aa) Grundlagen – Rechtscharakter
Rz. 30
Die Sociedad de Gananciales als gesetzlicher Güterstand stellt ursprüngliches Recht des Código Civil dar und geht auf mittelalterliche Vorbilder zurück, basiert also nicht auf der Vorstellung von Gleichberechtigung von Mann und Frau und einer entsprechenden (jüngeren) Familienrechtsreform. Die Errungenschaftsgemeinschaft spanischen Rechts wird häufig mit der deutschen Zugewinngemeinschaft verglichen, doch handelt es sich hier um eine echte Gemeinschaft zur gesamten Hand (comunidad en mano común oder mancomunidad), um echtes Gesamthandseigentum im Sinne von gesamthänderischem Eigentum der Ehegatten (Art. 1344 CC).
bb) Vermögensmassen
Rz. 31
In der Errungenschaftsgemeinschaft wird zwischen drei Vermögensmassen unterschieden: das Gesamtgut, das beiden Ehegatten zur gesamten Hand zusteht (d.h. das gemeinsame Vermögen oder Errungenschaftsgut), sowie das Sondergut des einen und das des anderen Ehegatten.
Rz. 32
Gemeinsames Vermögen der Ehegatten ist nach dem Grundsatz in Art. 1344 CC dasjenige, das jeder von ihnen während der Dauer der Ehe als Gewinn oder Ertrag erhält. Nach Auflösung der Gemeinschaft wird ihm davon die Hälfte zugewiesen. Grundsätzlich wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass das Vermögen der Eheleute gemeinsames Vermögen ist (Art. 1361 CC). Zum Gesamtgut gehören nach Art. 1347 CC:
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der während der Ehe erwirtschaftete Arbeitslohn oder Gewerbeertrag jedes der beiden Ehegatten; |
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die Früchte, Zinsen oder Erträge aus dem Gesamtgut (Errungenschaft) wie aus dem Sondergut; |
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die mit Mitteln des gemeinsamen Vermögens entgeltlich erworbenen Vermögensgegenstände unabhängig davon, ob der Erwerb für die Gemeinschaft oder nur für einen der Ehegatten stattfindet; |
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Vermögensgegenstände, die aufgrund eines die Errungenschaft (Gesamtgut) betreffenden Vorkaufs- oder Rückkaufsrechts erworben wurden; |
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während der Ehe gegründete Unternehmen und Gesellschaftsbeteiligungen, soweit sie mit Mitteln des gemeinsamen Vermögens finanziert wurden. |
Zudem können bestimmte entgeltlich erworbene Güter durch Vereinbarung der Ehegatten, unabhängig davon, mit welchem Vermögen sie erworben wurden, zu gemeinsamen Gütern bestimmt werden (Art. 1355 CC).
Rz. 33
Sondervermögen eines jeden Ehegatten ist demgegenüber nach Art. 1346 CC:
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das von den Ehegatten in die Ehe eingebrachte Vermögen; |
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das während der Ehe unentgeltlich erworbene Vermögen oder was der Ehegatte als Ersatz für oder auf Kosten seines Sondervermögens erwirbt; |
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die Vermögenswerte, die von einem Ehegatten aufgrund eines Vor- oder Rückkaufsrechts erworben wurden; |
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während der Ehe erlangte höchstpersönliche, nicht übertragbare Rechte sowie persönliche Schadensersatzleistungen; |
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Kleidungsstücke und Gegenstände des persönlichen Gebrauchs, die keinen außergewöhnlichen Wert haben; |
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Gegenstände, die nur von einem Ehegatten zur Ausübung seines Berufs benötigt werden. |
Rz. 34
Beim Erwerb von Gegenständen mittels Ratenkaufs entscheidet über die Vermögenszuordnung, ob die erste Rate unabhängig von deren Höhe aus Mitteln des Gesamtguts oder des Eigenguts eines Ehegatten bestritten wurde. Wenn die erste Zahlung Eigencharakter hatte, zählt auch der Erwerbsgegenstand zum Sondergut (Art. 1356 CC). Ausgeschlossen ist indes, einen Gegenstand durch vertragliche Bestimmung zu Sondervermögen (Eigengut) zu machen (vgl. Art. 1355 CC – argumentum e contrario).
cc) Lasten der Errungenschaftsgemeinschaft und Verwaltung
Rz. 35
Das Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft ist zunächst naturgemäß für den Unterhalt der Familie, zur Ernährung und Erziehung der gemeinsamen Kinder und für den Lebensstandard der Familie angemessen einzusetzen (Art. 1362 CC). Daneben sind aus Mitteln des Gesamtguts die Kosten zu bestreiten, die mit dem Erwerb, Besitz und Genuss der gemeinsamen Güter sowie mit der gewöhnlichen Verwaltung des Eigenguts eines jeden Ehegatten verbunden sind. Auch die Kosten aus dem gewöhnlichen Betrieb eines Handelsgeschäfts eines Ehegatten oder aus anderen beruflichen Verpflichtungen gehen zu Lasten des gemeinsamen Vermögens. Für die Verwaltung der Errungenschaftsgemeinschaft gilt auch der Grundsatz der Parteiautonomie: Fehlt eine entsprechende Vereinbarung im Ehevertrag, so steht die Verwaltung beiden Eheleuten gemeinschaftlich zu (Art. 1375 CC). Erforderlichenfalls kann die fehlende Zustimmung eines Ehegatten durch richterliche Entscheidung ersetzt werden (Art. 1376 CC). Dem Prinzip der echten Gesamthandsgemeinschaft entsprechend können die Ehegatten sowohl entgeltliche als auch unentgeltliche Verfügungen über Bestandteile des Gesamtguts nur gemeinsam v...