Alexander Steinmetz, Rocío García Alcázar
Rz. 105
Der überlebende Ehegatte hat nach dem gemeinspanischen Recht des Código Civil grundsätzlich eine erbrechtlich recht schwache Position (siehe Rdn 11 f.). Er ist zwar gem. Art. 807 Nr. 3 CC auch Noterbe (heredero forzoso), haftet aber nicht für Nachlassverbindlichkeiten. In dem häufigen Fall aber, dass Abkömmlinge oder Aszendenten (Voreltern) vorhanden sind, steht ihm lediglich ein gesetzliches Nießbrauchsrecht am Nachlass zu. Zweifelhaft ist, ob das spanische Ehegattenerbrecht in Form des Nachlassnießbrauchs in den deutschen Erbschein aufzunehmen ist. Dies dürfte mit Rücksicht darauf, dass das "gesetzliche Erbrecht" in der Gestalt des Nachlassnießbrauchs nach spanischem Recht dem Ehegatten nicht die Stellung eines Gesamtrechtsnachfolgers verleiht, abzulehnen sein.
Rz. 106
Dieses Nießbrauchsrecht beträgt neben Abkömmlingen ⅓, neben Eltern oder anderen Aszendenten die Hälfte des Nachlasses (Art. 834, 837 CC). Allerdings steht den Erben nach Art. 839 CC ein Ablösungsrecht zu durch Zahlung einer lebenslangen Rente an den überlebenden Ehegatten, die Gewährung von Erträgen aus bestimmten Vermögensgegenständen oder durch die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages. Das Ablösungsrecht können die Erben notfalls auch im Klageweg geltend machen (Art. 839 Abs. 1 CC). Ein entsprechendes eigenes Ablösungsrecht steht auch dem überlebenden Ehegatten zu, wenn er neben den Kindern des Erblassers erbt (Art. 840 CC).
Rz. 107
Bei Fehlen von Abkömmlingen oder Aszendenten wird der überlebende Ehegatte dagegen selbst dann Alleinerbe, wenn Geschwister des Erblassers, Halbgeschwister oder deren Abkömmlinge vorhanden sind (Art. 944 CC).
Rz. 108
Voraussetzung für die Geltendmachung des Noterbrechts nach dem verstorbenen Ehegatten ist allerdings, dass die Ehe nicht nach dem Gesetz getrennt ist oder eine tatsächliche Trennung erfolgt ist (Art. 834 CC). Anders als im deutschen Recht führt schon seit der Gesetzesreform gemäß Gesetz 15/2005 bereits die tatsächliche Trennung der Ehegatten zum Verlust des Ehegattenerbrechts. Soweit auf einen deutschen Staatsangehörigen nach Inkrafttreten der EuErbVO das Erbrecht des CC Anwendung findet, kann sonach durch die rein tatsächliche Trennung das Ehegattenerbrecht entfallen.
Rz. 109
Hinsichtlich der Rechtslage bei einer deutsch-spanischen Ehe und einem vor dem 17.8.2015 eingetretenen Erbfall – also nach deutschem IPR – verweisen wir für die Perspektive aus deutscher Sicht auf die Ausführungen in der 3. Auflage 2015 (dort Rn 93).
Rz. 110
Hinsichtlich der Sicht des spanischen Richters bei einem bis zum 16.8.2015 eingetretenen Erbfall wird ebenfalls auf die Ausführungen in der 3. Auflage 2015, dort Rn 94).
Rz. 111
Unter Geltung der EuErbVO für ab dem 17.8.2015 eingetretene Erbfälle kommt das gem. Art. 21 EuErbVO (gewöhnlicher Aufenthalt des Erblassers) oder gem. Art. 22 EuErbVO (Rechtswahl) maßgebliche nationale Erbrecht zur Anwendung. Wird spanisches Erbrecht berufen, so bestimmt sich das Recht der maßgeblichen Teilrechtsordnung vorrangig (Art. 36 Abs. 1 EuErbVO) nach dem interregionalen Erbrecht Spaniens. Zur Anknüpfung des Ehegattenerbrechts an das Ehegüterstatut gem. Art. 9.8 S. 3 CC auf interregionaler Ebene vgl. Rdn 87 und 12 ff.