Alexander Steinmetz, Rocío García Alcázar
1. Testierfähigkeit
Rz. 32
Die Voraussetzungen der Testier- und Geschäftsfähigkeit werden durch die Normen des gemeinspanischen Rechts ausgefüllt.
2. Testamentsformen
a) Allgemeines
Rz. 33
Im Erbrecht von Mallorca und Menorca sind geregelt
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das Testament (Art. 6, 14 CDCIB), |
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das Kodizill (Art. 17 CDCIB) sowie |
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zwei Arten von Erbverträgen: die Universalschenkung (donación universal) – Art. 11 ff. ErbVG) – und die definición (Erb-/Pflichtteilsverzicht), geregelt in den Art. 38 ff. ErbVG. |
Rz. 34
Die Testamentsauslegung erfolgt nach den Vorschriften des Código Civil (insb. Art. 675 CC). Für die Auslegung von Erbverträgen gelten besondere Vorschriften, die unter Rdn 52 dargestellt werden.
b) Mallorca und Menorca
Rz. 35
Testamente sind (im Unterschied zu Art. 667 CC – Zulässigkeit der Anordnung eines Vermächtnisses ohne Erbeinsetzung im Testament) nur wirksam, wenn sie eine Erbeinsetzung beinhalten, was durch Art. 14 Abs. 1 CDCIB klargestellt ist; ggf. kann ein Testament ohne Erbeinsetzung in ein Kodizill umgedeutet werden (Art. 17 Abs. 3 CDCIB).
Rz. 36
Durch ein Kodizill kann der Erblasser Anordnungen treffen, Testamente oder Universalschenkungen ergänzen oder abändern, oder Verfügungen zu Lasten der gesetzlichen Erben treffen. Gegenstand des Kodizills kann gemäß Art. 17 Abs. 1 CDCIB eine Erbeinsetzung oder deren Widerruf aber nicht sein, wohl aber soll die Bezeichnung von Erben und die Bestimmung von Erbquoten zulässig sein.
Rz. 37
Ungewöhnlich aus deutscher Sicht ist sicherlich, dass die Auswahl des Erben sich ggf. aus der letztwilligen Verfügung eines Dritten ergeben kann (siehe dazu Rdn 40 f., 42 f.).
c) Ibiza und Formentera
Rz. 38
Das für Ibiza und Formentera geltende Recht erkennt neben der Möglichkeit der in den Art. 51 ff. ErbVG geregelten Erbeinsetzungsverträgen und Erbverzichtsverträgen (Art. 74 ff. ErbVG) auch die Errichtung von Testamenten an. Art. 70 CDCIB verweist insoweit für die testamentarische Erbfolge ausdrücklich auf die Geltung des Código Civil.
3. Die Erbeinsetzung
a) Allgemeines
Rz. 39
Die Erbeinsetzung erfolgt durch Erbvertrag (siehe Rdn 51 ff.) oder Testament. Der Erbe tritt in Übereinstimmung mit Art. 661 CC in seiner Eigenschaft als Gesamtrechtsnachfolger in alle Rechte und Pflichten des Erblassers ein.
b) Mallorca und Menorca: heredero distribuidor/fideicomiso de distribución
Rz. 40
Eine Besonderheit des balearischen Erbrechts besteht in der Möglichkeit, einen heredero distribuidor, einen mit der Erbteilung und/oder Auswahl beauftragten Erben ("teilungsbeauftragter Erbe"), einzusetzen. Damit legt der Erblasser, der bei Errichtung des Testaments oder der donación universal (siehe dazu Rdn 54 ff.) noch nicht absehen kann, welcher seiner Verwandten sich als geeigneter Rechtsnachfolger erweist, die Bestimmung des Erben vertrauensvoll in die Hände des Teilungsbeauftragten (traditionell der Ehegatte). Die Auswahl hat aus dem Kreis der Verwandten des Erblassers oder des Teilungsbeauftragten zu erfolgen (Art. 18 Abs. 1 CDCIB). Die entsprechenden Vorschriften des fideicomiso de distribución finden sich in den Art. 18–23 CDCIB. Der teilungsbeauftragte Erbe wird durch Testament oder Donación Universal eingesetzt. Tauglich ist als heredero distribuidor der eingesetzte Erbe (auch wenn nur zum Nießbrauch in Bezug auf den ganzen oder einen Teil des Nachlasses) oder der Vermächtnisnehmer des Universalnießbrauchs, weshalb die Bezeichnung als "teilungsbeauftragter Erbe" etwas irreführend ist, weil die Einsetzung als Erbe nicht vorausgesetzt wird. Der Teilungsbeauftrage ist dann befugt, nach dem Tod des Erblassers unter den Verwandten des Teilungsbeauftragten oder des Erblassers die Erben auszuwählen und sie zu gleichen oder ungleichen Teilen (Art. 18 Abs. 1 CDCIB) einzusetzen. Die nicht ausgewählten sind dann von der Erbfolge ausgeschlossen. Der heredero distribuidor ist auch befugt, die Verbindlichkeiten des Nachlasses auszugleichen sowie den Nachlass innerhalb des genannten Personenkreises zu teilen. Die letztwillig vorgenommenen Verfügungen des Teilungsbeauftragten sind – im Unterschied zu den lebzeitig getroffenen "Verfügungen", die zudem zwingend in öffentlicher Urkunde niedergelegt sein müssen – gemäß Art. 19 Abs. 1 CDCIB widerruflich. Hat der Beauftragte allerdings einmal lebzeitig formgemäß eine Auswahl getroffen, so ist er hieran gebunden und kann diese nicht durch spätere letztwillige Verfügung wieder einseitig widerrufen.
Rz. 41
Erstrecken sich die Befugnisse des Teilungsbeauftragten sowohl auf die Auswahl als auch auf die Teilung, so soll gemäß Art. 19 Abs. 2 CDCIB der Nachlass erst dann auf die Verwandten übergehen, sobald die Auswahl oder Teilung erfolgt ist. Dem Teilungsbeauftragten kommt die Stellung eines "treuhänderischen Erben" zu (Art. 23 CDCIB), worin die Nähe zum Vorerben zu...