der Zehn-Tages-Frist nach Art. 777 Abs. 4 LEC 2000 oder, falls eine Frist nicht gesetzt wurde, innerhalb von fünf Tagen stattzufinden (Art. 777 Abs. 5 LEC 2000). Darauf, d.h. wenn die Erfordernisse des vorher Bestimmten erfüllt sind oder, falls diese nicht erforderlich waren (als...