Alexander Steinmetz, Rocío García Alcázar
Rz. 97
Das Noterbrecht besteht – soweit nicht vom Recht Gebrauch gemacht wird, das Noterbrecht in einen Zahlungsanspruch umzuwandeln, vgl. Rdn 98 – in dem Recht auf Übertragung von Nachlassgegenständen aus der Erbmasse, die dem Wert nach der Pflichtteilsquote entsprechen (pars bonorum). Der Noterbberechtigte kann nämlich gemäß Art. 47 Abs. 1 CDCIB die Rechte auf Herausgabe und Teilung des Nachlasses geltend machen und auch das Erbauseinandersetzungsverfahren einleiten, auch wenn er kein Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers ist. Der Noterbe ist nämlich nicht notwendig und insbesondere nicht allein aufgrund seiner Eigenschaft als Noterbe auch Gesamtrechtsnachfolger. Dem Noterbberechtigten steht gemäß Art. 48 Abs. 1 CDCIB ein Recht auf einen Anteil am Nachlass zu. Diese Rechtslage hat insbesondere zur Folge, dass die Erbteilung nur unter Beteiligung des Noterbberechtigten vorgenommen werden kann. Die nur durch den testamentarisch eingesetzten Erben und ohne Mitwirkung der Noterbberechtigten errichtete Erbteilungsurkunde ist somit nicht in das Grundbuch eintragungsfähig.
Rz. 98
Ausnahmsweise wandelt sich der Charakter des Rechts des Noterben in einen Pflichtteilsanspruch im Sinne eines Zahlungsanspruchs gegen den Erben um (Art. 48 Abs. 1 S. 2 CDCIB), so dass der Pflichtteilsberechtigte von dem Erben die Zahlung des Noterbteils/Pflichtteils verlangen kann (pars valoris bonurum). Zwar haften die Nachlassgüter für die Erfüllung des Zahlungsanspruchs (Art. 48 Abs. 6 CDCIB). Da der Pflichtteilsberechtigte seine Stellung als an der Nachlassteilung zu beteiligender Noterbe verliert, ist zu seinem Schutz gegenüber gutgläubigen Dritten ein Vermerk im Grundbuch gem. Art. 15 LH einzutragen. Dies setzt nach Art. 48 Abs. 4 CDCIB voraus, dass der Erbe dem Noterbberechtigten die Entscheidung, ihn in Geld auszuzahlen, nachweislich innerhalb von einem Jahr ab Eintritt des Erbfalls mitteilt. Die Zahlung wird dann innerhalb eines Jahres nach der entsprechenden Mitteilung fällig bzw. innerhalb von zwei Jahren, wenn die Pflichtteilsquote ⅓ übersteigt. Die Umwandlung des Noterbrechts in einen Zahlungsanspruch setzt freilich auch voraus, dass die Auszahlung des Pflichtteils in Geld durch den Erblasser oder den heredero distribuidor gestattet worden ist.
Rz. 99
Zum Zwecke der Berechnung des Noterbteils sind die Freigebigkeiten des Erblassers gemäß Art. 47 Abs. 3 CDCIB mit dem Wert dem Nachlass hinzuzurechnen, den sie zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers hatten. Auf den Noterbteil sind die Zuwendungen – z.B. die Schenkungen – die der Noterbe vom Erblasser zu Lebzeiten erhalten hat, anzurechnen. Dies gilt selbst dann, wenn der Erblasser eine entsprechende Anrechnungsbestimmung nicht angeordnet hat (Art. 48 Abs. 7 CDCIB).
Rz. 100
Das balearische Recht lässt insoweit keinen Raum für die Anwendung der Vorschriften des gemeinspanischen Rechts (Art. 815, 820 CC) im Hinblick auf die Herabsetzung/Kürzung von Zuwendungen wegen ihrer pflichtteilsverkürzenden Wirkung, als die Anordnung des Art. 48 Abs. 2 CDCIB reicht. Hiernach sind die Anordnung von Sachvermächtnissen und die Teilungsanordnungen des Erblassers oder des Erben-Nachlassteilers zu respektieren. Deshalb sind in erster Linie die Vermächtnisse zugunsten von Begünstigten, die nicht Noterben sind, zu widerrufen bzw. herabzusetzen. Die Geltendmachung der Herabsetzung muss im Klagewege erfolgen, weil sie – in analoger Anwendung von Art. 654 Abs. 2 CC – einer Ausschlussfrist von fünf Jahren unterliegt. Die absichtliche Übergehung lässt das Recht auf das Noterbrecht unberührt (Art. 46 Abs. 1 CDCIB). Die unbeabsichtigte Übergehung eines noterbberechtigten Abkömmlings kann eine letztwillige Verfügung gemäß Art. 46 Abs. 2 CDCIB anfechtbar machen.