Rz. 48

Auch hier ist wiederum zwischen den Regelungen zu unterscheiden, die in Buch I und Buch II enthalten sind und die Inseln Mallorca und Menorca betreffen, und den Vorschriften, die in Buch III geregelt sind, welche sich auf das Erbrecht von Ibiza und Formentera beziehen. Anders als nach gemeinspanischem Erbrecht fällt die Erbschaft nicht nur durch Testament oder nach dem Gesetz, sondern gemäß Art. 6 CDCIB auch durch bestimmte Verträge (Erbverträge) an. Das gemeinspanische Recht tritt der Zulässigkeit von Erbverträgen entgegen, weil es der Vorstellung anhängt, dass der Testierwille des Erblassers bis zum letzten Atemzug frei sein müsse. Ferner versagt es die Möglichkeit des Abschlusses von Erbverträgen mit Rücksicht auf die Besorgnis, der erbvertraglich Begünstigte könnte sich den Tod des Erblassers wünschen oder diesen sogar herbeiführen. Demgegenüber stehen für das balearische Erbrecht eher die Vertragsfreiheit und das Bestreben im Vordergrund, die Einheit des Familienvermögens zu wahren.[66] Dies wird durch den Abschluss entsprechender Erbverträge – in freilich unterschiedlicher und durch das Gesetz vorgegebener Ausprägung – erreicht. Zulässig sind nur solche Erbverträge, die sich ihrem Inhalt nach im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Typen halten.[67] Insofern weichen die Regelungen der CDCIB deutlich von den gemeinspanischen Regelungen der Art. 1271 Abs. 2, 816 und 991 CC ab, die prinzipiell Erbverträge für unzulässig erklären.[68]

 

Rz. 49

Soweit Erbverträge auslegungsbedürftig sind, wird vertreten, dass nicht an der Bezeichnung des Vertrages festzuhalten, sondern der Vertragstypus nach dessen Inhalt zu bestimmen ist. Die Auslegung des Erbvertrages soll sich neben Art. 675 CC auch an den Art. 1281–1285 CC ausrichten und auf eine systematische Auslegung des Vertrages in seiner Gesamtheit und nicht nur auf eine isolierte Betrachtung einzelner Klauseln ausgerichtet sein.[69]

 

Rz. 50

Zu unterscheiden sind grundsätzlich zwei Typen von Erbverträgen: solche, die Erbrechte begründen (donación universal als pacto de succedendo), und solche, die die Entstehung von Erb- bzw. Pflichtteilsrechten verhindern (definición – Mallorca und Menorca; finiquito – Ibiza und Formentera). In beiden genannten Konstellationen kommt eine Inanspruchnahme des jeweiligen Rechtsinstituts grundsätzlich (mit Einschränkungen in Bezug auf die definición) auch durch Ausländer in Betracht. Es kommt darauf an, ob der zukünftige Erblasser, dessen Nachlass durch den Erbvertrag betroffen ist, zum Zeitpunkt der Errichtung des Erbvertrages seinen gewöhnlichen Aufenthalt auf der betreffenden balearischen Insel hat, um deren Recht es geht, denn maßgeblich ist das zu diesem Zeitpunkt maßgebliche hypothetische Erbstatut. Ist ein gewöhnlicher Aufenthalt des Erblassers auf der betreffenden Insel gegeben, kann gemäß Art. 25 Abs. 1, 36 EuErbVO auch das Erbrecht der jeweiligen Insel für die Errichtung des Erbvertrages in Anspruch genommen werden. Gewisse Zweifel bzw. Bedenken bestehen indes insoweit in Bezug auf die mallorquinische definición (vgl. Rdn 64 ff.).

[66] Pons Salva, El pacto sucesorio mallorquin, rjib Nr. 11 (2013), S. 58, 60.
[67] SAP Baleares v. 28.12.2001, rec. 539/2001.
[68] SAP Baleares v. 20.11.2006, rec. 217/2006.
[69] STSJ Baleares v. 28.2.2006, rec. 3/2005.

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