Alexander Steinmetz, Rocío García Alcázar
1. Allgemeines
Rz. 216
Die Erbeneigenschaft wird im Grundbuchverfahren gem. Art. 14 LH durch einen der in Rdn 225 aufgeführten Erbtitel nachgewiesen. Ist der Erblasser ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung oder eines Erbvertrages verstorben, wird die Erbeigenschaft in gesetzlicher Erbfolge durch ein notarielles Verfahren (acta de notoriedad) nachgewiesen. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass gerade kein Testament vorliegt, auf welches – soweit vorhanden – normalerweise zurückgegriffen wird. Eine gemischte, gesetzliche und testamentarische Erbfolge ist aber möglich. Wegen des Erbteils, der gesetzlicher Erbfolge unterliegt, ist das spanische Erbscheinsverfahren zulässig.
2. Notarielles Verfahren
Rz. 217
Grundsätzlich gilt das notarielle Verfahren (acta de notoriedad; Art. 55 und 56 LON). Ist der Notar als Nachlassbehörde nach den Zuständigkeitsvorschriften der EuErbVO international zuständig, so bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach Maßgabe der in Rdn 207 aufgeführten Kriterien, d.h., grundsätzlich das Notariat, das sich am letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers bzw. an dessen letzten Wohnort befindet. Die weiteren potentiellen Anknüpfungspunkte für die Bestimmung der Zuständigkeit für die Erteilung des notariellen Erbscheins erscheinen jedenfalls bei grenzüberschreitendem Bezug im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH (Rechtssache Oberle) zweifelhaft.
Rz. 218
Der Antrag kann durch jede Person gestellt werden, die nach dem Urteil des Notars ein berechtigtes Interesse besitzt (Art. 55 Abs. 2 LON). Ein jeder der potentiellen gesetzlichen Erben ist somit befugt, bei dem vorbezeichneten Notar zu erscheinen und unter Darlegung der konkreten Umstände und Vorlage der entsprechenden Urkunden die acta de notoriedad zu beantragen.
Rz. 219
Bei darzulegenden und nachzuweisenden Umständen handelt es sich gem. Art. 56 Abs. 1 LON um folgende:
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Reisepass oder Personalausweis des Antragstellers; |
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Identität und letzter gewöhnlicher Aufenthalt des Erblassers sowie dessen Personalausweis; |
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Internationale Sterbeurkunde; |
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Negativbescheinigung des Spanischen Zentralen Nachlassregisters (Madrid); |
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Personenstandsurkunden, aus denen sich das Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser ergibt; |
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Mindestens zwei Zeugen müssen mit einem der Miterben die Richtigkeit dessen bekunden, was der Mit- oder Alleinerbe in der notariellen Urkunde in Bezug auf die Voraussetzungen für das Eingreifen der gesetzlichen Erbfolge erklärt. |
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Zwar findet mit Rücksicht auf Art. 21 EuErbVO bei letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien auch bei einem ausländischen Erblasser spanisches Recht Anwendung, möglicherweise wird aber auch ein Auszug aus dem deutschen Testamentsregister verlangt. |
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Sollte der Erblasser deutsches Erbrecht gewählt haben (aber keine Erbeinsetzung vorgenommen, sondern nur ein Vermächtnis errichtet haben), empfiehlt es sich, zugleich auch eine Rechtsbescheinigung eines deutschen Rechtsanwalts, versehen mit notarieller Unterschriftsbeglaubigung und der Apostille, vorzulegen, aus der ersichtlich ist, wie sich die gesetzliche Erbfolge nach deutschem Recht bei Nichtvorliegen eines Testaments mit Erbeinsetzung gestaltet. |
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Liegt ein Testament vor, darf der Notar das Erbscheinsverfahren nur durchführen, wenn nach Urteil des Notars unzweifelhaft die gesetzliche Erbfolge eingetreten ist (Art. 56 Abs. 1 a.E.). |
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Der Antragsteller muss die Gewissheit der positiven und negativen Tatsachen versichern und insoweit Zeugenbeweis anbieten. Der Notar hat zudem mindestens zwei Zeugenaussagen aufzunehmen, die Tatsachen bestätigen (Art. 56 Abs. 2 LON). Bei den Zeugen kann es sich um Verwandte des Erblassers handeln, die allerdings kein direktes Interesse am Nachlass haben dürfen. |
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Der Notar gewährt den Beteiligten Gehör, erhebt die Beweise, die er für erforderlich erachtet (bspw. solche in Bezug auf Identität, Wohnort, Staatsangehörigkeit, bürgerlich-rechtliche Gebietszugehörigkeit und, soweit dies der Fall ist, zum ausländischen Recht). Ist der Notar nach Abschluss des Verfahrens von der Erbenstellung überzeugt, erklärt er die in der Urkunde anzugebenden Personen zu gesetzlichen Erben des Erblassers. |
Rz. 220
Erbzeugnisse spanischen Rechts genießen zwar nicht denselben öffentlichen Glauben wie der Erbschein deutschen Rechts. Sie sind nur förmliche Eintragungsvehikel, denn die Grundlage des Erwerbs ist nicht der notarielle Erbschein, sondern das Gesetz. Die spanische notarielle "Erbscheinsurkunde" gilt als Erbtitel (título de la sucesión hereditaria) i.S.d. Art. 14 LH zu Zwecken der Eigentumsumschreibung von Liegenschaften oder auch als Bescheinigung für Banken, bei denen der Erblasser Konten oder Depots besaß.