I. Grundlagen
Rz. 102
Das Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zeigt in Spanien ein uneinheitliches Bild. Eine in ganz Spanien geltende Regelung fehlt. In keinem zentralstaatlichen Recht – weder im Código Civil noch in einem eigenen Gesetz – ist dieses "Rechtskonstrukt" positiv geregelt – anders dagegen in den Partikular- bzw. Foralrechten. Die meisten Autonomen Gemeinschaften (Comunidades Autónomas) haben positive Regelungen über die nichteheliche – heterosexuelle wie homosexuelle – Lebensgemeinschaft: Den Beginn machte Katalonien 1998 mit Erlass des Gesetzes über stabile Partnerschaften. Ihm folgten (bereits bis 2005) weitere elf der insgesamt 17 Autónomas:
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Aragón mit Gesetz Nr. 6/1999 (relativa a las parejas estables no casadas); |
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Navarra mit Gesetz Nr. 6/2000 (para la igualidad jurídica de las parejas estables); |
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Valencia mit Gesetz Nr. 1/2001 (reguladora de las uniones de hecho); |
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die Balearen mit Gesetz Nr. 18/2001 (de parejas estables); |
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Madrid mit Gesetz Nr. 11/2001 (de uniones de hecho de la Comunidad de Madrid); |
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Asturien mit Gesetz Nr. 4/2002 (de parejas stables); |
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Andalusien mit Gesetz Nr. 5/2002 (de parejas de hecho); |
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Kanarische Inseln mit Gesetz Nr. 5/2003 (sobre parejas de hecho); |
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Extremadura mit Gesetz Nr. 5/2003 (sobre parejas de hecho); |
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Baskenland mit Gesetz Nr. 2/2003 (reguladora de las parejas de hecho del País Vasco); |
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Kantabrien mit Gesetz Nr. 1/2005 (de parejas de hecho); |
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Sonderfall Galicien: Das Galicische Foralrecht, Gesetz Nr. 2 vom 14.6.2006, enthält in der dritten Zusatzbestimmung des Gesetzes, damit recht "versteckt", eine Regelung, wonach die eheähnlichen Gemeinschaften den Ehepaaren "im Rahmen dieses Gesetzes" gleichgestellt werden – somit findet sich auch hier eine foralrechtliche Regelung. |
Rz. 103
Darüber hinaus haben die Autónomas Castilla-La Mancha und Castilla-León wenn auch keine eigenen Gesetze erlassen, jedoch eigene Register für unverheiratete Paare errichtet. Dies gilt darüber hinaus für einige Gemeinden in den Autónomias La Rioja bzw. Murcia. Die Vielzahl der in Spanien zu dieser Materie ergangenen Gesetze erklärt sich aus den – auch den Autonomen Gemeinschaften auf dem Gebiet des Zivilrechts zustehenden – Gesetzgebungskompetenzen (vgl. Rdn 6) – allerdings nicht unbegrenzt: nach Art. 149.1.8 der Constitución Española nur zur Erhaltung, Veränderung und Fortbildung des vorhandenen Rechts. Daher regeln die einzelnen Gesetze die Materie unterschiedlich intensiv, enthalten teils eher Bezugnahmen auf Spezialgesetze oder geben Rechtsgrundsätze wieder. Dagegen sind die Bereiche Eheschließung, Registerwesen und Kollisionsrecht dem gesamtspanischen Gesetzgeber vorbehalten, wie insbesondere mit Erlass des Gesetzes Nr. 13/2005 zur Reform des Eheschließungsrechts (Zulassung der gleichgeschlechtlichen Ehe; siehe Rdn 2 f.) unter Beweis gestellt.
Rz. 104
Aus der gesellschaftlichen Situation in Spanien kann sich das breite Regelungsbedürfnis nicht ableiten lassen. Die Anzahl nichtehelicher Lebensgemeinschaften war zumindest noch relativ gering – nur ca. 4 % der 19- bis 49-Jährigen lebten im Jahr 2003 unverheiratet mit einem verschiedengeschlechtlichen Partner zusammen. Für gleichgeschlechtliche Partnerschaften dürfte der Prozentsatz nicht deutlich über dem der erstgenannten "Ehen ohne Trauschein" liegen. Besonders auf den Kanarischen Inseln und den Balearen sind nichteheliche Lebensgemeinschaften verbreitet, ebenso in Valencia, dem Baskenland und Katalonien. In Aragón, Castilla-La Mancha, Extremadura oder etwa Asturien gibt es sie nur in geringem Maße. Gleichwohl war Aragón die zweite Comunidad Autónoma, die ein Gesetz erließ. Dass mit Asturien und Extremadura zwei Autónomas ohne eigene Gesetzgebungskompetenz zum Privatrecht jeweils ein Gesetz zu dieser Materie verabschiedet haben, lässt auf andere Motivationen der Gesetzgeber schließen. Einige davon sind mit Erlass des bereits oben erwähnten Gesetzes Nr. 13/2005 mit der Zulassung der gleichgeschlechtlichen Ehe als Regelung für den Gesamtstaat (durch die damals neue sozialistische Regierung) in Erfüllung gegangen.
Rz. 105
Allgemein lassen sich zu den genannten Gesetzen folgende Aspekte feststellen: Eine Modellfunktion hat das katalanische Gesetz. Die Regelungen sind weitgehend einheitlich. Erfasst werden jeweils gleichgeschlechtliche wie verschiedengeschlechtliche Paare, doch nicht immer mit gleichen Wirkungen für beide Paare. So weisen bereits die verschiedenen Begriffe (u.a. uniones oder parejas estables, uniones de hecho) auf Unterschiede auch in den jeweiligen Regelungen hin. Doch zeichnet sich eine Angleichung ab – so haben etwa im Kindschaftsrecht das Baskenland wie auch Navarra ein gemeinsames Adoptionsrecht für alle Lebenspartnerschaften vorgesehen. Im Verhältnis zur Ehe stellen die diversen Rechtsinstitute der nichtehelichen Lebensgemeinschaften eine Art "Mini-Ehen" dar, also mit schwächeren Rechtswirkungen vo...