Alexander Steinmetz, Rocío García Alcázar
1. Allgemeines
Rz. 184
Die besondere Bedeutung der Foralrechte liegt auf dem Gebiet des Familien- und insbesondere des Erbrechts. Handelt es sich bei dem Erblasser um eine Person mit Gebietszugehörigkeit (vecindad civil) zu einem der Foralrechtsgebiete, so ist vorrangig dessen besonderes Erbrecht anzuwenden. Diese Sonderrechte sind zum Teil umfassende Kompilationen, die in ihren erbrechtlichen Regelungen teilweise von denen des gemeinspanischen Código Civil abweichen, aber durchaus auch manche übereinstimmenden Aspekte aufweisen. Die Regelungen des Código Civil sind grundsätzlich als derecho supletorio ergänzend heranzuziehen (Art. 13 Nr. 2 CC) – ausgenommen in Katalonien. Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich daher bewusst auf die Hervorhebung der markantesten Besonderheiten der Foralrechte.
Rz. 185
Zur Anwendung einer Foralrechtsordnung kann es nur für solche Spanier kommen, die die besondere Gebietszugehörigkeit des Foralrechtsgebiets besitzen (vecindad civil foral). Für Ausländer, die einen ausländischen Staatsangehörigen in einem spanischen Foralrechtsgebiet heiraten und dort Aufenthalt nehmen, richtet sich der eheliche Güterstand zwar ggf. gem. Art. 35 EuGüVO nach dem jeweiligen Foralrecht. Dies gilt jedoch nicht für das Erbrecht. Denn Ausländer erwerben nie die Gebietszugehörigkeit des Foralrechtsgebiets; sie waren deshalb vor Geltung der EuErbVO gewissermaßen immun gegen die foralrechtlichen Erbrechte. Seit Geltung der EuErbVO kommt allerdings die Anwendung des Erbrechts einer spanischen Teilrechtsordnung auch nach Erblassern mit ausländischer Staatsangehörigkeit (und somit auch ohne vecindad civil) nach Maßgabe der Erläuterungen in Rdn 83 ff. in Betracht.
2. Aragonien
Rz. 186
Das besondere Erbrecht ist geregelt in dem am 23.4.2011 in Kraft getretenen Código del Derecho Foral de Aragón. Die Erbfolge fällt an aufgrund Testaments, Erbvertrages (pacto sucesorio) oder gesetzlicher Bestimmung (Art. 317 Gesetz 1/2011).
Rz. 187
Neben dem einseitigen ist auch das gemeinschaftliche Testament (testamento mancomunado) zulässig (Art. 417 Gesetz 1/2011), wenn zumindest einer der Testierenden Aragonese ist und es nach dem Recht des anderen (Personalstatut) nicht verboten ist (Art. 417 Gesetz 1/2011). Beide Testamentsarten können eigenhändig (ológrafo), offen vor dem Notar oder in geschlossener Form vor dem Notar errichtet werden (Art. 409 ff. Gesetz 1/2011). Testierfähig ist man – mit Ausnahme beim eigenhändigen Testament – bereits mit 14 Jahren (Art. 408.1 Gesetz 1/2011). Mittels Erbvertrages können alle letztwilligen Bestimmungen zugunsten eines der Vertragsschließenden oder zugunsten eines Dritten getroffen werden (Art. 381.1 Gesetz 1/2011).
Rz. 188
Die Höhe des Pflichtteils der Abkömmlinge umfasst die Hälfte des Nachlasses, wobei der Erblasser frei ist in der Aufteilung zu gleichen oder ungleichen Teilen zwischen seinen Abkömmlingen – es handelt sich damit um einen kollektiven Noterbteil (Art. 486 Gesetz 1/2011); Ermittlung und Berechnung des Pflichtteils regelt Art. 487a, 489 Gesetz 1/2011. Ehevertragliche Bestimmungen haben keine Wirkung, wenn bei Versterben eines der Ehepartner die Ungültigkeit der Ehe, die Trennung oder Scheidung erklärt worden ist oder das Verfahren auf Antrag eines der Ehegatten eingeleitet wurde (Art. 404 Gesetz 1/2011), es sei denn, aus dem Vertrag ergibt sich das Gegenteil.
3. Balearen
Rz. 189
Die foralrechtliche Regelung über die Rechtsnachfolge von Todes wegen – wie auch über den ehelichen Güterstand – ist abgehandelt im Gesetzesdekret 79/1990 vom 6.9.1990 und im Gesetz 8/2022, dessen Gegenstand die umfassende gesetzliche Regelung der balearischen Erbverträge ist. In dessen Libro I finden sich die für die Insel Mallorca, im Libro II die auf der Insel Menorca und im Libro III die auf den Inseln Ibiza und Formentera anwendbaren Vorschriften. Zu den Einzelheiten wird auf den Länderbericht "Spanien: Balearen" verwiesen.
4. Baskenland
Rz. 190
Die Regelung über die Rechtsnachfolge von Todes wegen findet sich im Gesetz ...