I. Vorbemerkung: Gemeinsame Aspekte
Rz. 54
Bis zur Einführung der Scheidung im Jahre 1981 war die gerichtliche Trennung (Separación) für Eheleute die einzige Möglichkeit, auch räumlich "voneinander" Abstand zu nehmen, ohne dass jedoch das Eheband aufgelöst wurde. Auch nach Zulassung der Scheidung der Ehe dem Bande nach wurde die Trennung als eigenständiges – unabhängig von der Scheidung zu sehendes – Rechtsinstitut beibehalten. Daran hat auch das weitreichende Reformgesetz Nr. 15/2005 vom 8.7.2005 nichts geändert, wie bereits sein voller Name deutlich macht: "Gesetz über die Änderung des Código Civil und des Zivilprozessgesetzbuchs auf dem Gebiet des Rechts der Trennung und der Scheidung". Schon hier sei erwähnt, dass das gerichtliche Trennungsverfahren nicht notwendige Voraussetzung für ein folgendes Scheidungsverfahren ist. Beide Verfahren haben indes zum Teil gleiche Rechtsgrundlagen, so dass beide Rechtsinstitute in verschiedenen Normen insbesondere des Zivilprozessgesetzes (LEC) gemeinsam behandelt werden. Gerade was das Verfahren angeht, sind Differenzen scheinbar kaum vorhanden – die verschiedenen Ziele – einmal "nur" Trennung, zum anderen Scheidung und damit Auflösung des Ehebandes – machen den Unterschied aus.
II. Trennung
Rz. 55
Die gerichtliche Trennung ist geregelt in den Art. 81–84 CC. Nach wie vor ist die Trennung unabhängig von der Form der Eheschließung möglich, also sowohl bei der zivilen Ehe als auch bei der in religiöser Form geschlossenen Ehe (Art. 81 vor Nr. 1 CC). Im Übrigen aber sind die Normen durch das Reformgesetz Nr. 15/2005 vom 8.7.2005 (siehe Rdn 3 f.) grundlegend geändert worden. Entscheidend ist seitdem allein ein bestimmter Fristablauf; auf das Vorliegen eines bestimmten materiellen Trennungsgrundes kommt es nicht mehr an (Art. 82 CC a.F. mit der enumerativen Aufzählung der einzelnen Trennungsgründe wurde komplett aufgehoben). Nach Art. 81 CC kann die gerichtliche Trennung beantragt werden, sei es von beiden Ehegatten oder von einem von ihnen mit der Zustimmung des anderen, sobald drei Monate seit der Eheschließung verstrichen sind (Art. 81 Nr. 1 CC). Der entsprechenden Klage muss der Vorschlag eines Regelungsabkommens (betreffend die Folgen der Trennung) gem. Art. 90 CC beigefügt werden (wie es auch für die Scheidung verlangt wird; siehe im Einzelnen Rdn 64). Nach altem Recht mussten zwölf Monate, d.h. das erste Ehejahr, verstrichen sein.
Rz. 56
Zur Begründung der drastischen Vereinfachung der Voraussetzungen für die gerichtliche Trennung wie auch für die Scheidung führt der Gesetzgeber in der amtlichen Gesetzesbegründung im Wesentlichen an, damit dem hohen Gut der (Willens-)Freiheit Rechnung zu tragen, dass die Bürger ihre Persönlichkeit entfalten können. Demzufolge sei die Reichweite der Freiheit der Ehegatten auch hinsichtlich der Möglichkeit, die Auflösung der ehelichen Verbindung zu beantragen, entsprechend auszudehnen. Wenn es Wille der Ehegatten sei, die eheliche Verbindung aufzugeben, so könne es nicht auf den Beweis eines bestimmten Grundes ankommen, vielmehr liege der bestimmende Grund in dem im (Trennungs- bzw.) Scheidungsantrag zum Ausdruck kommenden Willen. Um dieses Prinzip der persönlichen (Entfaltungs-)Freiheit zu stärken, genüge es, wenn einer der Ehegatten nicht die Fortsetzung der ehelichen Verbindung wünsche, dass er den (Trennungs- bzw.)Scheidungsantrag stelle. Dafür werde (grundsätzlich) nur das Verstreichen von drei Monaten seit der Eheschließung vorausgesetzt und die Vorlage eines Vorschlags über die Folgen der Trennung.
Rz. 57
Daneben kann die gerichtliche Trennung auch auf Antrag eines einzelnen Ehegatten, ebenfalls unter Einhaltung der Drei-Monats-Frist, angeordnet werden (Art. 81 Nr. 2 CC). Der Ablauf dieser Frist ist indes nicht erforderlich, wenn glaubhaft gemacht wird, dass eine Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit, die moralische Integrität oder die sexuelle Freiheit und Indemnität des klagenden Ehegatten selbst oder der gemeinsamen Kinder besteht. Auch in diesem Fall muss der Klage ein Vorschlag über die Maßnahmen zur Regelung der aus der Trennung resultierenden Wirkungen beigefügt werden.
Rz. 58
Daneben wurde 2015 die außergerichtliche Ehetrennung (und Ehescheidung) eingeführt, zumindest für Ehepaare ohne minderjährige Kinder. Infolge der umfassenden Neuregelung des Rechts der Freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Gesetz 15/2015 kam es auch zu etlichen Änderungen von Artikeln des Código Civil, u.a. der Vorschriften zum Recht der Ehetrennung (und der Ehescheidung). Nach dem neugefasste...