Alexander Steinmetz, Rocío García Alcázar
Rz. 4
Um zu klären, ob das balearische Erbrecht auf einen erbrechtlichen Sachverhalt Anwendung findet, sind zunächst die einschlägigen Kollisionsnormen zu befragen, denn es stellen sich mehrere Fragen:
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Ist überhaupt spanisches Erbrecht maßgeblich (IPR)? Das balearische Erbrecht kann nur dann einschlägig sein, wenn überhaupt spanisches Erbrecht zur Anwendung kommen soll. |
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Welche spanische Teilrechtsordnung soll den Sachverhalt regeln (interregionales Kollisionsrecht)? |
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Soweit balearisches Erbrecht berufen ist: Welche lokale Teilrechtsordnung innerhalb des balearischen Erbrechts gilt (interlokaler Normenkonflikt)? Zu unterscheiden ist zwischen dem Erbrecht von Mallorca und Menorca einerseits und dem von Ibiza und Formentera andererseits. |
Rz. 5
Das balearische Recht verfügt nicht über ein eigenes IPR. Die Regelungen zum internationalen Privatrecht und die Normen, welche sich der Lösung interregionaler und interlokaler Normenkonflikte widmen, finden sich im gemeinspanischen Código Civil, was Art. 2 Abs. 2 CDCIB nur hervorhebt. Die Gesetzgebungskompetenz für das internationale und das interregionale Kollisionsrecht sind innerhalb Spaniens durch die spanische Verfassung (Art. 149.1.8 CE) ausschließlich dem Zentralstaat zugewiesen.
Rz. 6
Das internationale Erbrecht Spaniens seinerseits wird durch die entsprechenden Kollisionsnormen der EuErbVO innerhalb ihres Anwendungsbereichs zwar verdrängt. Die Art. 21 ff. EuErbVO bestimmen somit, ob spanisches Recht Anwendung findet. Damit ist aber noch nicht beantwortet, welche spanische Teilrechtsordnung das Erbstatut ausfüllen soll. Diese Frage wird durch das im Código Civil geregelte interregionale und interlokale Privatrecht Spaniens ermittelt. Dieser Vorrang des mitgliedstaatlichen interregionalen Kollisionsrechts wird auch durch Art. 36 Abs. 1 EuErbVO hervorgehoben. Grundsätzlich richtet sich die Auffindung der einschlägigen regionalen oder lokalen Teilrechtsordnung aufgrund von Art. 15 Abs. 4, 16 Abs. 1, Art. 9 Abs. 8 CC an der vecindad civil, der "bürgerlich-rechtlichen Gebietszugehörigkeit", aus, deren Vorschriften den Charakter zwingenden Rechts besitzen.
Rz. 7
Nur wenn es an entsprechenden spanischen Kollisionsnormen fehlt, wird die jeweilige spanische Teilrechtsordnung durch sog. Direktverweisung gemäß Art. 36 Abs. 2 EuErbVO berufen. Vorliegend wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Länderbericht Spanien: Gemeinspanisches Recht (Rdn 62 ff.) verwiesen. Dort wird insbesondere auch die Frage erörtert, nach welchen Regeln die maßgebliche Teilrechtsordnung bei ausländischen Erblassern zu bestimmen ist. Auch die Bestimmung einer lokalen Teilrechtsordnung (bspw. Berufung des Erbrechts von Mallorca) erfolgt für Ausländer grundsätzlich über Art. 36 Abs. 2 lit. a EuErbVO.